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107, Nr. 6, 16.3.2017, (670)
die Diagnose einer medianen Halszyste
gesichert werden. Die operative Entfernung
der zervikalen Raumforderung wurde an-
schließend mit dem Patienten vereinbart
und dann in Allgemeinnarkose über einen
extraoralen Zugang durchgeführt (Abbil-
dung 3a). Bei der intraoperativen Enuklea-
tion des zystisch imponierenden Gewebes
konnte die Verbindung zum Os hyoideum
eindeutig dargestellt werden (Abbildung
3b). Das raumfordernde Gewebe wurde
dann mit dem gesamten medianen Anteil
des Zungenbeins durch kontinuitätsunter-
brechende Resektion entfernt (Abbildung
3c). Die feingewebliche Begutachtung des
entnommenen Gewebes bestätigte in den
histopathologischen Präparaten die klinisch
und radiologisch gesicherte Diagnose einer
medianen Halszyste (Abbildung 4).
Der perioperative Verlauf blieb unauffällig
und der Patient konnte am vierten post-
operativen Tag in die ambulante Weiter-
behandlung entlassen werden.
Ein Jahr postoperativ berichtet der Patient
bei der Kontrolle über keinerlei Beschwer-
den im ehemaligen Operationsgebiet. Die
präoperativ vom Patienten angegebenen
Schluck-, Atembeschwerden und das Globus-
gefühl wurden als nicht mehr vorhanden
beschrieben (Abbildung 5).
Diskussion
Die mediane Halszyste zählt zu den angebo-
renen Halszysten und stellt einen Rest des
Ductus thyreoglossus im Abstiegspfad der
Schilddrüse während der Embryogenese
dar. In der fünften Gestationswoche ent-
steht aus einer Aussprossung im Pharynx die
schlauchförmige Schilddrüsenanlage. Bei
der Entwicklung der Zunge nimmt die
Schilddrüse durch kaudale Verlagerung
etwa in der siebten Embryonalwoche ihre
endgültige Lage vor der Trachea ein.
Danach obliteriert in der Regel der Gewebe-
schlauch, Ductus thyreoglossus. Davon
bleibt lediglich das Foramen caecum als
eine kleine Vertiefung im Zungengrund
[Todd 1993; Ozolek, 2009].
In seltenen Fällen bleibt der Obliterations-
vorgang des Ductus thyreoglossus aus. Die
partielle Obliteration erklärt die unpaare
Entwicklung der medianen Halszyste
[LaRiviere und Waldhausen 2012; Ozolek,
2009], was die mediane von der lateralen
Halszyste unterscheidet. Letztere kann paa-
rig auftreten. In 80 Prozent der Fälle [Ahuja
et al., 2005] ist die mediane Halszyste in
der Mittellinie des Halses lokalisiert. Andere
Lokalisationen werden paramedian und
zwischen dem M. mylohyoideus und dem
infrahyoidalen Raum beschrieben [Todd,
1993; Ahuja et al., 2005; Rosa et al., 2008].
Im vorliegenden Fall reihen sich die Mani-
festationsbefunde der klinischen und MRT-
Untersuchungen sowie die intraoperativen
Befunde innerhalb der von Literatur mit
15 Prozent angegebenen Lokalisation der
medianen Halszyste im Niveau des Os
hyoideum ein. Die Mehrheit der medianen
Halszysten (65 Prozent) wird im infra-
hyoidalen Halsabschnitt beschrieben [Imhof
et al., 2004]. In 50 Prozent der Fälle liegt das
Manifestationsalter vor dem 20. Lebensjahr
[Ahuja et al., 2005 (a); Koch, 2005]. Bei
Patienten im mittleren Alter muss eine be-
sondere Aufmerksamkeit dem differenzial-
diagnostischen Ausschluss von malignen
Neoplasien zum Beispiel in der Schilddrüse
oder im zervikopharyngealen Bereich einge-
räumt werden [Chala et al., 2016; Zizic et
al., 2016]. Die Patientenangaben über ein
neu auftretendes Globusgefühl, Schluck- und
Atemstörungen, wie hier bei dem 47-jährigen
Patienten, lassen den Verdacht auf einen
oropharyngealen Tumor und insbesondere
ein Plattenepithelkarzinom des Zungen-
grundes zu. Dieses muss vorrangig ausge-
schlossen werden. Andere Neubildungen
wie die gutartigen Lipome, Neurofibrome,
Hämangiome und Teratome gelten im vor-
liegenden Fall als unwahrscheinlich, müssen
jedoch differenzialdiagnostisch einbezogen
werden. Eine Begleitentzündung im Fall einer
medianen Halszyste kann eine odontogen
verursachte zervikale Schwellung kopieren
Abbildungen 4:
4a: Histopathologische Darstellung des entnommenen Gewebes einer medianen Halszyste, teils mit respiratorischem Flimmerepithel ausgekleidete,
4b: teils rupturierte Zyste mit chronisch-granulierender/fibrosierender Entzündung mit Schaumzellen,
4c: angrenzend Knochen und quergestreiftes Muskelgewebe
Abbildung 5: Ein Jahr später bei der post-
operativen Kontrolle. Der Patient zeigt
keinerlei Beschwerden.
Fotos: Stine-Kathrein Kraeft, Pathologie Rostock
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Zahnmedizin