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107, Nr. 1, 1.1.2017, (13)
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
(KZBV) hat ihr Ziel erreicht: Der Gemeinsame
Bundesausschuss (G-BA) hat die erste zahn-
ärztliche Heilmittel-Richtlinie verabschiedet.
Als verordnungsfähige Heilmittel in der
vertragszahnärztlichen Versorgung gelten
einzelne Maßnahmen der Physiotherapie
und der physikalischen Therapie sowie ein-
zelne Maßnahmen der Sprech- und Sprach-
therapie.
Heilmittelverordnungen können im zahn-
ärztlichen Bereich dann notwendig sein,
wenn es im Mund-, Kiefer- oder Gesichtsbe-
reich zu Heilungs- oder Funktionsstörungen
kommt. Solche Einsatzgebiete sind zum Bei-
spiel Lymphdrainagen zur Ableitung gestau-
ter Gewebeflüssigkeit, Physiotherapie bei
Bewegungsstörungen, manuelle Therapie
bei Gelenkblockaden und Sprech- oder
Sprachtherapie bei Lautbildungsstörungen
nach operativen zahnmedizinischen Eingrif-
fen. Falls dies erforderlich ist, können mit
zahnärztlich verordneten Heilmitteln nicht
nur der Mund- und Kieferbereich selbst,
sondern auch die anatomisch direkt angren-
zenden oder funktionell unmittelbar mit der
Kau- und Kiefermuskulatur in Zusammen-
hang stehenden Strukturen (Craniomandi-
buläres System) mitbehandelt werden.
„Der Beschluss bringt insbesondere für
Zahnärzte und Patienten, aber auch für
Krankenkassen und Heilmittelerbringer
deutlich mehr Rechtssicherheit mit sich“,
sagt Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzen-
der der KZBV. Sein Stellvertreter Dr. Günther
E. Buchholz ergänzt: „Darüber hinaus er-
leichtern konkrete Zuordnungen von Indi-
katoren zu einzelnen Hilfsmitteln Entschei-
dungen der Behandler, welche Heilmittel in
welchem Umfang verordnungsfähig sind.“
Mehr Rechtssicherheit für
Zahnärzte und Patienten
Die neue Richtlinie gliedert sich in zwei
Teile: Der allgemeine Teil regelt die grund-
legenden Voraussetzungen zur Verordnung
von Heilmitteln durch Vertragszahnärzte. Der
zweite Teil umfasst den Heilmittelkatalog
Zahnärzte. Er ordnet einzelnen medizinischen
Indikationen das jeweilige verordnungsfähige
Heilmittel zu, beschreibt das Ziel der jewei-
ligen Therapie und legt die Verordnungs-
mengen im Regelfall fest.
Als grundlegende Voraussetzungen zur Ver-
ordnung von Heilmitteln legt die Richtlinie
folgende Punkte fest: Zum einen setzt die
Abgabe von Heilmitteln zulasten der Kran-
kenkassen eine Verordnung durch einen
Vertragszahnarzt voraus. Der Therapeut ist
dann an die Verordnung gebunden. Zum
anderen können Heilmittel nur verordnet
werden, wenn sie notwendig sind, um
\
eine Krankheit zu heilen, ihre Ver-
schlimmerung zu verhüten oder Krankheits-
beschwerden zu lindern,
\
eine Schwächung der Gesundheit, die in
absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer
Krankheit führen würde, zu beseitigen,
\
einer Gefährdung der gesundheitlichen
Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken,
oder
\
Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zu
mindern.
Die Indikation für die Verordnung von
Heilmitteln ergibt sich dabei nicht aus der
Diagnose allein, sondern nur dann, wenn
unter Gesamtbetrachtung der strukturellen/
funktionellen Schädigungen, der Beeinträch-
tigung der Aktivitäten (Fähigkeitsstörungen)
und unter Berücksichtigung der individuel-
len Kontextfaktoren in Bezug auf Person
und Umwelt eine Heilmittelanwendung
notwendig ist. Die neue Richtlinie muss jetzt
noch durch das Bundesgesundheitsministe-
rium geprüft werden – zum 1. Juli 2017 soll
sie dann voraussichtlich in Kraft treten. nh
Zahnärztliche Heilmittel-Richtlinie
Künftig darf der Zahnarzt verordnen
Verhandlungsziel erreicht: Vertragszahnärzte dürfen Heilmittel im Rahmen der gesetz-
lichen Krankenversicherung künftig selbst verordnen – wie zum Beispiel logopädische
oder physiotherapeutische Behandlungen für Patienten mit Störungen des zentralen
Nervensystems und Auswirkungen auf den Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich.
Der G-BA hat die Aufgabe, eine ausrei-
chende, zweckmäßige und wirtschaft-
liche Versorgung der Versicherten mit
Heilmitteln zu regeln und den Nutzen,
die medizinische Notwendigkeit und
die Wirtschaftlichkeit neuer Heilmittel
zu prüfen. Der Gesetzgeber gibt den
Rahmen dafür in den §§ 92 und 138
SGB V vor. In seiner Heilmittel-Richtli-
nie regelt der G-BA die Details für Heil-
mittelverordnungen durch Vertrags-
ärztinnen und -ärzte. Eine eigene
Richtlinie für Zahnärzte gab es bislang
nicht. Erst im April 2014 hatte der
G-BA beschlossen, dass vertragszahn-
ärztliche Spezifika für die Verordnung
von Heilmitteln in einer eigenen Richt-
linie mit einem eigenen Heilmittel-
Katalog für den vertragszahnärztlichen
Sektor verortet werden sollen.
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Hintergrund zur Richtlinie
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