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107, Nr. 12, 16.6.2017, (1434)
Bundesgesundheitsminister
Ulrich Montgomery auf der E
Was mittlerweile auch im Gesundheitswesen
gang und gäbe ist, wurde thematisiert
und kritisch beleuchtet. Und um es vorweg-
zunehmen: Die Diskussion hat sich gelohnt.
Ein bundeseinheitliches Gütesiegel für
Gesundheits-Apps und die Etablierung einer
Digitalisierungsstrategie – mitgestalten, statt
abwarten. „Digitalisierung im Gesundheits-
wesen – Ärzteschaft gestaltet mit“, lautete
denn auch lapidar der mit überwältigender
Mehrheit vom Ärztetag angenommene
Generalbeschluss zur Digitalisierung. Ärzte-
kammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery
konstatierte einen erheblichen Stimmungs-
umschwung im Vergleich zu früheren Ärzte-
tagen: Viele ehemalige Ablehner stünden
jetzt an der Spitze der Bewegung.
Bereits seit mehreren Jahren beobachten
Ärzte und Zahnärzte – im Krankenhaus wie
ambulant – einen mündigeren Patienten.
Heute lautet die Frage nicht mehr „Was
habe ich?“, sondern „Im Internet habe ich
dazu aber noch das und das gelesen“. Der
unwissende Patient wandelt sich zum
„Nutzer“ oder „Kunden“, wie es Prof. Dr.
Christiane Woopen von der Forschungs-
stelle Ethik an der Uniklinik Köln und ehe-
malige Vorsitzende des Deutschen Ethik-
rates in ihrem viel beachteten Vortrag vor
dem Ärztetag treffend formuliert hatte.
Krankschreibungen – nur
im Ausdruck! Unglaublich!
Diese Selbstbestimmung des Patienten wird
gefördert. Für Ärzte und Zahnärzte heißt
das: Ihre Entscheidungen müssen nachvoll-
ziehbar sein. Doch nicht nur das. Patienten
fordern zunehmend die eigenen Gesund-
heitsdaten ein. Da hakt es in Deutschland.
Die elektronische Gesundheitskarte steckt
aus verschiedensten Gründen immer noch
in den Kinderschuhen. Und die Industrie
kommt nicht nach in der Entwicklung kom-
Kommentar zum Deutschen Ärztetag
Das wurde auch Zeit!
Video-Sprechstunden, Terminvereinbarungen über das Internet, der Umgang mit
Gesundheits-Apps – der 120. Deutsche Ärztetag hat sich das Thema Digitalisierung
im Gesundheitswesen auf die Fahne geschrieben. Es wurde auch Zeit.
patibler Systeme. Erschreckend. Woopen
fürchtet um den Datenschutz und fordert
eine „autorisierte Institution“ zur Prüfung.
Gute Idee – doch wer soll es machen: der
Staat, die Selbstverwaltung der Leistungs-
erbringer, die Krankenkassen? Eine unabhän-
gige Institution wohl eher.
Digitalisierung ist eine Chance – und zwar eine
große. Sie verbessert die partnerschaftliche
Arzt-Patienten-Beziehung. Vorausgesetzt Ärzte
und Zahnärzte lassen sich darauf ein. Denn
informierte Patienten sind – nun leider oder
sehr gut – unbequem. Laut Gesundheits-
monitor 2016 stimmten 45 Prozent der be-
fragten Ärzte der Aussage zu, die Selbst-
information der Patienten erzeuge vielfach
unangemessene Erwartungen und Ansprüche,
die die Arbeit der Mediziner belasten. Das
mögen die Pessimisten so sehen, vor allem
jedoch werden Ärzte und Zahnärzte gefor-
dert. Gut so, das treibt die Innovationen
voran und setzt auch die Krankenkassen
unter Druck. Und hier gibt es Nachhol-
bedarf. Ist es nicht unglaublich, dass Krank-
schreibungen immer noch umständlich aus-
gedruckt werden müssen, damit der Patient
sie nach wie vor per Post an seine Kasse
schickt? Und wer versteht noch, warum
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