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107, Nr. 5, 1.3.2017, (476)
„Ich blicke auf insgesamt 16 positive Jahre
bei der Bundeswehr zurück. Es war für mich
gar keine Frage, danach als Reservist aktiv
zu werden.“ Zahnarzt Dr. Holger Diehm, 46
Jahre alt, hat sich vor zehn Jahren im baden-
württembergischen Titisee-Neustadt in ei-
gener Praxis niedergelassen – seit vierein-
halb Jahren steht er zusätzlich wieder im
Dienst der Bundeswehr: als Reservist in der
Zivil-Militärischen Zusammenarbeit.
Wenn es in Deutschland zu Katastrophen
kommt, die die Kapazitäten von Polizei,
THW, Feuerwehr und Rettungsdienst über-
steigen, kann die Bundeswehr die zivilen
Behörden bei der Schadensbewältigung
unterstützen. Im Rahmen dieser „Zivil-Mili-
tärischen Zusammenarbeit“ – kurz ZMZ –
stützt sich die Bundeswehr auf ein Netzwerk
aus Reservisten – wie Zahnarzt Dr. Holger
Diehm. „Bislang konnte ich noch keine
eigenen Einsatzerfahrungen als Reservist
sammeln“, erläutert Diehm, „wie man aber
immer wieder sieht, gibt es doch häufig
Ereignisse, die eine Unterstützung der Bun-
deswehr nötig machen.“
Wie die Hochwasserkatastrophe in Magde-
burg-Rothensee 2013: Das Wasser der Elbe
stieg in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt
bis auf 7,48 Meter – etwa 70 Zentimeter
höher noch als 2002. Damals verursachte
die Flut nur geringe Schäden. 2013 jedoch
mussten ganze Stadtteile evakuiert werden
– ohne Einsatz der Reservisten wäre dies
nicht möglich gewesen.
„Der Zahnarzt ist der
perfekte Reservist“
Knapp 600 Kilometer von Titisee-Neustadt
entfernt ist Generalarzt Dr. Andreas Hölscher
in Weißenfels, Sachsen-Anhalt, gerade in
einer Besprechung. Hölscher ist stellvertre-
tender Kommandeur Kommando Sanitäts-
dienstliche Einsatzunterstützung und Inspi-
zient für Reservistenangelegenheiten und
Beauftragter für ZMZ im Zentralen Sanitäts-
dienst der Bundeswehr. Er koordiniert die
Einsätze der Reservedienstleistenden.
Zu seinen Leuten zählen Spitzensportler,
Personalmanager, Studenten, Journalisten
sowie vor allem Ärzte und Zahnärzte.
„Wahrscheinlich, weil es gerade bei Zahn-
ärzten und Reservisten eine große Schnitt-
menge gibt“, vermutet Hölscher und listet
auf, warum Zahnärzte besonders qualifiziert
sind. Erstens: Der Zahnarzt ist unmittelbar
kurativ am Patienten tätig und dabei ge-
zwungen, situationsbezogen flexibel zu
agieren. Zweitens: Prothetische Versorgun-
gen beispielsweise werden vom Zahnarzt im
Sinne einer langfristigen Nachhaltigkeit ge-
plant. Drittens: Ein Zahnarzt führt als Arbeit-
geber und Unternehmer seine Mitarbeiter.
Durch strategische Planung muss er den
wirtschaftlichen Erfolg seines Unternehmens
sicherstellen. Viertens: Der Umgang mit
Mitarbeitern und Patienten erfordert die
Fähigkeit, konstruktiv und zielgerichtet zu
kommunizieren. All diese Punkte sind nach
Hölscher wertvoll, wenn es darum geht, die
Behörden im Katastrophenfall zu beraten
und zwischen Bundeswehr und den zivilen
Akteuren zu vermitteln. „Der Zahnarzt ist
hier nicht in seiner ureigenen Funktion als
Behandler gefragt – wohl aber als Organisa-
tor, Berater und Vermittler.“
Genau diese Funktionen erfüllt Zahnarzt Dr.
Holger Diehm aus Baden-Württemberg. Er
wurde im Juli 2012 als Beauftragter Sanitäts-
stabsoffizier der Zivil-Militärischen Zusammen-
arbeit im Gesundheitswesen beordert. Das
heißt, im Fall einer Katastrophe soll er die
Möglichkeiten, wie die Bundeswehr gemäß
Artikel 35 Grundgesetz subsidiär tätig werden
könnte, darstellen können. Er formuliert die
Anforderungen und leitet sie an die entspre-
Zahnärzte bei der Bundeswehr
Die Stars der Reserve
Flüchtlingshilfe, Entlastung im alltäglichen Dienst oder schnelle Hilfe bei Natur-
katastrophen – zur Sicherheitsvorsorge kann die Bundeswehr (in bestimmten
Fällen) die zivilen Kräfte unterstützen. Die Bundeswehr selbst baut dabei auf ein
Netzwerk aus Reservisten. Gerade Zahnärzte gelten als gefragte Spezialisten
und unverzichtbare Partner.
Reservisten der Bundeswehr unterstützen die zivilen Behörden nach der Hochwasserkatastrophe
in Magdeburg-Rothensee 2013.
Foto: Bundeswehr
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