Table of Contents Table of Contents
Previous Page  92 / 124 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 92 / 124 Next Page
Page Background

zm

107, Nr. 11, 1.6.2017, (1382)

Erinnern Sie sich noch an die Epoche, in

der Praxen und Immobilien mithilfe von

Festdarlehen und Kapitalversicherungen

finanziert wurden? Das waren jene Zeiten,

in denen Hypotheken zwar 6 oder 7 Prozent

kosteten, in denen es für solide Versicherun-

gen aber auch 5 bis 6 Prozent gab. Die

Zinsdifferenzgeschäfte waren sowohl für

Zahnärzte als auch für Vermittler ein lukra-

tives Geschäft. Die Doktores machten die

Kreditzinsen als Werbungskosten geltend –

dadurch bezahlten sie für ihre Schulden im

besten Fall zwischen 3 und 3,5 Prozent, und

die 5 bis 6 Prozent der Versicherung gab‘s

steuerfrei auf die Hand. Die Vermittler ver-

dienten sich mit den Verträgen eine goldene

Nase, weil die Provisionen selten unter 50

Promille der Prämiensumme lagen.

Die Aussetzung der Tilgung

und die Anlage der Rück-

zahlungen in „alternative“

Sparverträge bieten auch

heute noch Vorteile, doch

bei dem Gedanken, das Geld

nicht in Versicherungen, son-

dern in Aktien anzulegen,

verlässt viele Spitzenverdiener

der Mut. In meinen Augen ist

diese Sorge übertrieben, weil

das Risiko, eine Immobilie auf

Pump zu kaufen, durch eine

Finanzierung, die auf 2.000

bis 3.000 Aktien aufbaut, deutlich verringert

werden kann. Darf ich Ihnen eine Kostprobe

meiner These liefern?

Ein Zahnarzt ist 50 Jahre alt und hat 500.000

Euro auf der hohen Kante. Der Mann lieb-

äugelt seit Monaten mit dem Kauf eines

Mehrfamilienhauses. Die Immobilie kostet

zwei Millionen Euro und wirft einen Ertrag

von 80.000 Euro pro Jahr ab. Das sind auf

den ersten Blick jährlich 4 Prozent pro Jahr.

Wenn die Kaufnebenkosten von 120.000

Euro und der Verschleiß von 225.000 Euro

berücksichtigt werden, sinkt die Verzinsung

vor Steuern auf 3,1 Prozent. Dagegen ist

nichts einzuwenden, weil viele Immobilien

viel weniger Ertrag abwerfen.

Ich habe aber meine Zweifel, ob ein Annui-

tätendarlehen die richtige Finanzierung ist.

Der Anleger hat mit seiner Hausbank über

einen Kredit in Höhe von 1.620.000 Euro

gesprochen. Das ist die Differenz zwischen

dem Gesamtpreis und dem Eigenkapital. Die

Hypothek soll mit einem Festzins von 2 Pro-

zent ausgestattet werden, der für 15 Jahre

gültig ist. Außerdem ist für Zins und Tilgung

eine monatliche Rate von 10.000 Euro im

Gespräch, so dass die Schulden am Ende

der Zinsbindung bis auf 89.000 Euro vom

Tisch sein werden. Die effektiven Kosten vor

Steuern liegen bei 2 Prozent, nach Steuern

sinkt der Preis auf 1,06 Prozent. Das heißt

im Klartext, dass der Anleger die Tilgungen

zu 1 Prozent pro Jahr anlegt, wenn er den

Kredit direkt an die Bank zurückzahlt.

Bestimmt ahnen Sie, was jetzt folgt. Nein, ich

werde nicht an der Immobilie herumnörgeln,

weil mir das nicht zusteht. Ich möchte aber

den „engen“ Blick auf die „weite“ Frage

lenken, wie sinnvoll es ist, 180 monatliche

Tilgungen, die bei 7.000 Euro beginnen und

im Laufe der Zeit auf 10.000 Euro steigen,

nach Steuern zu 1 Prozent pro Jahr anzu-

legen. Meinen Sie wirklich, dass das sexy

ist, oder gibt es vielleicht Lösungen, die

prickelnder sind? Ich glaube schon, dass

es solche Anlagen gibt, wenn Sie den Mut

haben, das Geld an der Börse zu investieren.

Bevor wir über konkrete Lösungen sprechen,

will ich Ihnen erst mal vorrechnen, wie hoch

der (mögliche) Vorteil ist. Es ist ja nicht aus-

zuschließen, dass Sie müde abwinken, weil

Ihnen die Einsparung viel zu gering ist.

Sie bringen das Eigenkapital (500.000 Euro)

in die Finanzierung ein und nehmen einen

Festkredit (1.620.000 Euro) auf. Außerdem

schließen Sie einen Aktiensparplan ab und

sind guter Hoffnung, dass sich die Geld-

anlage mit 5 Prozent pro Jahr rentieren wird.

Sie machen die Schuldzinsen als Werbungs-

kosten geltend, so dass der Kredit nach

Steuern etwa 1 Prozent kostet. Der Aktien-

sparplan rentiert sich nach Steuern mit

jährlich 3,9 Prozent. Die Zinsdifferenz von

290 Basispunkten beschert Ihnen einen

Vorteil von 304.000 Euro. Das ist, wenn Sie

ein Mann sind, ein anständiger Porsche

aus Zuffenhausen, und das können, wenn

Sie eine Frau sind, insgesamt 15 luxuriöse

Ayurvedakuren in Indien sein.

Sie haben natürlich das Recht, liebe

Leserinnen und Leser, auf beiden Dingen zu

bestehen, schließlich leben wir im Zeitalter

der Gleichberechtigung. Sollten also Porsche

und Reisen bei Ihnen hoch im Kurs stehen,

empfehle ich Ihnen einen gebrauchten

Flitzer und sieben Reisen nach Indien. Es ver-

steht sich aber von selbst, dass Sie meine

Idee nur zur Hälfte mit Banken umsetzen

dürfen. Den Kredit können Sie sich ruhig bei

der Hausbank besorgen, doch um deren In-

vestmentfonds und Vermögensverwaltung

sollten Sie einen großen Bogen machen.

Denn Aufschläge von 5 Prozent und Verwal-

tungskosten von 1,5 Prozent kosten Sie

rund 247.000 Euro, so dass – um im Bilde zu

bleiben – nicht Sie, sondern der Banker im

Porsche nach Indien fahren würde. Sollten

Sie das nicht wollen, wofür ich größtes

Verständnis hätte, gibt‘s nur eine Lösung:

drei Indexfonds, einmal Amerika, einmal

Europa, einmal Asien – fertig ist der Porsche.

Hinzu kommen die jährlichen Reisen, so dass

ich Ihnen nur empfehlen kann, die Aus-

setzung der Tilgung aus der Mottenkiste zu

holen und an der Börse zu neuer Blüte zu

führen, da 2.000 bis 3.000 Aktien im Ver-

gleich zu einem Annuitätendarlehen einfach

prickelnder sind – oder?

Volker Looman mit einem Vorschlag zur Immobilienfinanzierung

Als Preis winken ein Porsche und sieben Indientrips

Der Autor ist freiberuf-

licher Finanzanalytiker

in Stuttgart. Jede Woche

veröffentlicht er in der

BILD und in der FAZ

einen Aufsatz über

Geldanlagen. Außerdem

unterstützt er Zahnärzte

auf Honorarbasis bei

der Gestaltung des

Privatvermögens.

www.looman.de

Kolumnen entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

92

Praxis