zm
107, Nr. 1, 1.1.2017, (15)
69,3 Prozent in häuslicher Pflege – Zahlen,
die sehr gut mit den Ergebnissen des Statis-
tischen Bundesamtes [3] korrelieren. Diese
Übereinstimmung und die Tatsache, dass
auch diese Studienteilnehmer konsequent
über eine Zufallsstichprobe der Einwohner-
meldeämter rekrutiert wurden, sind ein
starker Anhaltspunkt für valide Daten zur
oralen Gesundheit in dieser Studie, auch der
Menschen, die in stationärer Pflege leben.
Um die Behandlungsfähigkeit einschätzen
zu können, wurde bei allen älteren Senioren
die zahnmedizinische funktionelle Kapazität
(ZFK) durch die Studienzahnärzte ermittelt
[4], die sich als praktikable zahnärztliche
Einschätzung älterer Menschen zugunsten
einer optimierten Therapieplanung darge-
stellt hat. Aus den Dimensionen Therapie-
fähigkeit, Mundhygienefähigkeit und Eigen-
verantwortlichkeit ergeben sich vier Belast-
barkeitsstufen, die einen Hinweis darauf ge-
ben, wie komplex zahnärztliche Behandlun-
gen geplant werden können. Während bei
den älteren Senioren insgesamt noch knapp
jeder Zweite (47,6 Prozent) zahnmedizinisch
voll belastbar war, wurden lediglich 17,5
Prozent der Menschen mit Pflegebedarf so
eingeschätzt. Nicht belastbar waren bei den
älteren Senioren 4 Prozent, bei Menschen
mit Pflegebedarf hingegen 17,9 Prozent.
Auf der einen Seite bedeutet dies, dass die
Therapiekonzepte bei Pflegebedürftigen
beispielsweise hinsichtlich des Umfangs the-
rapeutischer Maßnahmen oder auch der
Länge der Behandlungstermine angepasst
werden müssen. Auf der anderen Seite aber
auch, dass immerhin noch ein Drittel (33,2
Prozent) der Menschen mit Pflegebedarf
grundsätzlich voll oder nur mit leichten
Einschränkungen zahnmedizinisch belastbar
und damit uneingeschränkt behandelbar ist.
Da die zahnmedizinische funktionelle Kapa-
zität mit zunehmender Pflegestufe allerdings
deutlich abnimmt, spricht vieles dafür, aus
zahnärztlicher Sicht bereits zu Beginn eines
Pflegebedarfs eine oralmedizinische Sanie-
rung vorzunehmen und keine abwartende
Haltung einzunehmen. Hinzu kommt ein
ansteigender Assistenzbedarf bei der täg-
lichen Mundhygiene: Bei Pflegestufe 0 be-
nötigen über 90 Prozent (92,4 Prozent) der
Pflegebedürftigen keine Hilfe bei der täg-
lichen Mundhygiene, bei Pflegestufe III sind
fast alle Studienteilnehmer (96,7 Prozent)
darauf angewiesen.
Was diese Zahlen aber auch belegen, ist, wie
groß das zahnmedizinische Präventions-
potenzial bei pflegebedürftigen Menschen
grundsätzlich noch ist. Wenn man davon
ausgeht, dass die zuvor in dieser Serie be-
reits beschriebene Morbiditätskompression,
die auf die älteren Senioren ja nun besonders
zutrifft, grundsätzlich zu einem Großteil ein
Ergebnis erfolgreicher Primär- und auch
Sekundärprävention ist, wäre nämlich zu
erwarten, dass verstärkte präventionsorien-
tierte zahnärztliche Betreuungskonzepte auch
bei Pflegebedürftigen noch zu einer erheb-
lichen Verbesserung der Mundgesundheit
beitragen können (Abbildung 1).
Aktuell muss man dagegen feststellen, dass
die Mundgesundheit von Menschen mit
Pflegebedarf im Vergleich zur altersgleichen
Gruppe der älteren Senioren in fast allen
Alle Fotos: zm-mg
Mundgesundheit von älteren Senioren mit Pflegebedarf
Mundgesundheit ältere Senioren mit Pflegebedarf
Mundgesundheit ältere Senioren
0
20
40
60
80
100
Kariessanierungsgrund
83,0 %
69,2 %
Zahnfleischbluten
46,5 %
64,3 %
völlige Zahnlosigkeit
32,8 %
53,7 %
Kontrollorientierte Inanspruch-
nahme zahnärztlicher Dienst
Hilfe bei der
Mundhygiene erforderlich
68,2 %
38,8 %
29,8 %
6,7 %
Grafik 1:
Ältere Senioren mit Pflegebedarf (75- bis 100-Jährige) weisen eine schlechtere Mundgesundheit
auf und benötigen mehr Hilfe bei der Mundhygiene.
Quelle: IDZ
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