zm
107, Nr. 5, 1.3.2017, (518)
Die MIH ist als Erkrankung der ersten
Molaren und der Schneidezähne definiert,
wobei mindestens ein erster Molar betroffen
sein muss, die Einbeziehung von Schneide-
zähnen hingegen optional ist [1]. Die
entwicklungsbedingten Zahnhartsubstanz-
defekte gehen auf Störungen während der
Zahnentwicklung zurück, verbunden mit
einer ungenügenden Rückresorption von
Wasser und Proteinen während früher
Phasen der Schmelzbildung. Es resultiert
ein mindermineralisierter Schmelz, der
zu einer unzureichenden mechanischen
Belastbarkeit des Schmelzes bis hin zu
Schmelzabsprengungen führen kann. Die
MIH imponiert daher oft als Hypoplasie,
ist aber eine Hypomineralisation (Tabelle 1).
Da die MIH epidemiologisch gut an
kariesfreien Zähnen erkennbar ist, wenn
noch keine Restaurationen vorliegen,
wurde dieses Krankheitsbild in der DMS V
exklusiv bei den 12-jährigen Kindern
erhoben.
Gemäß den Empfehlungen der europäischen
Akademie für Kinderzahnheilkunde (EAPD)
wird nach fünf Entscheidungskriterien
unterschieden [1]:
\
begrenzte Opazität,
\
posteruptiver Schmelzeinbruch,
\
atypische Restauration,
\
Extraktion wegen MIH und
\
Zahn nicht durchgebrochen.
Atypische Restaurationen müssen vermutet
werden, wenn deren Größe und Form nicht
dem aktuellen Bild der Zahnkaries ent-
sprechen. Als verdächtig für eine Extraktion
aufgrund von MIH gelten gleichzeitige
Opazitäten oder atypische Restaurationen
an anderen ersten Molaren oder Schneide-
zähnen.
In der Literatur wird aus unterschiedlichen
Ländern ein sehr breites Prävalenzspektrum
beschrieben: Während für Kinder aus Hong-
kong eine Prävalenz von drei Prozent er-
hoben wurde [2], erreichte diese in Brasilien
bis zu 40 Prozent [3]. Für Deutschland lagen
bisher epidemiologische Kennzahlen aus
dem öffentlichen Gesundheitsdienst aus
vier deutschen Städten vor. Bei Unter-
suchungen von Grundschülern von der
zweiten bis zur vierten Klasse [4] wurde eine
mittelwertige Prävalenz von zehn Prozent
ermittelt, allerdings mit erheblichen regio-
nalen Schwankungen, die von vier Prozent
(Greifswald) bis hin zu 15 Prozent (Düssel-
dorf) reichten.
In der DMS V lag die Prävalenz der MIH bei
12-Jährigen bei 28,7 Prozent, also insge-
samt deutlich höher als in der vorgenannten
Studie. Weder beim regionalen Ost-West-
noch beim Geschlechtervergleich stellte
sich ein systematischer Unterschied dar.
Insgesamt übertreffen die MIH-Prävalenzen
DMS V im Fokus
MIH: Hohe Prävalenz gleich
hohe klinische Relevanz?
A. Rainer Jordan
In der DMS V wurden bei den 12-jährigen Kindern neben Karies auch Molaren-
Inzisiven-Hypomineralisationen (MIH) als entwicklungsbedingte Zahnhartsub-
stanzdefekte registriert. Damit liegen für Deutschland erstmals bevölkerungs-
repräsentative Zahlen zur MIH vor.
Abbildung 1: MIH-Grad 1 (umschriebene Opazitäten) an den beiden
zentralen oberen Schneidezähnen
Alle Fotos: S. Feierabend - zm-Archiv
Abbildung 2: MIH-Grad 2 (posteruptive Schmelzeinbrüche) an einem
oberen ersten Molaren
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Zahnmedizin