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107, Nr. 2, 16.1.2017, (178)

Karies ist eine Erkrankung, die durch eine

ökologische Verschiebung der Zusammen-

setzung des dentalen Biofilms und nicht

durch eine „Infektion“ hervorgerufen wird

[Fejerskov et al., 2008]. Daher sollte Karies

auch nicht wie eine Infektionserkrankung

durch „Auslöschung“ des Infektionserregers

behandelt werden, sondern durch Kontrolle

der Karies verursachenden oder begünsti-

genden Faktoren. Die Kontrolle dieser Fak-

toren gelingt oftmals non-invasiv, beispiels-

weise durch Kontrolle der Biofilmausbildung

und -reifung, der Kohlenhydratzufuhr oder

durch Beeinflussung des Mineralgleichge-

wichts an der Zahnhartsubstanzoberfläche

(etwa durch Fluoridierungsmaßnahmen).

Restaurationen

Restaurationen werden heute vor allem dann

platziert, wenn die kariesverursachenden

Faktoren nicht mehr kontrollierbar sind. Dies

ist zumeist bei kavitierten Läsionen der Fall:

Restaurationen stellen die eingebrochene

Oberfläche und damit die Hygienefähigkeit

des Zahnes, seine Funktionsfähigkeit und

Ästhetik wieder her. Da jede Restauration eine

statistisch endlich Lebensdauer hat und oft-

mals eine Spirale von Nachbehandlungen in

Gang setzt („Restaurationsspirale“), sollten

restaurative Maßnahmen demnach zurück-

haltend indiziert werden [Qvist, 2008].

Empfehlung: Nicht kavitierte Läsionen können

non-invasiv (siehe oben) behandelt werden.

Für kavitierte Läsionen ist dies oftmals nicht

mehr möglich. Hier sind zumeist invasive

(restaurative) Behandlungen angezeigt.

Exkavation

Vor der Platzierung einer Restauration wird

üblicherweise kariöses Dentin entfernt (Ka-

riesexkavation), traditionell mit dem Ziel,

unterschnittige Kavitäten zu schaffen und

Bakterien vollständig zu entfernen. Moderne

adhäsive Materialien benötigen jedoch keine

Unterschnitte und die „vollständige“ Entfer-

nung von Bakterien fußt auf dem beschrie-

benen Verständnis von Karies als Infektions-

erkrankung: Bakterien, die unter einer dich-

ten Restauration verbleiben, werden von

der Kohlenhydratzufuhr aus der Nahrung

abgeschnitten und sterben zum ganz über-

wiegenden Teil ab [Paddick et al., 2005;

Going et al., 1978; Banerjee et al., 2002].

Heute ist der Hauptgrund für die Exkavation

kariösen Dentins vor der Platzierung einer

Restauration, das Restaurationsüberleben

sicherzustellen: Kariöses Dentin ist weicher als

gesundes Dentin. Große Flächen kariösen

Dentins könnten demnach die Restauration

nur ungenügend gegenüber Kaukräften

unterstützen und zu Restaurationsfrakturen

führen [Bertassoni et al., 2009; Kinney et al.,

1995]. Zudem haften heutige Adhäsive nur

Moderne Kariestherapie

Konsensusempfehlungen

zur Exkavation der Karies

Falk Schwendicke, Christian Splieth, Andreas Schulte

Dieser Beitrag fasst die Empfehlungen einer internationalen kariologischen

Konsensuskonferenz zusammen. Ziel ist es, dass diese für alle Vertragszahnärzte

einfach verfügbar sind. Im Fokus der Empfehlungen steht ein weniger invasives

Vorgehen bei der Exkavation tiefer Läsionen.

Abbildung: Selektive Exkavation

in einem vitalen Prämolaren bei

einem 41-jährigen Patienten:

Die Pulpa des Zahnes war sensibel

und zeigte keine Zeichen für eine

irreversible Pulpitis. Die kariöse

Läsion war radiologisch bis ins in-

nere Dentindrittel ausgedehnt (a),

klinisch war ein Dentinschatten zu

erkennen (b). Nach Eröffnung der

Läsion (c) und Darstellung der

Peripherie (d) wurde selektiv

exkaviert, bis peripher nur hartes

Dentin und zentral mäßig wei-

ches, stark verfärbtes Dentin (e, f)

verblieb. (g) Die Restauration des

Zahnes erfolgte mittels Komposit.

Foto: Schwendicke

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