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107, Nr. 9, 1.5.2017, (1084)
Ein 38-jähriger Patient wurde nach Über-
weisung des Hauszahnarztes zur Entfernung
der Weisheitszähne in der Klinik und Poli-
klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Ge-
sichtschirurgie der Universitätsmedizin Ros-
tock vorgestellt. Die klinische Untersuchung
ergab intra- und extraoral keine patholo-
gischen Befunde.
In der alio loco durchgeführten Panorama-
schichtaufnahme zeigten sich eine kleinere
scharf begrenzte Aufhellung im Bereich der
Krone des retinierten Zahnes 38 sowie eine
ausgedehntere scharf begrenzte Aufhellung
im Bereich des aufsteigenden Astes mit di-
rektem Bezug zum Zahn 48 (Abbildung 1).
In der Zusammenschau der Befunde wurde
die Verdachtsdiagnose „follikuläre Zysten
ausgehend von den retinierten Zähnen 38
und 48“ gestellt.
Mit dem Patienten wurde die Entfernung der
vier Weisheitszähne mit Zystektomie Regio
38 und 48 sowie die Osteoplastik mittels
autogener Beckenkammspongiosa Regio 48
in Intubationsnarkose vereinbart.
Der retinierte Zahn 38 konnte nach retro-
molarer Schnittführung auf dem aufstei-
genden Ast, paramarginalem Randschnitt
sowie Entlastung im Bereich des ersten
Molaren problemlos mittels Rosenbohrer
dargestellt werden (Abbildung 2). Aufgrund
der räumlichen Nähe zum N. alveolaris
inferior wurde der Zahn zunächst geteilt
und anschließend mitsamt der umgebenden
Zyste entfernt.
Der aufsteigende Unterkieferast kontra-
lateral wurde durch eine identische Schnitt-
führung dargestellt, die zu erwartende Aus-
dehnung der Zyste eingezeichnet (Abbil-
dung 3). Mittels Piezosurgery wurde ein
crestales Knochenfenster gebildet. Die voll-
ständig intakte Zyste und auch der Zahn 48
konnten anschließend problemlos unter
Schonung des Nervens entfernt werden
(Abbildung 4). Der ausgeprägte Knochen-
defekt wurde mittels autogener Becken-
kammspongiosa versorgt (Abbildung 5)
und durch das crestale Knochenfenster ver-
schlossen (Abbildung 6). Weiterhin wurden
die Zähne 18 und 28 extrahiert.
Die histopathologische Untersuchung des
Resektionsmaterials Regio 38 ergab – in
Übereinstimmung mit der klinischen Dia-
gnose – den typischen Befund einer folliku-
lären Zyste.
Der besondere Fall mit CME
Zufallsbefund orthokeratinisierte
odontogene Zyste
Maximilian Goedecke, Friedrich Prall, Peer W. Kämmerer
Bei der Entfernung von Weisheitszähnen konnten in der Bildgebung Raum-
forderungen ausgemacht werden, die präoperativen als follikuläre Zysten
eingestuft wurden. Erst in der Biopsie zeigte das histologische Material eine
orthokeratinisierte odontogene Zyste. Die Autoren diskutieren detailliert
die Differenzialdiagnostik und die Problematik einer möglichen Missdeutung.
Abbildung 3: Intraoperatives Bild mit Einzeichnung der zu erwartenden Ausdehnung der Zyste
Regio 48
Alle Fotos: Kämmerer
Kliniker präsentieren Fälle mit hohem
diagnostischem Schwierigkeitsgrad.
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Zahnmedizin