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zm

107, Nr. 5, 1.3.2017, (485)

Was war passiert?

Der Patient erschien in der Praxis mit

einer ulzerierenden, sehr schmerzhaften

und auf Berührung blutenden Veränderung

am rechten Zungenrand, die nach seinen

Angaben schon seit mindestens zwei

Wochen bestand. Der Befund war für

den Zahnarzt stark malignitätsverdächtig,

deshalb wurde von der Praxis direkt ein

Termin in der folgenden Woche bei einem

Kieferchirurgen vereinbart. Da die nächste

kieferchirurgische Praxis weit entfernt ist,

zögerte der Patient, diesen Weg auf sich

zu nehmen. Es wurde jedoch sofort eine

Bürstenbiopsie durchgeführt und es erfolgte

eine Desinfektion mit Betaisodona und die

Anweisung zur Spülung mit Bloxaphte

®

zur

Schmerzlinderung.

Wenige Tage später stellte sich der Patient

wieder vor und gab eine deutliche Besse-

rung und wesentlich weniger Schmerzen

an, er könne jetzt auch wieder essen und

bat, den Termin in der Kieferchirurgie

abzusagen. Im Hinblick auf den zu erwar-

tenden Befund der Bürstenbiopsie wurde

dem entsprochen. Zehn Tage später erhielt

die Zahnarztpraxis das Ergebnis der Patho-

logie: „Negativ für epitheliale Atypien.

Massiv bakterielle Besiedlung, Entzündung,

Blut“.

Dieser Befund wurde dem Patienten telefo-

nisch übermittelt. Er wurde informiert, dass

diese Veränderung in den nächsten zwei

Wochen abklingen sollte, und ein Kontroll-

termin vereinbart. Am Vortag des Kontroll-

termins rief die Ehefrau des Patienten an,

sagte den Termin ab und erklärte, dass sie

mit ihrem Mann in der Notaufnahme des

Krankenhauses gewesen und dort „Zungen-

krebs“ diagnostiziert worden sei.

Was war das Ergebnis?

Es lag ein exulzeriertes Plattenepithel-

karzinom vor, ohne Lymphknotenbefund.

Die Terminabsage in der kieferchirurgischen

Praxis führte zu einer Verzögerung von zwei

Wochen.

Gründe für das Ereignis?

Die Fehleranalyse des Berichterstatters er-

brachte drei wesentliche Ursachen:

1. Obwohl seit Jahren routinemäßig bei

jeder Untersuchung die Zunge untersucht

wird, gab es keine Prozess- beziehungsweise

Ablaufbeschreibung für den Umgang mit

einem verdächtigen Befund (zum Beispiel

Überweisung an Hausarzt/HNO/Kieferchi-

rurgie, Zeitplan, etc.), außer einer Bürsten-

biopsie.

2. Psychologisch bestand eine große Hürde,

dem aufgrund der Entfernung zur kiefer-

chirurgischen Praxis (und eventuell aus

anderen Gründen) zögerlichen Patienten

den Ernst des Befunds und die Bedeutung

einer weiteren Abklärung deutlich zu

machen. Dabei fragt man sich, ob es

gegenüber dem Patienten vertretbar ist,

einen Verdacht zu äußern, wenn man sich

selbst nicht sicher ist.

3. Die Bürstenbiopsie hat ein falsches Er-

gebnis geliefert.

Der besondere Fall aus CIRS dent – Jeder Zahn zählt!

Kein Zögern bei Verdacht auf

ein Mundhöhlenkarzinom

Die Heilungsaussichten von Mundhöhlenkarzinomen sinken signifikant, je später

der Tumor erkannt und behandelt wird. Deshalb kommen der frühzeitigen

Diagnose und der Überweisung zum Spezialisten große Bedeutung zu. Jeder

Zeitverzug in Verdachtsfällen sollte vermieden werden. Im nachfolgenden Fall

erscheint ein Patient mit einer ulzerierenden, auf Berührung blutenden

Veränderung am rechten Zungenrand in der Praxis. Der Befund erscheint stark

malignitätsverdächtig, eine chirurgische Biopsie verzögert sich, die zwischen-

zeitlich durchgeführte Bürstenbiopsie liefert ein negatives Ergebnis. Darauf war

jedoch kein Verlass, wie der Bericht aus CIRS dent zeigt.

Alle Fotos: A. M. Schmidt-Westhausen

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