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107, Nr. 4, 16.2.2017, (330)

aber über den Leistungsanspruch der GKV

hinausgehen. Gerade im Bereich der ver-

tragszahnärztlichen Versorgung existieren

vielfältige gesetzliche Regelungen, die

trennscharf die medizinisch notwendigen

Leistungen im GKV-Katalog von solchen

unterscheiden, die über diesen Rahmen

hinausgehen und insofern vom Versicherten

im Rahmen seiner wirtschaftlichen Eigen-

verantwortung auch außerhalb der solidari-

schen Krankenversicherung privat zu hono-

rieren sind. Gesetzliche Regelungen hierzu

gibt es bekanntermaßen beispielhaft im

Bereich der Füllungstherapie und der Ver-

sorgung mit Zahnersatz. Auch existieren

grundsätzliche Ausschlüsse von Leistungs-

ansprüchen oder solche, die durch ver-

sicherungstechnische Grenzen belegt sind,

wie zum Beispiel im Rahmen der Implan-

tologie, der Individualprophylaxe und der

Erwachsenenkieferorthopädie,

allerdings

fehlen solche gesetzlichen Regelungen bis

heute für die kieferorthopädische Behand-

lung innerhalb der GKV.

Wohl deshalb ist es in der Vergangenheit zu

selbstbestimmten Interpretationen dessen,

was und wie Leistungen außerhalb der ge-

setzlichen Krankenversicherung zu vergüten

sind, gekommen. Auch haben einzelne Kie-

ferorthopäden gemeint, die Vollwertigkeit

der gesetzlichen Versorgung negieren und

eigene Qualitätsbestimmungen definieren

zu können, die sie in Negierung ihrer ver-

tragszahnärztlichen Pflichten als Grundlage

dafür bemüht haben, Versicherten eine

GKV-Versorgung gänzlich vorzuenthalten

beziehungsweise eine solche von privaten

Zuzahlungen abhängig zu machen.

Nur so ist es zu erklären, dass die KFO durch

medial breit vorgetragene Kritik in den Fokus

der allgemeinen, aber auch der politischen

Öffentlichkeit geraten ist:

„Eine schöne Spange Geld. Immer wieder

verweigern Kieferorthopäden ihren Versicher-

ten eine Behandlung ohne Zuzahlung. Das

ist zwar verboten, aber niemand tut etwas

dagegen: nicht die Kassenzahnärztliche

Vereinigung, nicht der Berufsverband, nicht

das Ministerium. Empörten Eltern bleibt nur

der Klageweg.“ Das war der Aufmacher der

FAS am 18. Januar 2015. Der Begriff vom

„Rotlichtmilieu in der KFO“ machte die

Runde und erreichte die Politik. An- und

Nachfragen aus dem Bundesgesundheits-

ministerium und von Abgeordneten aus

dem Gesundheitsausschuss des Deutschen

Bundestages gingen in den Folgetagen bei

der KZBV ein. Auch andere Medien nahmen

das Thema auf. Und auf einmal waren nicht

nur die schwarzen Schafe angesprochen –

jetzt stand nicht nur ein Berufsstand und

hier besonders die Kieferorthopäden am

Pranger, sondern auch die Zuzahlung in der

GKV selbst zunehmend im Fokus.

Dabei hatte der Berufsstand im Umgang mit

der Mehrkostenregelung in der Füllungs-

therapie und ganz besonders mit der beim

Zahnersatz bewiesen, dass er sehr verant-

wortlich mit dem Thema „Zuzahlungen“

umzugehen weiß. Umso ärgerlicher der Kol-

lateralschaden nicht nur für die Mehrheit

der kieferorthopädisch tätigen Zahnärztinnen

und Zahnärzte, sondern für die gesamte

Kollegenschaft. Einige wenige waren auf

dem besten Weg, seriöse Zahnheilkunde

zur sündigen Meile zu degradieren!

