

zm
107, Nr. 11, 1.6.2017, (1328)
2017], auch dann, wenn sie kieferortho-
pädisch gerichtet worden sind [Berg et al.,
2008; Berg et al., 2008; Stenvik et al.,
2011]. Gerade, weil diese Zahnbewegungen
über lange Zeit und so langsam ablaufen,
werden sie oft unterschätzt. Zähne, die vor
Jahren einmal „gerade“ standen, werden
von den Patienten als „schief“ stehend be-
urteilt, oder Zähne, die einst nur moderat
eng standen, werden nach einiger Zeit als
deutlich eng stehend wahrgenommen.
Auch wenn manche Patienten und auch
einige Kollegen die Stellung der Zähne im
Zahnbogen als „stabil“ bezeichnen oder
wahrnehmen, zeigen Langzeitbeobachtun-
gen in der Kieferorthopädie, dass Zähne
langfristig wandern. Es müssen nicht immer
Rezidive nach einer kieferorthopädischen
Behandlung sein [Rudzki und Kirschneck,
2017], die die Patienten beunruhigen, es
können auch ganz andere, neue Zahn-
wanderungen stattfinden (Abbildungen 3a
bis 3c)
Immerhin gibt es morphologische Beweise
für die instabile Stellung der Zähne im
Zahnbogen. In den Schichten des Wurzel-
zements verlaufen die Sharpey-Fasern in
immer wieder verschiedenen Richtungen
(Abbildung 4). So sind die Zustände der
verschiedenen Achsneigungen oder Rota-
tionen der Zähne gleichsam eingemauert
konserviert. Es ist auch allgemein bekannt,
dass der Knochenumbau in der Alveolen-
innenkortikalis (Abbildungen 5a bis 5c) stän-
dig stattfindet [Jäger, 1996]. Jeder Kliniker
kennt zudem Schlifffacetten, die zeitweise
inaktiv sind: Ihre glatten Flächen lassen sich
mit Okklusionsfolie nicht markieren, müssen
aber zu anderen Zeiten einmal in Okklusion
gestanden haben [Motsch, 1978]. Stabilität
im Kauorgan ist also selten anzutreffen. Die
Zähne schaukeln vielmehr in ihren Alveolen,
wobei auch die nicht ortstabil sein müssen.
Zusätzlich wirken Kräfte auf sie ein, die von
den Weichgeweben (Zunge, Lippe, Wange)
ausgeübt werden [Proffit, 1978; van der
Linden and Proffit, 2005; Proffit and Frazier-
Bowers, 2009].
Odontogene Mobilität
folgt ihren Gesetzen
Wenn durch parodontale Abbauprozesse,
auch im Zusammenhang mit altersbeding-
ten Allgemeinerkrankungen [Götz, 2014],
die Höhe des Limbus alveolaris abnimmt,
können sich die Hebelverhältnisse zwischen
den intra- und den extraossären Anteilen
der Zähne so ändern, dass die Zahn-
bewegungen beschleunigt ablaufen. Dann
werden sie auch von den Patienten wahr-
genommen – zumindest dann, wenn die
Zähne (noch) nicht im Engstand stehen,
kann allein schon aufgrund der größeren
Abbildung 3c:
Kieferorthopädisches
Behandlungsergebnis:
Der Zahn 23 wurde
eingeordnet, die
Lücke zum Zahn 25
konnte aus Gründen
der Okklusion nicht
vollständig geschlossen
werden. Retention mit
Stahl-Twistflex-Reten-
tionsdraht (Dentaflex,
Dentaurum, Ispringen,
Deutschland).
Abbildung 3a: Mesialdrift im II. Quadranten mit ausgeprägter Extrusion
des 23 sowie Rotation des 22 und 21 bei einer 55-jährigen Patientin
Abbildung 3b: Kieferorthopädische Behandlung: Platzgewinn durch
Extraktion des 24, Distalisation und Einordnung des 23, Ausformung
der OK-Frontzahngruppe, Verankerung über einen gelöteten Trans-
palatinalbogen. Die Zähne 16, 15, 14 sind durch Implantate ersetzt.
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Zahnmedizin