zm
107, Nr. 6, 16.3.2017, (612)
Welche Arten von Daten soll der
Patient mit der Smartphone-App er-
heben – und wie verlässlich sind diese
Informationen für den Zahnarzt?
Die App soll patientenzentrierte Parameter
(Patient Reported Outcome Measures,
PROMs) erheben, die im Zusammenhang
mit chronisch-systemischen und zahnmedi-
zinischen Erkrankungen relevant sind. Zum
Beispiel könnten derartige Informationen
dem Allgemeinarzt Hinweise auf das mög-
liche Vorliegen einer Zahnfleischerkrankung
liefern und so zu einer entsprechenden
Zusammenarbeit mit einem Zahnarzt moti-
vieren. Durch die App sollen Informationen
über die Lebensqualität des Patienten sowie
dessen Präferenzen abgebildet werden. Das
ist neu: Unseres Wissens gibt es bislang
noch kein derartiges PROMs-Instrument
mit dem Fokus auf Allgemein- und Mund-
gesundheit.
Unklar ist beispielsweise bisher noch, inwie-
weit solche subjektiven Informationen für
Allgemeinmediziner relevant sein könnten,
damit sie frühzeitig die Notwendigkeit für
eine Überweisung in eine Zahnarztpraxis er-
kennen können. Deshalb wollen wir mit
dem Projekt Dent@Prevent untersuchen,
inwieweit durch eine App überhaupt ver-
lässliche Informationen über den Patienten
erhoben werden können.
Sie planen, ein sogenanntes elektro-
nisches Decision Support System (DSS)
für die Zahnarztpraxis zu implemen-
tieren – können Sie uns das erklären?
Ja, natürlich. Wir planen die nutzergestützte
Entwicklung eines elektronischen Ent-
scheidungsunterstützungssystems (DSS) als
Pilotversion sowie erste Simulationstests
durch Patienten und (Zahn-)Ärzte. Es geht
uns dabei nicht um die Entwicklung eines
fertigen Medizinprodukts zur unmittelbaren
Anwendung in der Zahnarztpraxis. Viel-
mehr wollen wir einen Prototypen für ein
Entscheidungsunterstützungssystem so ent-
wickeln, dass es den Anforderungen im
Praxisalltag auch wirklich gerecht werden
kann. Sämtliche Entwicklungsschritte er-
folgen daher in enger Zusammenarbeit mit
den Endanwendern, also Patienten, Ärzten
und Zahnärzten.
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Wie hilft all das dem Zahnarzt, der
Patienten mit Zahn- und Allgemein-
erkrankungen im Praxisalltag versorgen
will? Können Sie Beispiele nennen?
Ziel des DSS ist zum einen, dem Hausarzt
eines Patienten, der an einer chronisch-
systemischen Erkrankung leidet, Hinweise
auf mögliche Zusammenhänge mit oralen
Erkrankungen zu geben. Zum anderen soll
das DSS dem Zahnarzt unterstützende
Informationen über chronisch-systemische
Erkrankungen liefern, die für die Behandlung
eines Patienten relevant sind. Die Identifika-
tion und Präzisierung praxisrelevanter An-
wendungsbereiche ist elementarer Bestand-
teil des Projekts und erfolgt in enger Zusam-
menarbeit mit Zahnärzten, Allgemeinärzten,
Fachgesellschaften und Patienten.
Dazu gehören etwa das rechtzeitige Ein-
leiten (zahn-)medizinischer Überweisungen,
Reminder bezüglich Kontrolluntersuchungen
und Hinweise auf der Grundlage (zahn-)
medizinischer Richtlinien sowie mögliche
Kontraindikationen im Rahmen von Eingriffen
bei Patienten mit chronisch-systemischen
und zahnmedizinischen Erkrankungen.
Wie sieht die wissenschaftliche
Begleitung des Projekts aus, mit wem
kooperieren Sie und wie hoch ist die
Fördersumme?
Die Durchführung des Projekts erfolgt in Zu-
sammenarbeit zwischen dem Universitäts-
klinikum Heidelberg (Poliklinik für Zahn-
erhaltungskunde; Institut für Medizinische
Biometrie und Informatik), der Universität
zu Köln (PMV Forschungsgruppe; Institut
für Medizinische Statistik, Informatik und
Epidemiologie), der Otto-von-Guericke
Universität Magdeburg (Institut für Sozial-
medizin und Gesundheitsökonomie), der
InGef – Institut für angewandte Gesund-
heitsforschung Berlin GmbH, der Akademie
für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe,
der Leitliniengruppe Hessen und dem BKK
Arztnetz Rhein-Main. Die für das Projekt be-
willigte Fördersumme aus dem Innovations-
fonds beträgt circa 850.000 Euro.
Wie lassen sich diese Erkenntnisse in
den Versorgungsalltag integrieren?
Die Integration von Dent@Prevent in den
Versorgungsalltag wird insbesondere unter-
stützt durch
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eine enge Zusammenarbeit mit den rele-
vanten Endanwender-Gruppen (Zahnärzte,
Ärzte, Patienten) bei der Entwicklung der
mobilen App und des Entscheidungsunter-
stützungssystems,
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eine frühzeitige Information relevanter
Stakeholder und Einladungen zu den Kon-
sortiumstreffen (unter anderem Patienten-
organisationen, Vertreter aus DKG, KBV/
KZBV, BÄK/BZÄK, GKV-Spitzenverband, wis-
senschaftliche Fachgesellschaften, Praxis-
software-Hersteller) und
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die Bereitstellung von im Projekt ent-
wickelten Softwarekomponenten als Open-
Source-Lösungen.
Können Sie etwas zur Kosten-Nutzen-
Relation des Projekts sagen?
Dent@Prevent zielt auf eine verbesserte
Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit
mit der Vermeidung von Unter-, Über- und
Fehlversorgung ab. Im Mittelpunkt steht
die Entwicklung eines neuen Modells, das
die intersektorale Versorgung unter Verwen-
dung moderner Informationstechnologien
fördert. Dent@Prevent will ein exempla-
risches Konzept etablieren, das auch auf
andere Versorgungsbereiche übertragbar
sein soll – beispielsweise hinsichtlich der Ver-
netzung von ambulanter und stationärer
Versorgung. Die Investition in dieses Projekt
scheint auch aus Sicht des G-BA-Innova-
tionsfonds lohnenswert zu sein.
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Bisher erhalten zwei zahnmedizinische
Projekte Gelder aus dem Innovations-
fonds. Zusage für eine Förderung be-
kam neben Dent@prevent als erstes das
Greifswalder Konzept „Unterstützende
Intensivprophylaxe für Kinder mit zahn-
ärztlicher Sanierung unter Narkose“ von
Prof. Christian Splieth. Wie sinnvoll die
ergänzende zahnärztliche Prophylaxe
für Kinder ist, die eine zahnärztliche
Narkosesanierung erhalten, erläutert
er in der zm 4 im Interview.
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Das Projekt aus Greifswald
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NNOVATIONSFONDS
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Zahnmedizin