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107, Nr. 1, 1.1.2017, (20)
ab 70 Punkten Pflegegrad 4 und ab 90
Punkten Pflegegrad 5. Beim Zusammen-
zählen der Punkte werden die einzelnen
Module dabei unterschiedlich gewichtet.
Bei Otto Krämer ist die Mobilität einge-
schränkt. Beim Treppensteigen wird er als
„überwiegend unselbstständig“ eingestuft,
beim Umsetzen als „überwiegend selbst-
ständig“. Die kognitiven und kommunikati-
ven Fähigkeiten sind bei ihm gut ausge-
prägt, hier ist er „selbstständig“, Gleiches
gilt für den Bereich „Verhaltensweisen und
psychische Problemlagen“. Bei der Selbst-
versorgung ist Herr Krämer beim Waschen
des Intimbereichs und beim Duschen und
Baden „überwiegend unselbstständig“ und
bei der Körperpflege im Bereich des Kopfes,
beim An- und Auskleiden des Oberkörpers,
beim An- und Auskleiden des Unterkörpers,
beim mundgerechten Zubereiten der Nah-
rung, beim Eingießen von Getränken und
beim Benutzen einer Toilette „überwiegend
selbstständig“. Beim selbstständigen Um-
gang mit krankheitsbedingten Anforderun-
gen muss seine Frau ihm einmal am Tag
bei der Medikation helfen. Und bei der Ge-
staltung des Alltagslebens benötigt er Hilfe
beim Aufstehen und beim Schlafengehen,
in diesen Bereichen ist er „überwiegend
selbstständig“. Addiert und gewichtet er-
hält Otto Krämer insgesamt 31,25 Punkte
und damit Pflegegrad 2 (siehe Grafik).
Otto Krämer hat 31,25
Punkte – Pflegegrad 2
Wer 2016 keine Leistungen aus der Pflege-
versicherung erhalten hat, kann nun in den
Pflegegrad 1 eingeordnet werden. Deshalb
rechnet der MDS damit, dass im Jahr 2017
200.000 Pflegebedürftige erstmals Geld aus
der Pflegeversicherung erhalten. Zudem gilt
der Bestandsschutz. Im Übergang von der
Pflegestufe 1 in den Pflegegrad 3 steigt das
Pflegegeld zum Beispiel von 316 Euro auf
545 Euro, die Pflegesachleistung von 689
Euro auf 1.298 Euro und die Leistungen im
Bereich der vollstationären Pflege von 1.064
Euro auf 1.262 Euro. Nur beim Übergang
von der Pflegestufe 1 in den Pflegegrad 2
und von der Pflegestufe 2 in den Pflegegrad
3 zahlt die Pflegeversicherung bei vollstatio-
när gepflegten Menschen weniger. Wegen
der Bestandsschutzregelung erhöht sich der
Eigenanteil für Angehörige jedoch auch in
diesen Fällen nicht. Grundsätzlich bleiben
die Eigenanteile für die Pflegegrade 2 bis 5
gleich hoch, auch bei steigender Pflege-
bedürftigkeit.
Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff
musste auch die Krankentransport-Richtlinie
angepasst werden. Generell übernehmen die
gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für
Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung
nur in Ausnahmefällen. Die KZBV hat sich im
vergangenen Jahr im G-BA mit Nachdruck
für eine eigene zahnmedizinische Richtlinie
starkgemacht – ohne Erfolg. Es blieb bei der
Entscheidung, die ärztliche Richtlinie auf
den zahnärztlichen Bereich auszudehnen.
Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs
der ärztlichen Krankentransport-Richtlinie
auf die Zahnärzte hatte der G-BA Mitte Feb-
ruar 2016 beschlossen. Seit dem 5. Mai ver-
gangenen Jahres ist die Richtlinie in Kraft
und bildet damit die verbindliche Rechts-
grundlage, auf der Zahnärzte Krankenbeför-
derungsleistungen verordnen können. Es
gelten dieselben Ausnahmetatbestände wie
in der ärztlichen Versorgung: Allein in den
Fällen, in denen Versicherte dauerhaft in
ihrer Mobilität eingeschränkt sind, können
Zahnärzte Krankenbeförderungsleistungen
verordnen, wenn die Fahrten im Zusam-
menhang mit einer zahnärztlichen Behand-
lungsbedürftigkeit stehen.
Einen Krankentransport
bekommt er damit nicht
Seit dem 1. Januar 2017 (bei Redaktions-
schluss lag die Änderung der Krankentrans-
port-Richtlinie dem Bundesgesundheits-
ministerium zur Prüfung vor) sollen jetzt
nur noch Patienten ab dem Pflegegrad 3
Krankenfahrten zur ambulanten Behand-
lung verordnet bekommen. Allerdings muss
zusätzlich eine dauerhafte Mobilitätsbeein-
trächtigung ärztlich festgestellt und be-
scheinigt werden. Der Pflegegrad 3 allein
reicht zur Begründung nicht aus. Für Ver-
sicherte, die bis zum 31. Dezember 2016
aufgrund der Einstufung in die Pflegestufe 2
einen Anspruch auf Fahrtkostenübernahme
hatten, gilt der Bestandsschutz. So lange
diese Patienten mindestens in den Pflege-
grad 3 eingestuft sind, bedarf es für sie
keiner gesonderten Feststellung einer dauer-
haften Mobilitätsbeeinträchtigung.
Die Verordnung ist für Zahnärzte unter Ver-
wendung des vertragsärztlichen Musters 4
„Verordnung einer Krankenbeförderung“
vorzunehmen. Außerdem erfolgt die Über-
nahme von Fahrtkosten nur nach vorheriger
Genehmigung der Krankenkasse. Bei Otto
Krämer ist die Mobilität eingeschränkt. Einen
Krankentransport bekommt er nicht.
nh
Bereits im Jahr 2009 hatte die damali-
ge Bundesgesundheitsministerin Ulla
Schmidt (SPD) einen Beirat eingesetzt,
der die Pflegereform vorbereiten sollte.
Der Beirat legte ein Gutachten für eine
Neugestaltung des Pflegebedürftig-
keitsbegriffs vor – doch erst das am 1.
Januar 2016 in Kraft getretene Zweite
Pflegestärkungsgesetz (PSG II) schaffte
die rechtlichen Grundlagen für die Vor-
bereitung des neuen Begutachtungs-
verfahrens und der Umstellung auf
Pflegegrade und neue Leistungsbeiträ-
ge. Dieses neue Begutachtungsverfah-
ren begann am 1. Januar dieses Jahres
– gemeinsam mit dem Dritten Pflege-
stärkungsgesetz (PSG III), das den Ab-
schluss der Pflegereform bildet. Ziel
des PSG III ist es, die Beratung in der
Pflege zu stärken und die Zusammen-
arbeit der Verantwortlichen in den
Kommunen auszubauen.
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Pflegereform:
2009 bis 2017
20
Senioren mit Pflegebedarf