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106, Nr. 24 A, 16.12.2016, (1472)
B
Mit schnellen Schritten geht es dem Jahres-
ende zu. Allerorten ist nichts von Beschau-
lichkeit zu verspüren. Es liegt weniger am
zurzeit noch fehlenden Schnee, dass die
klassischen Trigger vorweihnachtlicher
Stimmung nicht so recht wirken wollen.
Sondern eher daran, dass angesichts der
vielen offenen Fragen und ungelösten
Aufgaben dieses Jahr durchaus mehr Tage
bräuchte. Man könnte es auch Zeitenwende
nennen. Diese ist auch im Gesundheitswe-
sen allerorten wahrnehmbar. Und gerade
die Heilberufler bekommen die finanziellen
Verwerfungen und technischen, genauer
digitalen, Systembrüche der vergangenen
Jahre jetzt massiv zu spüren.
Apropos Heilberufler – in dem zusammen-
gesetzten Wort stecken gemäß Duden die
Verbalableitungen „gesund“, „heil ma-
chen“ und „erretten“. Lassen wir bei letzte-
rem (Heiland) einmal den weihnachtlichen
Aspekt weg, landen wir bei Worten wie
Heilanstalt, Heilquelle und Heilberufler. Was
aber ist der Wesenskern von „heil machen“?
Ohne pathetisch sein zu wollen: Es ist das
Vertrauen der Patienten in ihre Zahnärztin,
ihren Arzt oder eben auch Apotheker.
Dieses Vertrauen ist ein kostbares Gut, wel-
ches in seiner Unmittelbarkeit die Heilberuf-
ler fundamental von allen anderen „Anbie-
tern“ im Gesundheitswesen unterscheidet.
Wie „man“ es nach meiner Wahrnehmung
systematisch zerstören kann, erfährt gerade
exemplarisch die Zahnmedizin. Wie? Mit
der Knute des Kommerzes. Mittels ver-
meintlicher Transparenz in einem Markt
namens Zahnersatz bringt man die HKPs
zum Abschmelzen. Genau an dieser Stelle
wird exemplarisch das zeitgeistige Dilemma
der Heilberufe deutlich – nämlich Heiler und
zugleich Unternehmer sein zu sollen. Die
Alternative des „Oder“ ist seit den Zeiten
von Ulla Schmidt vorbei.
Macht man aber den Heilberufler zu einem
Kaufmann – ein Weg, den im Übrigen jeder
Apotheker, der eine Apotheke eröffnet, von
Gesetzes wegen beschreiten muss – dann
wird es mit dem Vertrauen schwierig. Unter
den Berufsgruppen mit dem höchsten Ver-
trauenswert in Deutschland (GfK 3/2016)
stehen längst nicht mehr die Heilkundigen
ganz oben, sondern die Feuerwehrleute.
Danach folgen Sanitäter, Krankenschwes-
tern und -pfleger, Apotheker und erst dann
Ärzte, die sich mit 89 Prozent Zustimmung
mit Lok-, Bus-, U-Bahn- und Straßenbahn-
führern auf einem Level befinden.
Zwei Vertrauen-zerstörende Aspekte möch-
te ich herausheben, wohl wissend, dass die-
se nur einen Teil der Problematik abbilden.
Einerseits die teils unsäglichen Versuche der
Krankenkassen – egal, ob privat oder ge-
setzlich – die „Einkaufs“preise zu drücken.
Den Vogel schoss jetzt die AOK Baden-
Württemberg ab (Dank an unsere Leser, die
uns dies umgehend gemeldet haben), die
eine Anzeige veröffentlichte, in der sie ihr (!)
Auktionsportal bewirbt und Preisersparnisse
von bis zu einem Drittel für Zahnersatz aus-
lobt. Wem als Patient das als Anreiz noch
nicht reicht, bekommt oben drauf noch ei-
ne PZR für nur 44 Euro. Ich frage mich wirk-
lich, welcher Zahnarzt ohne Quersubventi-
on solche Preise feilbieten, keine Abstriche
an der Leistung und der Qualität derselben
machen und gleichzeitig noch ein Drittel
Kostenersparnis auf den HKP bieten kann.
Aber dass das am sogenannten Markt mög-
lich ist, zeigen ja die vielfältigen Online-
basierten Auktions- und Wie-auch-immer-
Angebote, die wie Pilze aus dem Boden
schießen. Wer zu diesen Preisen auskömm-
lich wirtschaften will, braucht semi-indus-
trielle Verhältnisse. Wie auch immer die
aussehen werden …
Der andere Aspekt findet sich in dem ersten
Satz des Angebots der AOK BW: „Wer einen
Handwerker braucht, vergleicht meist ver-
schiedene Kostenschätzungen, bevor er den
Auftrag vergibt. Das geht auch beim Zahn-
arzt.“ So wenige Worte braucht es, um die
Geringschätzung wie auch die grundsätzli-
che Austauschbarkeit zahnmedizinischer
Leistung auszudrücken. Wie war das mit
Freiberuflichkeit? Wenn deutsche Zahnme-
dizin Premium ist – und das ist sie – muss
eines klar sein: Qualität und Preis sind nicht
verhandelbar.
Für all diese Probleme gilt:
Auf ein Neues im nächsten Jahr!
Frohe Weihnachten!
Foto: zm-Axentis.de
Die Geister, die Ulla S. rief
Dr. Uwe Axel Richter
Chefredakteur
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Editorial