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107, Nr. 6, 16.3.2017, (580)
IQWiG-Vorbericht zur PAR-Therapie – Statistiken können klinische Expertise nicht ersetzen
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Zum Titel: „IQWiG: Parodontitistherapie – ein Institut negiert die Standards“, zm 4/2017, S. 32–39.
Die Malaise im deutschen
Gesundheitswesen geht weiter.
Fachfremde „Experten“, diesmal
das „Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit imGesundheits-
wesen“ (IQWiG), beurteilen nicht
nur die medikamentöse Effektivi-
tät, sondern in maßloser Selbst-
überschätzung auch die Qualität
klinisch-medizinischer oder auch
-zahnmedizinischer Verfahren. In
den einzelnen Ressorts dieses
Instituts besteht die Führung
aus Biologen (2), Sozialwissen-
schaftlern (2), einem Statistiker,
einem Soziologen und Volkswirt,
einer Psychologin, einer Kranken-
schwester und Pflegewissen-
schaftlerin und einer Gesundheits-
ökologin. Drei als Epidemiologen
ausgewiesene Ärzte sind aller-
dings auch dabei. Wikipedia: „Die
Epidemiologie ist jene wissen-
schaftliche Lehre, die sich mit der
Verbreitung sowie den Ursachen
und Folgen von gesundheits-
bezogenen Zuständen und Er-
eignissen in Bevölkerungen oder
Populationen beschäftigt. Das
unterscheidet die Epidemiologie
von der klinischen Medizin, bei der
es darum geht, einem einzelnen
Menschen in einem konkreten
Krankheitsfall zu helfen.“ Nimmt
man diese Definition als gege-
ben, dann müsste dem IQWiG
zugerufen werden: „Schuster,
bleib bei deinem Leisten!“
Was sind das dort für „Experten“?
Eine Sportwissenschaftlerin leitet
den Stabsbereich „Informations-
management“; den Stabsbereich
„Internationale Beziehungen“ lei-
tet ausnahmsweise wieder ein
Arzt, der Stabsbereich „Qualitäts-
sicherung“ allerdings (Handelt es
sich nicht eigentlich um Medizin?)
wird wieder von einer Biologin
geleitet. Ein Zahnarzt ist über-
haupt nicht aufzufinden. Den-
noch äußert sich diese Institution
zu einem ausschließlich zahn-
medizinischen Thema, das rein
statistisch so nicht erfasst werden
kann. Wie soll denn die eine Paro-
dontitis randomisiert mit der an-
deren verglichen werden kön-
nen? Wie soll die Mundpflege-
kompetenz des einen Patienten
randomisiert und möglichst noch
doppelblind mit der des anderen
verglichen werden? Die für klinische
Forschungen maßgeblichen Para-
meter der individuellen, auch ge-
netisch determinierten Fakten der
Vulnerabilität und Suszeptibilität
scheinen unbekannt, weil unbe-
rücksichtigt. Generelle wissenschaft-
liche Aussagen sind wegen dieser
Entitäten eigentlich gar nicht mög-
lich. Außerdem hätte sich doch
die Juristin des IQWiG äußern
müssen, denn wie soll eine rando-
misierte kontrollierte Doppel-
blindstudie auf diesem Gebiet
ethisch vertretbar sein? Wo also
sollen solche Studien herkommen?
Die Epidemiologie versucht schon
seit Langemdie Medizin zu domi-
nieren. Wir dürfen aber niemals in
eine Situation der ausschließlichen
Leitlinien- oder „evidence-based-
medicine“-Medizin geraten. Dann
sind wir keine eigenständig den-
kenden und handelnden Ärzte
oder Zahnärzte mehr. Stattdessen
werden wir zu „Hilfsarbeitern“ des
von Epidemiologen, Ökonomen
und Pharmariesen dominierten und
mechanisierten medico-pharma-
ökonomischen Komplexes. Diese
die Medizin beurteilenden Nicht-
kliniker – zum großen Teil sogar
Nichtmediziner – haben das kli-
nisch-medizinische Denken und
das danach Handeln übrigens nie
gelernt. In diesem Zusammenhang
muss daran erinnert werden, dass
nicht einmal der ausgebildete
Mediziner alle Disziplinen seiner
Wissenschaft auch nur ansatzwei-
se beherrschen kann. Aus diesem
Defizit heraus hat man wohl für
das IQWiG diese Ansammlung
von Nichtmedizinern als Experten
angeheuert, denn diese sind wohl
eher in der Lage, medizinische
Prozesse in ihrer Komplexität zu
beurteilen. Dennoch sollte auch
diesen „Experten“ des IQWiG der
Unterschied zwischen Büro- und
Behandlungsstuhl bekannt sein.
Fazit: Außer Spesen nichts ge-
wesen. Aber: „Die Berichte des
IQWiG sollen dem G-BA als
Grundlage für Entscheidungen
dienen, die im Grundsatz für alle
gesetzlich Krankenversicherten
gelten.“ Bravo! Die PAR-Behand-
lung wird Privatleistung, ist
aber Grundvoraussetzung für
die Genehmigungsfähigkeit pro-
thetischer Therapien. Nach den
Kriterien des IQWiG sollte dem
G-BA eigentlich der Vorschlag
gemacht werden, die gesamte
Zahnmedizin aus der GKV
herauszubrechen.
Übrigens sollten Räder für was
auch immer abgeschafft werden,
denn es gibt weltweit keine ran-
domisierte kontrollierte Doppel-
blindstudie, die beweist, dass
diese Dinger rollen können.
Dr. medic-stom/RU
Martin Klehmet, Bremen-Grolland
Funktionaloptometrie – Wissenschaftlich nicht belegt!
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Zum Titel: „Funktionaloptometrie für Zahnärzte“, zm 2/2017, S. 20–24.
Als stiller und fachfremder Mit-
leser der zm habe ich mich sehr
gefreut, nach dem Übersichts-
artikel zur Glaukomerkrankung
einen weiteren Artikel aus mei-
nem Fachgebiet in Ihrer Zeit-
schrift zu entdecken.
Meine Begeisterung verflog je-
doch auf der Stelle, als mir die
Schlagworte Funktionaloptome-
trie und Winkelfehlsichtigkeit ins
Auge fielen. Bei der Funktional-
optometrie handelt es sich um eine
in großen Teilen nicht naturwis-
senschaftlich belegbare Pseudo-
wissenschaft. So ist auch der Titel
Funktionaloptometrist nicht ge-
schützt oder vereinheitlicht, so dass
sich jede Person ohne Nachweis
ihrer Befähigung Funktionalopto-
metrist nennen darf. Insbesondere
unter diesen sogenannten Funk-
tionaloptometristen und einigen
Optikern ist die gefährliche
Theorie der Winkelfehlsichtigkeit
weit verbreitet. An dieser Stelle
möchte ich auf die Presse-
mitteilung des Berufsverbands
der Augenärzte Deutschlands vom
13.11.2013 verweisen, in der
eindringlich vor dem „Phantom
der Winkelfehlsichtigkeit“ gewarnt
wird. Mir selbst sind in meiner
klinischen Tätigkeit schon zwei
Patienten untergekommen, die
durch fraglich wohlmeinende,
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