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107, Nr. 5, 1.3.2017, (522)
wichtsreduktion und eine Steigerung der
körperlichen Aktivität – sowie eine medi-
kamentöse Therapie kardiometabolischer
Risikofaktoren das Sterblichkeitsrisiko min-
dern, liegt es nahe, diese Maßnahmen auch
bei der NAFLD und bei der NASH zu propa-
gieren. Große randomisierte Studien fehlen
jedoch zu dieser Therapieempfehlung bis-
lang. Kein Zweifel besteht aber daran,
dass sich durch Lebensstiländerungen der
Entwicklung einer NAFLD vorbeugen lässt.
Empfehlenswert sind hierzu die Reduktion
von Übergewicht, eine ausgewogene, vor-
wiegend mediterrane Ernährung sowie
regelmäßige körperliche Aktivität.
Liegt bereits eine NAFLD vor, so besteht das
Therapieziel vor allem darin, der Progression
zu NASH, einer Fibrose, einer Zirrhose und
einem HCC entgegenzuwirken. Indiziert sind
eine gewichtsreduzierende Ernährungs-
umstellung sowie eine Bewegungstherapie
am besten als Ausdauer- und Kraftsport.
Patienten mit kompensierter NASH-Zirrhose
sollten am besten zu einem Sportprogramm
unter Anleitung motiviert werden. Bei Pa-
tienten mit dekompensierter NASH-Zirrhose
sollte durch physiotherapeutische Maßnah-
men einem Muskelabbau entgegengewirkt
werden, so heißt es in den Leitlinien.
Eine gezielte medikamentöse Therapie der
NAFLD gibt es bislang nicht. Zwar wurden
verschiedenste Wirkstoffe in Studien erprobt,
eindeutige Therapieerfolge waren bislang
jedoch nicht zu verzeichnen. Wichtig aber ist
eine strikte Behandlung der Komorbiditäten,
etwa einer Hypertonie, einer Hyperlipidä-
mie, einer Adipositas und vor allem eines
Typ-2-Diabetes. Außerdem sollte die Moti-
vation zur Alkoholkarenz selbstverständlich
sein. Dagegen kann laut Leitlinie der Kon-
sum von Kaffee aufgrund hepato- und kar-
dioprotektiver Effekte empfohlen werden.
Leberfibrose und -zirrhose
Mit Progression der NAFLD und der NASH
kann es zu Umbauvorgängen in der Leber
kommen, bei denen zunehmend Leber-
gewebe durch Bindegewebe und damit quasi
durch Narbengewebe ersetzt wird. Die
Schwere der Störung ist anhand des Fibrose-
grads abzuschätzen, wobei die Umbaupro-
Die nicht alkoholische
Steatohepatitis (NASH), die bei schät-
zungsweise 30 Prozent der westlichen
Bevölkerung auftritt, ist mit Übergewicht,
einem metabolischen Syndrom und Dia-
betes mellitus Typ 2 assoziiert. Bei Män-
nern konnte allerdings auch unabhängig
vom Alkoholkonsum der Probanden ein
Zusammenhang zwischen tiefen paro-
dontalen Taschen und elevierten Leber-
enzymen sowie einemmetabolischen Syn-
drom nachgewiesen werden. Bei einer
Parodontitis liegt definitionsgemäß eine
lokale Inflammation vor, die mit syste-
mischen Entzündungsreaktionen ver-
knüpft ist. Dementsprechend sind die
systemischen Inflammationsmarker bei
Patienten mit Parodontitis höher als bei
gesunden Probanden. Es scheint möglich,
dass die Parodontitis mit Erkrankungen der
Leber und dem metabolischen Syndrom
über einen gemeinsamen pathophysio-
logischen Weg verknüpft ist.
Nach der „Zwei-Hit-Hypothese“ der
NASH-Pathogenese besteht der erste
„Hit“ in einer Akkumulation von Fett in
der Leber. Der zweite „Hit“ beinhaltet
oxidativen Stress, der durch Faktoren ver-
ursacht wird, die reaktive Sauerstoffspezies
entstehen lassen. Letztendlich kommt es
zu einer Entzündung und Fibrosierung des
verfetteten Gewebes.
Porphyromonas gingivalis, ein gramnega-
tives anaerobes Stäbchenbakterium gilt
als ein wichtiger Faktor für die Entstehung
einer chronischen Parodontitis. Das Bak-
terium ist dafür bekannt, dass es in den
Blutkreislauf eintritt und systemisch im
Körper verteilt wird. Vermutet wird, dass es
somit einen Risikofaktor für systemische
Erkrankungen von Herz und Kreislauf,
Diabetes mellitus, eine Frühgeburt und
rheumatoide Arthritis darstellt. Inzwischen
werden Porphyromonas gingivalis und
seine Abbauprodukte auch als ein kri-
tischer Risikofaktor für die pathologische
Progression einer NASH angesehen, da
es bei der Steatosis hepatis die Inflamma-
tionsreaktion und die fibrogene Antwort
darauf induziert. Bei Mäusen, die mit Por-
phyromonas gingivalis infiziert wurden,
kam es zu einer höheren NASH-Rate als in
der unbehandelten Kontrollgruppe. Bei
Patienten mit NASH wurde in mehr als der
Hälfte der Fälle Porphyromonas gingivalis
in Leberbiopsien nachgewiesen und Pa-
tienten mit einer solchen Infektion zeigten
eine höhere Ausprägung der Fibrose als
ohne diese Keime.
In einem Fallbericht wurde analog hierzu
der Todesfall einer 54-jähigen Frau mit
einer schweren chronischen Parodontitis,
einer NASH-induzierten Leberzirrhose und
einer darauf folgenden Sepsis beschrieben,
wobei Porphyromonas gingivalis aus den
Hepatozyten isoliert werden konnte.
Zusammenfassung
Das Vorliegen einer Parodontitis wurde
bereits positiv mit Artherosklerose, kardio-
vaskulären Erkrankungen und Schlag-
anfällen assoziiert. Weiterhin könnte die
Induktion und/oder Verstärkung der syste-
mischen Entzündungsreaktion sowie die
systemische Aussaat der oralen Pathogene
auch mit Erkrankungen der Leber zusam-
menhängen. Zur Vermeidung der Pro-
gression einer Steatosis hepatis und einer
NASH scheint daher die Parodontal-
behandlung eine wichtige Rolle zu spielen.
Univ.-Prof. Dr. Dr. Monika Daubländer
Leitende Oberärztin der Poliklinik für
Zahnärztliche Chirurgie
Universitätsmedizin der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz
Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie
Augustusplatz 2
55131 Mainz
daublaen@uni-mainz.dePD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer
Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und
Plastische Gesichtschirurgie der Universität
Rostock
Schillingallee 35
18057 Rostock
Aus Sicht der Zahnmedizin
Zusammenhang zwischen Parodontopathien
und Pathologien der Leber
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