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107, Nr. 12, 16.6.2017, (1416)
Dr. Karl-Georg Pochhammer
Stellvertretender Vorsitzender
des Vorstands der KZBV
Foto: Darchinger
”
Die Digitalisierung kann auch
uns Zahnärzten erhebliche
Vorteile bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ob wir es wollen oder nicht: Wir leben in
einer Welt, in der digitale Anwendungen
unsere private Lebensrealität bereits viel-
fältig durchdrungen haben. Dafür muss
man nicht stetig die neuesten digitalen
Produkte kaufen. Selbst Behörden bestehen
bereits auf Online-Anmeldungen für Termine
in den Bürgerämtern, und dies nicht nur in
Berlin. Dafür muss man auch seit Langem
nicht mehr zu Hause oder im Büro sitzen,
um vom dortigen Computer diese Aufgaben
zu erledigen, sondern in der überwiegenden
Mehrzahl erfolgt dies heutzutage mit mobilen
Anwendungen. Egal ob Buchungen von Bahn-,
Bus- und Parktickets oder auch das Bezahlen
der Einkäufe per Handy – das Smartphone
ist unser ständiger Begleiter und die Zahl
derer, die mit dem ganzen „elektronischen
Tüttelkram“ nichts zu tun haben wollen, ist
mittlerweile verschwindend gering.
Wenn allerdings die Digitalisierung auf unsere
berufliche Realität trifft, ist unser Berufsstand
eher zweigeteilt: Alle digitalen Anwendungen,
die innerhalb der Mauern unserer Praxis
Verwendung finden, sind okay. Alles, was
digital von der Praxis nach außen geht oder
von außen in die Praxis kommt, wird über-
aus kritisch gesehen.
Ist das nicht merkwürdig? Wir alle arbeiten
mit digitalen Praxisverwaltungssystemen,
implementieren in unseren Praxen zunehmend
digitale Anwendungen, vernetzen diese zu
digitalen Workflows, binden unsere Patienten
in den digital basierten Entscheidungs-
prozess ein und sind bereits vielfach in der
Lage – in time und chairside, wie es so
schön heißt – ZE zu fertigen und den
Patienten damit zeitgleich zu versorgen. Wenn
es aber um digitale Anwendungen geht,
die der Kommunikation und dem Daten-
abgleich dienen, sind selbst so „rurale“
Techniken wie die Telematikinfrastruktur
und die eGK im Kollegenkreis ausgesprochen
negativ konnotiert. Natürlich hat sich
die gematik (und nicht zu vergessen die
Industrie) bei der Entwicklung und der
technischen Umsetzung einer sicheren
digitalen Infrastruktur für das Gesundheits-
wesen nicht gerade mit Ruhm bekleckert.
Aber deswegen ist per se nicht die Digitali-
sierung schlecht, sondern allenfalls deren
Umsetzung. Fragt man zum Beispiel Ärzte,
die sich in Ärztenetzen zusammengefunden
haben, nach der Berufszufriedenheit, so ist
diese dann deutlich gestiegen, wenn die
Patientenversorgung in der kollegialen Zu-
sammenarbeit bessere Ergebnisse gezeitigt
hat. Und das bei geringeren Kosten für die
Krankenkassen, gesunkenen Zeitaufwänden
für die Kollegen und einer Erfolgsbeteiligung
an den generierten Einsparungen. Das
Rückgrat eines jeden Netzes ist die ePA, die
sogenannte elektronische Patientenakte,
sowie eine entsprechende Praxis-IT samt
einer sicheren Vernetzung (VPN), die allen
beteiligten Kollegen jederzeit den vollen
Überblick über die Behandlungssituation
des Patienten gibt. Und die so intelligent
programmiert ist, dass Wirtschaftlichkeits-
reserven auch von den Kolleginnen und
Kollegen gemeinsam gehoben werden kön-
nen, ohne dass der Patient irgendwelche
Behandlungsnachteile in Kauf nehmen muss.
Daher wird auch an einer ePA in Zukunft
kein Weg vorbeiführen.
Selbst wenn durch die Besonderheit der
Zahnmedizin Netze und Verbünde im Ver-
gleich zu den Humanmedizinern nicht die
gleichen Vorteile versprechen, so kann die
Digitalisierung auch Zahnärztinnen und
Zahnärzten erhebliche Vorteile bringen.
Entlastung zum Beispiel. Denn elektronische
Genehmigungsverfahren können den büro-
kratischen Aufwand und Zeitverbrauch
erheblich reduzieren. Gleiches gilt für
elektronische Abrechnungsverfahren. Ob
Videosprechstunden für Zahnärzte Sinn
machen, sei an dieser Stelle dahingestellt.
Fakt ist allerdings, dass Patienten zunehmend
elektronische Kanäle für die Kommunikation
mit ihrem Zahnarzt oder Arzt nutzen. Da
werden Fotos per Smartphone verschickt
samt der Frage nach Rat bei Beschwerden.
Die Krux: Genau diese Übermittlungen sind
unverschlüsselt …
Die KZBV hat sich für die nächsten Jahre die
Digitalisierung ins Programm geschrieben.
Dazu gehört, Mindeststandards für eine
sichere Kommunikation durchzusetzen.
Denn schlussendlich steht das Vertrauens-
verhältnis zwischen Zahnarzt und Patient
über allem und damit der Schutz der
Patientendaten.
Die Chancen der digitalen Kommunikation nutzen
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Leitartikel