zm
107, Nr. 5, 1.3.2017, (450)
Foto: BZÄK-Axentis.de
”
Auch in digitalen Welt
muss der Zahnarzt Herr
der Therapie und der Patient
wichtigster Maßstab bleiben.
Ende März wird Köln wieder zur Drehscheibe
der dentalen Welt: Auf der Internationalen
Dental-Schau (IDS) präsentieren Hersteller
aus 60 Ländern die Zahnmedizin von mor-
gen. Das heißt, hier sehen Sie in geballter
Form, was der Markt an Neuheiten zu
bieten hat*.
Die Reise in die Domstadt lohnt sich aber
nicht nur, um einen Blick in das weltweit
größte Produkt-Schaufenster zu werfen. Zu
einem Erlebnis wird der Besuch vor allem,
weil sich auf der Messe Kollegen aus aller
Welt treffen – zum Austausch und zum
Netzwerken. Auch wir, die Bundeszahnärz-
tekammer, suchen in diesem weltoffenen
Umfeld das Gespräch und laden Sie an
unserem Stand in Halle 11.2, Gang O/P,
50/59, herzlich dazu ein!
Das große Thema 2017: natürlich die
Digitalisierung. Ob Vernetzung, Assistenz-
systeme ärztlicher Leistungen, personalisierte
Versorgungsangebote oder Bildverarbei-
tungsverfahren – der technologische
Fortschritt ist digital. Klar bringt uns dieser
technische Sprung im beruflichen Alltag
prinzipiell weiter nach vorne – gerade in
Diagnostik und Therapie, aber auch, wenn
es darum geht, wie wir uns betriebswirt-
schaftlich besser aufstellen.
Trotzdem sehe ich zwei Gefahren. Erstes
Stichwort: die Datensicherheit. In diesem
Zusammenhang dürfen wir auf keinen Fall
zulassen, dass das Arzt-Patienten-Verhältnis
erodiert wird. Wie in der analogen Welt
brauchen wir Standards im Umgang mit
digitalen Gesundheitsdaten. Und diesen
Prozess müssen wir aktiv mitgestalten –
ausdrücklich auch, um die ärztliche
Schweigepflicht zu schützen. Der Zahnarzt
muss Herr der Therapie und der Patient
wichtigster Maßstab bleiben.
Zweitens: Verlockende Angebote, die neue
Technologien in den Himmel loben, gibt es
genug. Daher sollte jede Zahnärztin und
jeder Zahnarzt genau prüfen, ob bei den ins
Auge gefassten Geräten die versprochene
und die tatsächliche Leistung übereinstim-
men. Die Gefahr hoher Investitionen bei
geringen Vorteilen ist immens hoch! Gerade
die jungen Kolleginnen und Kollegen, die
eine Praxis übernehmen beziehungsweise
neugründen wollen und dafür mehrere
100.000 Euro aufbringen müssen, brauchen
eine hochwertige, langlebige und vor allem
sinnvolle Praxisausstattung. Man muss
nicht jedem Trend hinterherlaufen. Wichtig
ist, dass die Technik zum Behandlungs-
konzept passt.
Ohne Frage sind die digitalen Entwicklungen
für die Hersteller und Händler ein wesentlicher
Treiber für Marktveränderungen und für
das Bestehen im Wettbewerb. Insofern wird
auf der IDS noch ein weiteres Thema für
Gesprächsstoff sorgen: die kommende
Neufassung der europäischen Medizin-
produkteverordnung**. Schließlich sollen
mit dem Entwurf, der voraussichtlich im
Frühsommer 2017 verabschiedet wird, die
Anforderungen für die Herstellung von
Medizinprodukten drastisch verschärft
werden. Für den Zahnarzt in der Praxis hat
das erstmal keine direkten Folgen, für die
Dentalbranche jedoch schon: Ganz ent-
scheidend wird für die Industrie sein, wie
risikoreich Nanomaterialien – die ja in fast
allen Dentalmaterialien vom Abformmaterial
bis zur Zahnfüllung vorkommen – künftig
eingestuft werden. Je nachdem werden
die zusätzlich geforderten Nachweis- und
Dokumentationspflichten und der damit
verbundene Bürokratieaufwand die Firmen
belasten, besonders die kleinen. Mit all
diesen Verschärfungen will die EU die
Sicherheit von Medizinprodukten erhöhen,
keine Frage. Fest steht aber, dass es sich
hierbei bereits um sehr sichere Produkte
handelt, die täglich zum Wohl der Patienten
beitragen. Am Ende führen die Maßnahmen
nicht dazu, dass ohnehin sichere Produkte
noch sicherer werden, sondern in erster
Linie teurer. Für uns Zahnärzt gilt daher:
Bei aller digitalen Euphorie sollten wir die
Augen vor möglichen negativen Auswüchsen
wie Datenmissbrauch, Bürokratiewahnsinn,
steigender Informationsflut und hohen
Kosten nicht verschließen.
Doch wenn die Digitalisierung zu einer
besseren Versorgung, einer transparenteren
Kommunikation und einem effizienteren
Datenmanagement führt, sind wir dabei.
Wir sehen uns auf der IDS!
Unsere Zukunft wird digitaler
Dr. Peter Engel
Präsident der Bundeszahnärztekammer
* Die Titelgeschichte zur IDS finden Sie auf S. 24.
** Den Artikel über die Medizinprodukteverordnung auf S. 14.
8
Leitartikel