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107, Nr. 3, 1.2.2017, (238)
An den seit mehr als einem Jahrzehnt
üblichen Gesprächen zwischen Zahnarzt
Robert M. und seiner Hausbank hat bisher
auch Basel III – die durch den Basler Aus-
schuss der Bank für Internationalen Zah-
lungsausgleich (BIZ) formulierten Auflagen
– als Synonym für die sich ändernden Eigen-
kapitalregeln der Kreditinstitute nichts ge-
ändert. Zwar wird M. zunehmend deutlich,
dass die damit verbundenen Zwänge der
Volksbank als Kreditgeber weitaus weniger
Freiräume als in den vergangenen Jahren
zulassen. Da aber beide Geschäftspartner
wissen, was sie aneinander haben, wurden
Meinungsunterschiede bisher nahezu ohne
Ausnahme jeweils schnell geklärt.
Das galt bis zum letzten Gespräch, das vor
einigen Wochen nicht nur mit dem für M.
zuständigen Kundenberater, sondern auch
mit dem für das Kreditgeschäft verant-
wortlichen Bereichsvorstand sowie einem
weiteren Bankmitarbeiter aus dem Kredit-
management stattfand. Der Grund vor
allem für die Präsenz des Vorstands war
schnell geklärt: Zum ersten Mal überhaupt
wurde nämlich die aus Sicht der Volksbank
„unbefriedigende Eigenkapitalsituation“
von M. ebenso thematisiert wie sein „Ent-
nahmeverhalten“.
M., der mit diesen Tagesordnungspunkten
nicht gerechnet hatte, war völlig überrascht
und konnte den Bankmitarbeitern nicht so
recht folgen. Diese führten aus, dass sich
durch die Wirtschaftskrise und eben auch
durch Basel III „ebenfalls die Kreditvergabe-
richtlinien unseres Hauses verändert haben“
und „wir ab sofort vor allem auf eine konti-
nuierlich steigende Eigenkapitalquote sowie
auf ein moderates Entnahmeverhalten ach-
ten müssen“.
„Ihr Entnahmeverhalten ist
ein Problem!“
Damit nicht genug: Bei einem unbefriedi-
genden Eigenkapitalaufbau müssten Frei-
berufler wie M. „im günstigsten Fall“ mit
höheren Kreditzinsen rechnen. Auf die
Frage von M., was „im ungünstigsten Fall“
passieren würde, erhielt er keine konkrete
Antwort. Erst auf sein hartnäckiges Nach-
fragen hin teilte ihm der Bankvorstand mit,
dass „durchaus auch Kreditkürzungen sowie
die Ablehnung von Neukrediten möglich
seien“. Dies würde eben auch und vor allem
damit zusammenhängen, wie sich im Ver-
lauf der Jahre die Entwicklung der Privat-
entnahmen und damit zusammenhängend
der Wille des Kunden nach einer „Verstär-
kung der Eigenmittel“ entwickelt hat res-
pektive entwickeln wird.
Im Ergebnis bestanden die Bankmitarbeiter
darauf, von M. „möglichst zeitnah“ einen
Vorschlag zu erhalten, um „diese Probleme
mittelfristig in den Griff zu bekommen“. M.,
der sich mit dieser einseitigen Forderung
nicht zufrieden gab, bestand nun seinerseits
darauf, die Bank mit ins Boot zu nehmen.
Immerhin, so argumentierte er, sei sie für
diese Situation schließlich mitverantwortlich,
da sie dieses Thema während der vergange-
nen Jahre nie problematisiert hatte.
Privatentnahmen und Eigenkapitalbildung
Wenn die alten Sicherheiten
nicht mehr reichen
Basel III macht Probleme: Die nach der Finanzkrise gestiegenen Auflagen für die
Banken, wonach diese ihre Liquidität stärken sollen, schlagen sich zunehmend
durch auf die Kreditvergabe. Im konkreten Fall wurde ein Zahnarzt damit
überrascht, dass er plötzlich seine Privatentnahmen besser kontrollieren und
mehr Eigenkapital aufbauen soll.
Was sich jahrelang bewährt hat, ist plötzlich nicht mehr gut genug. Vermehrt beharren die
Banken bei scheinbar routinemäßigen Gesprächen inzwischen darauf, die Rücklagen „für die
schlechten Zeiten“ zu erhöhen.
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Praxis