zm
107, Nr. 1, 1.1.2017, (16)
Bereichen in Deutschland kompromittiert ist
[5]. Als zentrale Mundgesundheitsmarker
werden derzeit auf dem internationalen oral-
epidemiologischen Fachgebiet vor allem
drei zentrale Parameter diskutiert: Zahn-
losigkeit, Zahnverlust und Karieserfahrung.
Anhand dieser Größen soll der Mundge-
sundheitszustand von Menschen mit Pflege-
bedarf im Vergleich zur gesamten Alters-
gruppe der älteren Senioren betrachtet
werden: Gut jede zweite pflegebedürftige
Person (53,7 Prozent) war vollständig zahn-
los. Bei den älteren Senioren war das nur
jede dritte (32,8 Prozent). Interessanterweise
gab es hinsichtlich des prothetischen Versor-
gungszustands keinen Unterschied: Jeweils
91 Prozent der fehlenden Zähne waren pro-
thetisch ersetzt und in beiden Gruppen war
die totale Prothese die vorherrschende Leit-
versorgung mit Zahnersatz. Beim Zahn-
verlust allerdings scheinen pflegebedürftige
Menschen gesundheitlich ebenso benach-
teiligt wie bei der Zahnlosigkeit, da ihnen
mittelwertig 4,6 mehr Zähne fehlen als
älteren Senioren insgesamt (22,4 fehlende
Zähne Pflegebedürftige versus 17,8 fehlende
Zähne ältere Senioren). Die höhere Anzahl
fehlender Zähne bei Pflegebedürftigen
(M-Komponente des DMFT-Index) spiegelt
sich auch im Ausmaß der Karieserfahrung
wider: Der DMFT, also die Gesamtheit der
durch Karies oder Kariesfolgen (Füllungen
oder andere Restaurationen, Zahnverluste)
betroffenen Zähne eines Gebisses, beträgt
bei Menschen mit Pflegebedarf 24,5 Zähne.
Das bedeutet, dass 24,5 von 28 Zähnen
(87,5 Prozent) eine Karieserfahrung auf-
weisen beziehungsweise bereits verloren-
gegangen sind. Bei den älteren Senioren mit
21,6 DMFT-Zähnen haben fast drei Zähne
weniger eine Karieserfahrung. Den DMFT [6]
kann man zwar mit Fug und Recht für die
gesamte epidemiologische Zahnmedizin als
den Prototypen eines epidemiologischen
Index bezeichnen, doch auch er ist nicht frei
von Kritik. Ein berechtigter Einwand ist, dass
dieser Index im Laufe des Lebens immer nur
ansteigen kann und somit versorgungs-
epidemiologische Aspekte vernachlässigt. So
weisen sowohl eine zahnlose als auch eine an
allen Zähnen an Karies erkrankte Person
jeweils denselben DMFT-Score von 28 auf.
Dasselbe gilt auch für eine Person, die nach
einer zahnärztlichen Sanierung an allen
Zähnen suffiziente Restaurationen aufweist.
Die Funktionalität des stomatognathen Sys-
tems ist aber sicher bei allen drei Personen
völlig unterschiedlich einzuschätzen. Neben
dem DMFT wurde deshalb von dem kürzlich
verstorbenen, großen Aubrey Sheiham der
sogenannte Funktionstüchtige-Zähne-Index
FST eingeführt [7].
Der FST addiert die restaurierten (F(illed)-
Komponente) und die gesunden (S(ound)-
Komponente) Zähne (T(eeth)), also die funk-
tionstüchtigen Zähne, und stellt damit quasi
einen versorgungsepidemiologischen Kon-
trapunkt zum DMFT dar. Für die älteren
Senioren wurden in der DMS V noch mittel-
wertig 9,6 funktionstüchtige Zähne gemes-
sen. Das ist immerhin ein Drittel (32,4 Pro-
zent) eines vollständigen Zahnbestandes bei
den 75- bis 100-Jährigen. Bei Menschen mit
Pflegebedarf liegen lediglich noch 4,9 funk-
tionstüchtige Zähne vor – das sind noch
17,5 Prozent. Neben diesen konsentierten,
zentralen Mundgesundheitsmarkern ergeben
sich aus den Untersuchungen der DMS V
weitere wichtige Erkenntnisse, um bei der
zahnmedizinischen Gesundheitsversorgung
von pflegebedürftigen Menschen in der
Zukunft vergleichbare Entwicklungen vor-
weisen zu können, wie dies bei einem Groß-
teil der Bevölkerung in der DMS V gezeigt
werden konnte.
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Priv.-Doz. Dr. med. dent. A. Rainer Jordan,
MSc., Wissenschaftlicher Direktor
Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ)
Universitätsstr. 73
50931 Köln
Die Literaturliste kann auf
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werden.
Zentrale Mundgesundheitsmarker bei älteren Senioren und
bei Menschen mit Pflegebedarf (75- bis 100-Jährige) in der DMS V
Zahnlosigkeit (Prozent)*
fehlende Zähne (MW)*
DMFT (MW)*
*ohne Weisheitszähne
Quelle: IDZ
Gesamt
n = 1.133
32,8
17,8
21,6
mit Pflegestufe
n = 256
53,7
22,4
24,5
16
Senioren mit Pflegebedarf