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zm

107, Nr. 4, 16.2.2017, (329)

Werden Teile der an sich vertragszahnärztli-

chen kieferorthopädischen Behandlung durch

privatzahnärztliche Leistungen ersetzt, wird

also zum Beispiel anstelle eines Headgears

ein Non-Compliance-Gerät eingesetzt, bleibt

es ebenfalls dabei, dass die übrigen Leistun-

gen, zum Beispiel die Kernpositionen, die

diagnostischen Leistungen und die übrigen

therapeutischen Leistungen, als Sachleistung

vergütet werden.

Zur Sicherheit, die die Vereinbarung schafft,

gehört auch ein konsentierter Weg, wie eine

– unzweifelhaft unzulässige – Doppelabrech-

nung der zahnärztlichen Leistung vermieden

werden kann. Die Abrechnung sowohl von

Mehrleistungen als auch von Zusatz- und

außervertraglichen Leistungen erfolgt not-

wendigerweise nach der Gebührenordnung

für Zahnärzte. Um bei Mehrleistungen nur

den Mehrkostenanteil abzuziehen, muss der

Sachleistungsanteil in Abzug gebracht wer-

den. Dies erfolgt nach der Vereinbarung auf

der Grundlage des von der Bundeszahn-

ärztekammer veröffentlichten Rechnungs-

formulars nach der Anlage 2 zur GOZ.

Werden jedoch Leistungen gleichwohl

doppelt abgerechnet, werden Patienten zur

Inanspruchnahme von privatzahnärztlichen

Leistungen gedrängt oder genötigt oder

wird eine Vergütung verlangt, obgleich die

Vorschriften des Bundesmantelvertrags

nicht erfüllt sind, stellt dies – wie bereits im

Letter of Intent klargestellt wurde – Verstöße

gegen die vertragszahnärztlichen Pflichten

dar. Die Überwachung der Einhaltung der

vertragszahnärztlichen Pflichten ist durch

den Gesetzgeber den KZVen zugewiesen,

die diese Aufgabe jedoch nur dann erfüllen

können, wenn sie überhaupt Kenntnis da-

von haben, dass eine Doppelabrechnung

möglich sein könnte. Die Information, dass

eine Vereinbarung über Mehrleistungen –

nicht betroffen ist die Vereinbarung von

Zusatz- und außervertraglichen Leistungen

– erfolgt ist, ist daher gegenüber der KZV

anzuzeigen.

Weder gegenüber der KZV noch gegenüber

der Krankenkasse sind – in dem Beitrag zu

dieser Vereinbarung in der zm 3/2017 hatte

sich insoweit eine missverständliche Formu-

lierung eingeschlichen – Rechnungsbeträge

oder auch nur die vereinbarten Leistungen

anzuzeigen. Es müssen ebenso wenig die

konkret als Mehrleistung erbrachten Leis-

tungen in der Abrechnung gekennzeichnet

werden. Das Recht des Patienten, Leistun-

gen in Anspruch zu nehmen, ohne dass ein

Dritter hiervon Kenntnis erlangt, bleibt

unberührt. Die Vereinbarung achtet damit

das Grundrecht auf informationelle Selbst-

bestimmung und die Regeln des Sozial-

datenschutzes.

Die neue Vereinbarung erlaubt also dem ge-

setzlich Versicherten, am zahnmedizinischen

Fortschritt auch jenseits der notwendiger-

weise beschränkten Regelversorgung teil-

zuhaben. Sie schafft den Rahmen für die

Herstellung der Transparenz, die notwendig

ist, damit der Patient sich informiert für

oder gegen von ihm selbst zu zahlende Leis-

tungen entscheiden kann. Für die Kiefer-

orthopäden und Zahnärzte schafft die Ver-

einbarung Klarheit und Sicherheit darüber,

dass Mehrleistungen ebenso wie Zusatz-

und außervertragliche Leistungen im Ein-

klang mit ihren vertragszahnärztlichen

Pflichten vereinbart werden können und

dass die Vergütung für die erbrachten Sach-

leistungen gewährt wird.

Dr. Gundi Mindermann ist Fachzahnärztin für

Kieferorthopädie und die BDK-Vorsitzende,

Stephan Gierthmühlen ist Justiziar des BDK.

Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden

e.V., Ackerstraße 3, 10115 Berlin

Wir haben eine klare Linie

Dr. Wolfgang Eßer

Unsere gesetzliche Krankenversicherung

beruht auf dem Prinzip von Solidarität und

Eigenverantwortung. Gleich im ersten Para-

grafen des SGB V wird dieses Prinzip allen

anderen Bestimmungen vorangestellt. Für

alle gesetzlich Versicherten besteht im

Rahmen ihres Versicherungsschutzes ein

umfassender Anspruch auf medizinisch not-

wendige Leistungen, die dem anerkannten

Stand der Forschung und dem Wirtschaft-

lichkeitsgebot des § 12 des SGB V ent-

sprechen. Die Festlegung dessen, was medi-

zinisch erforderlich und von der Solidar-

gemeinschaft zu finanzieren ist, obliegt dem

Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und

wird in Richtlinien geregelt. Der Leistungs-

katalog der gesetzlichen Krankenversiche-

rung wird kontinuierlich überprüft und bei

entsprechender Erkenntnislage an den

Stand der Wissenschaft angepasst. Einer der

Träger des G-BA ist die KZBV, die in diesem

Gremium die Zahnärzteschaft alleine vertritt

und insofern an der Ausgestaltung der

Richtlinienkompetenz des G-BA verantwort-

lich mitwirkt und gemeinsam mit

den Partnern der Selbstver-

waltung in der Folge die

konkrete Ausgestaltung

der Leistungskataloge

genauso wie die Hono-

rierung der einzelnen

Leistungen festlegt.

Auf dieser Grundlage er-

klärt sich auch der Leis-

tungskatalog der kiefer-

orthopädischen Versorgung in

der gesetzlichen Krankenversicherung. Er

definiert sowohl den Leistungsanspruch des

Versicherten als auch den Rahmen dessen,

was der Vertragszahnarzt im Rahmen der

gesetzlichen Krankenversicherung erbringen

darf – soweit es im konkreten Behandlungs-

fall medizinisch erforderlich ist –

und welche Honorierung er

für diese Leistungen erhält.

Mit diesen gesetzlichen

Regelungen wird aber

die Wahlfreiheit der

Versicherten nicht limi-

tiert. Sie haben als

mündige Bürger das

Recht, sich auch für solche

Leistungen zu entscheiden,

die medizinisch anerkannt sind,

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