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107, Nr. 6, 16.3.2017, (586)

Im Vorfeld der Bundestagswahl rücken die

Finanzierung der GKV und die Zukunft des

dualen Systems wieder verstärkt in den

Fokus politischer Diskussionen. Wer steht

jetzt wofür?

Wettbewerb der Systeme

Die CDU will keine Bürgerversicherung.

So wurde es im Regierungsprogramm

2013–2017 festgeschrieben: „Wir bekennen

uns zum Wettbewerb der Krankenkassen.

Eine staatliche Einheitsversicherung für alle

lehnen wir ab.“ Bei der CDU geht es um die

Weiterentwicklung des dualen Systems. Dahin

gehend äußerte sich Presseberichten zufolge

beispielsweise kürzlich Karin Maag, CDU, Mit-

glied im Gesundheitsausschuss des Bundes-

tags. Ihre Partei lehne die Bürgerversiche-

rung weiter ab, sie wolle die private und die

gesetzliche Krankenversicherung im Wett-

bewerb halten. Allerdings könne bei der PKV

nicht alles beim Alten bleiben. Maag zufolge

sei es etwa nicht einzusehen, dass ein

Mensch, der sich mit 28 Jahren für die PKV

entschieden habe, mit 52 Jahren nicht mehr

aus seiner Versicherung herauskomme.

Ähnlich kritische Töne kamen vom CDU-

Gesundheitspolitiker Michael Hennrich.

Presseberichten zufolge hat er kürzlich auf

dem Kassengipfel in Berlin unterstrichen,

dass die Finanzierung der GKV ein Mega-

thema werden könnte. Das Verhältnis von

GKV und PKV müsse grundlegend ins Auge

gefasst werden. Die nächste Regierung müsse

die Vergütung der Vertragsärzte losgelöst

vom Thema Bürgerversicherung angefasst

werden. Dabei solle die Konvergenz der GOÄ

und des EBM diskutiert werden. Und der

Stern berichtete, dass Hennrich sich dahin

gehend geäußert hat, dass GKV und PKV

zusammenwachsen sollten. „Man wird die

Systeme zusammenführen müssen“ zitiert

das Magazin den Politiker (Online-Ausgabe

vom 8.1.2017). Ist das jetzt eine Kehrtwende

in der CDU-Denke? Das bleibt offen.

Die Partei bereitet sich derzeit intensiv auf

den Wahlkampf vor. Auf ihrem Parteitag im

Dezember 2016 in Essen hat sie die Diskussion

eröffnet, wie ein Wahlprogramm aussehen

könnte. Sie hat auf breiter Basis Verbände

eingeladen, sich amWahlprogramm, das im

Sommer feststehen wird, zu beteiligen.

SPD-Marschrichtung steht

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat

kürzlich vor der Hauptstadtpresse in Berlin

verkündet, er wolle im Gesundheitswesen

gegen die „Zwei-Klassen-Medizin“ vorgehen.

Mit der paritätischen Bürgerversicherung

wolle er die Deckelung des Arbeitgeber-

beitrags zur gesetzlichen Krankenversiche-

rung, der derzeit 7,3 Prozent beträgt, wieder

aufheben. Pro Bürgerversicherung äußerte

sich auch die Hamburger SPD-Gesundheits-

senatorin Cornelia Prüfer-Storcks auf dem

Kongress des Bundesverbands Managed

Care. Sie sprach sich auch dafür aus,

die Grenzen zwischen dem ambulanten

und dem stationären Sektor aufzuheben.

Wichtig sei für sie ferner ein neues System

der ambulanten Vergütung. Weder der EBM

noch die GOÄ seien zukunftsträchtig.

Solche Aussagen fußen auf den Grundlagen

des Wahlprogramms der SPD, das auf dem

Parteitag Ende Mai beschlossen werden soll.

Die Partei hatte bereits im Dezember 2016

in einem Impuls-Papier Zwischenschritte für

das Wahlprogramm vorgelegt. Die Marsch-

richtung steht für die SPD also schon fest.

Und mit dieser Richtung hin zur Bürgerver-

sicherung können sich auch die Grünen und

die Linken anfreunden, die derzeit ebenfalls

an ihren Wahlprogrammen arbeiten.

Hinzu kommen weitere Pläne aus der SPD:

Aussagen ihres stellvertretenden Fraktions-

vorsitzenden Prof. Dr. Karl Lauterbach zu-

folge will man eine Überleitung der Beam-

ten in die Bürgerversicherung ins Wahl-

programm aufnehmen. Lauterbach bezieht

sich dabei auf eine kürzlich veröffentlichte

Studie der Bertelsmann-Stiftung. Die Stiftung

hatte Szenarien für die Abschaffung der

Beihilfe für Beamte entwickelt. Öffentliche

Haushalte würden bis 2030 um 60 Milliar-

den Euro entlastet, wenn Beamte in die GKV

gingen, heißt es in der Studie.

Die Idee ist naturgemäß bei Ärzten, bei der

PKV und beim Beamtenbund auf scharfe

Kritik gestoßen. Das Modell sei nichts

anderes als „der Totengräber“ des dualen

Krankenversicherungssystems in Deutsch-

land und der Wegbereiter der Einheitskasse,

sagte BÄK-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich

Montgomery.

pr

Weiterentwicklung der GKV – was die Politik plant

Kommt jetzt die Wende im System?

Zum Auftakt des Wahljahrs 2017 rücken Politiker die Zukunft von PKV und GKV verstärkt in den Blickpunkt. Das Thema

könnte eines der großen Themen im Bundestagswahlkampf werden. In der CDU mehren sich die Zeichen hin zu Reformen

des dualen Systems. Und die SPD arbeitet weiter stark an der Bürgerversicherung.

In der Psychologie

spricht man vom

Chamäleon-Effekt:

Sie fasst sich an die

Nase, er auch. Sie

sagt „Bürgerversiche-

rung“, ...

Gesundheitsminister

Hermann Gröhe, CDU,

mit Hilde Mattheis,

gesundheitspolitische

Sprecherin der SPD,

beim Verhaltensmimikry.

Foto: B. von Jutrczenke - picture alliance

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