Zahnärztinnen und Zahnärzte in Deutsch-

land beweisen dabei jeden Tag, dass sie sich

im Spannungsfeld von beruflicher (Therapie-)

Freiheit und Verantwortung unter vollstän-

diger Wahrung des Patientenschutzes und

ihrer Gemeinwohlverpflichtung sicher be-

wegen. Bei den gesetzlichen Mehrkosten-

regelungen sind Patientensicherheit und

umfassende Transparenz gegeben: Der Ver-

sicherte ist vor der Behandlung umfassend

über die möglichen Behandlungsalternati-

ven, deren Vor- und Nachteile sowie über

die Höhe der Gesamtkosten und des Eigen-

anteils zu informieren. Auch bei der Versor-

gung mit Zahnersatz sind Aufklärung und

Information des Versicherten über Therapie-

alternativen und deren unterschiedliche

Kosten vor der Behandlung zu leisten.

Besonders bei Behandlungen, die über

die Regelversorgung hinausgehen, ist das

zwingend vorgegeben. Wer hier schludert,

kommt nicht nur seiner Verantwortung

nicht nach, er nimmt disziplinarrechtliche

und zivilrechtliche Konsequenzen in Kauf

und gefährdet darüber hinaus das Ansehen

des gesamten Berufsstands.

In unserem freiheitlich orientierten Gesund-

heitssystem ist der gesetzlich versicherte

Patient frei in seiner Entscheidung, ob er

ausschließlich die medizinisch vollwertige –

zuzahlungsfreie – GKV-Leistung als Sachleis-

tung in Anspruch nehmen will, oder ob er

sich ergänzend oder stattdessen für eine

alternative, womöglich ästhetischere oder

komfortablere Therapie entscheidet. Die

Therapiefreiheit des Behandlers findet ihre

Grenzen in der Entscheidung des Ver-

sicherten. Es versteht sich von selbst, dass

die dazu notwendige Kommunikation mit

einem auf Augenhöhe informierten Ver-

sicherten erfolgen muss. Die Therapiefrei-

heit des Vertragszahnarztes begründet keine

Substitution seiner vertragszahnärztlichen

Pflichten. Weder darf er die vertragszahn-

ärztliche Versorgung schlechtreden noch

darf er sie dem Versicherten vorenthalten

oder sie von privaten Zuzahlungen abhän-

gig machen. Die Versichertenrechte sind

nicht nur zu jedem Zeitpunkt zu beachten –

sie sind auch Grundlage für eine intakte

und erfolgreiche Versorgung innerhalb und

außerhalb der GKV.

Nach wie vor gilt der alte Grundsatz: „Nur

der aufgeklärte Patient wird ein zufriedener

Patient.“

Entscheidet sich der Versicherte nach um-

fassender Aufklärung und ausreichender

Bedenkzeit für einzelne Leistungen oder

eine Behandlung außerhalb der GKV, muss

vollständige Transparenz auch im Hinblick

auf vom Versicherten selbst zu tragende

Kosten gewährleistet sein. Es ist nicht nur

Zeugnis eines versierten Qualitätsmanage-

ments, sondern noch viel mehr das Gebot

einer funktionierenden Arzt-Patienten-Be-

ziehung, dass gerade bei Zuzahlungen

transparente Vereinbarungen mit nach-

vollziehbarer Kostenkalkulation getroffen

werden. Hier sind die KZBV und die KZVen

besonders in der Pflicht. Die Wahrung der

Patientenrechte durch die Kollegenschaft

gehört genauso zu ihren gesetzlichen Ver-

pflichtungen wie die Vertretung der recht-

mäßigen Interessen des Berufsstands.

Die KZBV hat daher mit dem Berufsverband

der Deutschen Kieferorthopäden (BDK),

unterstützt von der Deutschen Gesellschaft

für Kieferorthopädie (DGKFO) und der

Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund-

und Kieferheilkunde (DGZMK) eine Verein-

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