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107, Nr. 12, 16.6.2017, (1448)
einer „aufsteigenden Läsion“ fernausgelöste
Störungen des Kausystems hervorrufen,
sind dem Vertragszahnarzt
nicht
möglich
und
nicht
Bestandteil der vertragszahnärzt-
lichen Versorgung.
Wann darf ich ein Heilmittel verordnen?
Voraussetzung für jede Heilmittelverordnung
ist eine entsprechende an der vorgesehenen
Maßnahme orientierte spezifische zahnärzt-
liche Eingangsdiagnostik. Eine Diagnostik ist
jeweils vor der Erstverordnung wie auch
vor Folgeverordnungen durchzuführen. Bei
der Eingangsdiagnostik sind störungsbild-
abhängig diagnostische Maßnahmen durch-
zuführen, zu dokumentieren und gegebe-
nenfalls zeitnah erhobene Fremdbefunde
heranzuziehen, um einen exakten Befund
zu Schädigungen und Funktionsstörungen
zu erhalten. In diesem Zusammenhang
kann sich der Vertragszahnarzt auch eine
Einschätzung darüber verschaffen, ob die
Ursache der strukturellen/funktionellen
Schädigungen im Mund-, Kiefer- oder Ge-
sichtsbereich liegt und er eine entsprechende
Verordnung vornehmen kann. Wird durch
eine verordnete Heilmittelbehandlung das
angestrebte Therapieziel nicht erreicht, ist
eine weiterführende Diagnostik störungs-
bildabhängig durchzuführen oder zu ver-
anlassen. Vor Folgeverordnungen ist die
erneute störungsbildabhängige Erhebung
des aktuellen Befunds erforderlich. Auch
dabei können Fremdbefunde berücksichtigt
werden.
Regelfall, Erst- und Folgeverordnung?
Nach der Konzeption des Heilmittelkatalogs
liegt einer Verordnung ein jeweiliger indika-
tionsbezogener Regelfall mit einer zuge-
ordneten Gesamtverordnungsmenge und
einer maximalen Verordnungsmenge je
Erst- und Folgeverordnung zugrunde.
Welche Verordnungsmenge bei der jeweili-
gen Verordnung festgelegt wird, unterliegt
der jeweiligen zahnmedizinischen Ein-
schätzung. Der verordnende Zahnarzt hat
die jeweiligen individuellen medizinischen
Erfordernisse zu berücksichtigen, die sich
aus dem Behandlungsfall ergeben, und da-
raus die notwendige Verordnungsmenge
abzuleiten. Zu berücksichtigen ist, dass
nicht jede Schädigung/Funktionsstörung
einer Behandlung mit der jeweils möglichen
Höchstverordnungsmenge je Verordnung
oder der Gesamtverordnungsmenge des
Regelfalls bedarf. Eine neue Regelfallverord-
nung bei Rezidiven oder neuen Erkran-
kungsphasen setzt voraus, dass ein zwölf-
wöchiges behandlungsfreies Intervall einge-
halten wurde. Ausnahmen hiervon sind im
Rahmen einer Verordnung außerhalb des
Regelfalls möglich.
Und außerhalb des Regelfalls?
Ist das Therapieziel trotz Ausschöpfens der
Gesamtverordnungsmenge im Regelfall
nicht erreicht worden, kann der Vertrags-
zahnarzt eine Heilmittelverordnung außer-
halb des Regelfalls vornehmen. Dazu ist die
zahnmedizinische Notwendigkeit – mit einer
prognostischen Abschätzung versehen – ge-
sondert zu begründen. Auch ist erneut eine
störungsbildabhängige geeignete Diagnos-
tik durchzuführen, um auf der Basis des fest-
gestellten Therapiebedarfs, der Therapie-
fähigkeit, der Therapieprognose und des
Therapieziels die Heilmitteltherapie fortzu-
führen oder andere Maßnahmen einzuleiten.
Liegen solche anderen Maßnahmen außer-
halb der von der zahnärztlichen Approbation
umfassten Möglichkeiten, ist der Versicherte
auf weitergehende Maßnahmen im Rah-
men einer vertragsärztlichen Behandlung
zu verweisen. Die Verordnung außerhalb
des Regelfalls bedarf einer gesonderten
Genehmigung durch die Krankenkasse. Die
Krankenkasse hat jedoch die Möglichkeit,
auf dieses Genehmigungsverfahren grund-
sätzlich zu verzichten. Sie informiert hierüber
die Kassenzahnärztliche Vereinigung.
Beim Therapeuten oder zu Hause beim Pa-
tienten? Der Ort der Leistungserbringung
Grundsätzlich sind Heilmittel in der Praxis
des Therapeuten zu erbringen. Wenn der
Patient jedoch aus medizinischen Gründen
den Therapeuten nicht aufsuchen kann oder
wenn medizinische Gründe dies zwingend
erforderlich machen, kann der Vertrags-
zahnarzt auch einen Hausbesuch verordnen.
Hierfür kann er eine gesonderte Angabe auf
dem Verordnungsformular machen. Unter
den Begriff des Hausbesuchs fallen sowohl die
Wohnung der Patienten als auch Senioren-
oder Pflegeheime, sofern die Patienten dort
im Sinne einer Wohnung leben und dort ih-
ren Lebensmittelpunkt haben. Medizinische
Gründe einer Heilmitteltherapie in der häus-
lichen Umgebung liegen insbesondere bei
einer (auch vorübergehenden) Immobilität
des Patienten vor, wenn er etwa (noch)
nicht in der Lage ist, die Praxis des Thera-
peuten aufzusuchen. Die Feststellung der
Immobilität trifft der Vertragszahnarzt in
eigenem Ermessen. Zur Orientierung der
Feststellung einer vorübergehenden oder
dauerhaften Immobilität können hier die
Regelungen zur Verordnung von Kranken-
beförderungsleistungen (Krankentransport-
Richtlinie) herangezogen werden. Die Unter-
bringung eines Patienten in einer Einrichtung
(z. B. tagesstrukturierende Fördereinrichtung)
ist für sich genommen nicht bereits eine
Die Verordnung von
Maßnahmen zur
Physiotherapie und
zur physikalischen
Therapie ist unter
anderem möglich bei
Craniomandibulären
Störungen, beim
Chronifizierten
Schmerzsyndrom
und bei Lymph-
abflussstörungen.
Foto: T. Sander
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