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106, Nr. 24 A, 16.12.2016, (1477)
B
In dem – gegenüber dem Referentenentwurf
– inzwischen modifizierten Regierungsent-
wurf sind wesentliche ursprünglich vorgese-
hene Belastungen der Selbstverwaltung
nicht mehr vorgesehen: Verbindliche Inhalts-
bestimmungen durch die Aufsichtsbehörde,
die Aufhebbarkeit von genehmigten und
rechtmäßigen Satzungsbestimmungen, die
ausgeweiteten Bestellvoraussetzungen für
den „Staatskommissar“ oder die Zweidrittel-
mehrheit für die Wahl des Vorstandsvorsit-
zenden konnten allesamt abgewendet
werden. Dennoch enthält der Entwurf laut
KZBV immer noch zahlreiche Regelungen,
welche die Funktionsfähigkeit der Selbstver-
waltung erheblich belasten. In einem Brief
an Gröhe hat der KZBV-Vorstand nun die
zentralen Kritikpunkte vorgebracht. Neben
der Möglichkeit, einen Entsandten für be-
sondere Angelegenheiten einzusetzen, sind
das vor allem zwei Regelungen, die sich
einschränkend auf das Tagesgeschäft der
Organisation auswirken würden – und die
aus rein präventiven Zwecken Verschärfun-
gen vorsehen, um eventuell eintretenden
Missständen von vorneherein entgegenzu-
wirken. Missstände, die jedoch bei der KZBV
bisher gar nicht aufgetreten sind. Konkret
geht es um die Pflicht zur namentlichen Ab-
stimmung in der VV bei haftungsrechtlicher
Bedeutung des Abstimmungsverhaltens
und um haushaltsrechtliche Vorgaben.
Auch der aktuelle Entwurf sieht vor, dass
künftig in der VV zwingend namentlich ab-
zustimmen ist, wenn die Abstimmung haf-
tungsrechtliche Bedeutung hat. Das Abstim-
mungsverhalten jedes einzelnen VV-Mit-
glieds soll so zurückverfolgt werden können,
um es dann gegebenenfalls haftungsrecht-
lich zur Verantwortung zu ziehen. Nach Auf-
fassung der KZBV führt dies zu einem Defen-
sivverhalten bei Abstimmungen – die Gefahr
einer Lähmung der VV-Tätigkeit sei groß.
Zweitens sind umfangreiche Vorgaben für
den KZBV-Haushalt vorgesehen, die eine
unzulässige Vermögensbildung verhindern
sollen. Insbesondere die Spielräume für den
Ausgleich von Einnahmen- und Ausgaben-
schwankungen sollen verengt werden. Aus
Sicht der KZBV besteht dafür keinerlei Not-
wendigkeit.
Der Vorstand der KZBV plädiert deshalb
dafür, vor allem auf diese beiden Haupt-
punkte ersatzlos zu verzichten.
pr/zm
GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz
Die Belastung der Körperschaften bleibt
In einem Brief an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat der Vorstand
der KZBV seine Kritik am Regierungsentwurf zum GKV-Selbstverwaltungs-
stärkungsgesetz (GKV-SVSG) auf den Punkt gebracht: Abgelehnt werden die
Pflicht zur namentlichen Abstimmung in der Vertreterversammlung bei haftungs-
rechtlicher Bedeutung und haushaltsrechtliche Vorgaben.
Kathrin Vogler, Gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Die
Linke im Bundestags-Gesundheitsausschuss
:
„Die Selbstverwaltung hat den gesetzlichen Auftrag, im Sinne des
Sozialstaats Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erfül-
len, die der Staat an sie delegiert hat. Nicht jede Detailregelung im
Gesundheitswesen kann von der Legislative oder der Exekutive
ohne die in der Selbstverwaltung vorhandene Expertise entschie-
den werden.
Angesichts zunehmender Kommerzialisierung und Wettbewerbs-
orientierung im Gesundheitswesen brauchen wir eine Rückbesin-
nung auf das Allgemeinwohl. Doch selbst Körperschaften des
öffentlichen Rechts wie die gesetzlichen Krankenkassen oder die
Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen agieren zunehmend markt-
förmig und an eigenen wirtschaftlichen Eigeninteressen orientiert.
Dubiose Geschäftspraktiken bei der KBV-Spitze, untätige Aufsichts-
behörden, ein als versichertenfeindlich und krankenkassennah er-
lebter MDK, illegales Upcoding bei Krankenkassen, Leistungs-
beschränkungen und -verweigerungen erzeugen Unmut in der
Bevölkerung. Die Verbesserung der Transparenz und Kontrolle in
der Selbstverwaltung ist ein sinnvolles Anliegen, fraglich ist aber,
ob das GKV-SVSG das erreicht. Ohne eine grundsätzliche Abkehr
von der Ökonomisierung und Wettbewerbsorientierung im Ge-
sundheitswesen und ohne stärkere Patientenorientierung in den
Strukturen bleibt das Gesetz ein bürokratisches Stückwerk, das
seinem Namen nicht gerecht wird. Und viele Fragen zum Verhält-
nis von Gesellschaft, Staat und Selbstverwaltung wie zur demokra-
tischen Legitimation von Entscheidungen bleiben unbeantwor-
tet.“
Hilde Mattheis, Gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Frakti-
on im Bundestags-Gesundheitsausschuss:
„Der Ursprung dieses Gesetzes sind die Verfehlungen und Korrup-
tionsvorwürfe in einer Körperschaft der Selbstverwaltung. Als SPD-
Fraktion fordern wir hier lückenlose Aufklärung durch die zuständi-
ge Aufsichtsbehörde, das Bundesgesundheitsministerium. Diese
kann mit den bisherigen Instrumenten auch erfolgen. Die Antwort
des Ministeriums, das Selbstverwaltungsstärkungsgesetz, war ein
Schlag gegen die gesamte Selbstverwaltung und hätte die Bezie-
hung zwischen Ministerium und Selbstverwaltung grundlegend
geändert. Der Schritt von einer Rechts- zur Fachaufsicht hätte die
Körperschaften im Gesundheitswesen in ihren Aufgaben zu stark
beschnitten. Gerade in Hinblick auf die anstehenden Sozialwahlen
war dies nicht tragbar. Daher war die Kritik berechtigt. Der Gesetz-
entwurf ist besser als der Referentenentwurf, aber nicht optimal.
Als Gesetzgeber werden wir selbstverständlich unserer Aufgabe
nachgehen und gemeinsam mit dem Koalitionspartner weitere
Verbesserungen anstreben.“
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