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107, Nr. 11, 1.6.2017, (1326)
Jeder weiß es: Bei alten Leuten werden die
Ohren immer größer, die Nase immer län-
ger (Abbildung 1) und auch sonst sind die
Alterungsvorgänge im Gesicht [Götz, 2006;
Götz, 2007; Radlanski und Wesker, 2012;
Götz, 2014; Radlanski, 2016] und auch im
Mund unübersehbar [Götz, 2007]. Das bis
ins hohe Lebensalter stattfindende Wachs-
tum der Ohrmuscheln und der Nasenspitze
ist auf das Verhalten der Knorpelzellen und
auf die anatomische Konfiguration der
Knorpelanteile zurückzuführen [Götz, 2012;
Radlanski und Wesker, 2012]. Auch das
Gesichtsskelett, so zeigen Untersuchungen
[Behrents, 1985] lässt über die Jahrzehnte
hinweg ein deutlich sichtbares Wachstum
erkennen, das durchaus fünf Millimeter be-
tragen kann (Abbildung 2).
Zumindest wird die allgemeine Regel einge-
halten, dass Implantate erst bei „Erwachse-
nen“ eingesetzt werden sollten [Heij et al.,
2006]. Doch wenn zwar das Wachstum des
Gesichts in der Jugend beschleunigt statt-
findet, aber lebenslang nicht zum Stillstand
kommt, was bedeutet das für das Gebiss?
Werden die Zahnreihen von den lebenslang
wachsenden zahntragenden Anteilen des
Gesichtsschädels davongetragen? Passt dann
noch die Okklusion? Inzwischen gibt es –
aufgrund der Erfolge der Zahn-, Mund- und
Kieferheilkunde – durchaus viele betagte
Patienten, die voll bezahnt sind. Dieser
Wandel vollzog sich innerhalb der vergan-
genen drei Jahrzehnte: Meine Kinder sind
(wie heute viele) kariesfrei, ich selbst habe
Füllungen, meine Mutter trug eine Teil-
Lebenslanges Gesichtswachstum und permanenter Knochenumbau
Stabilität im Kauorgan bei 50 plus
Die Menschen sind heute im hohen Alter oft noch vollbezahnt. Für die Zahn-,
Mund- und Kieferheilkunde bedeutet dies, dass sie deutlich länger präventiv und
therapeutisch begleitet werden müssen. Der Autor diskutiert vor dem Hintergrund
der Wachstums- und Umbauvorgänge, wie sich ein mit vielen verschiedenen
Methoden saniertes Gebiss langfristig verhält, etwa wenn intraossär stehende
Implantatversorgungen neben parodontal verankerten Wurzeln stehen.
Abbildung 1: Altersveränderungen des Gesichts bei Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) (Die Protrusion des Unterkiefers könnte aber
auch durch eine insuffiziente Prothese verursacht sein.): links (a) umgezeichnet nach Johann Daniel Bager (1773) und rechts (b) nach Ferdinand
Jagemann (1817) [Aus: Radlanski, 2016]
Alle Fotos: Radlanski
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Zahnmedizin