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107, Nr. 1, 1.1.2017, (31)
Titan-basierte
Dentalimplantate
Enossale Implantate bestehen hauptsächlich
aus Reintitan (cpTi) – sogenannte „Grade 4“
– oder einer Titanlegierung (Ti-6Al-4V) –
sogenannte „Grade 5“. Die Makrostruktur
stellt meist eine Schraubenform dar. Die
Mikrostrukturen von Implantatoberflächen
weisen geringe (0,5 bis 1 Micrometer),
mittlere (1 bis 2 Micrometer) oder große
Rauhigkeiten (> 2 Micrometer) auf und wer-
den durch substraktive Maßnahmen (Sand-
strahlen, Säureätzen und/oder Laserstruktu-
rierung) hergestellt [Albrektsson, 2004].
Die hervorragenden biokompatiblen Eigen-
schaften der Titanmaterialien werden auf
die Passivierung der Oberfläche mit einer
sehr stabilen Oxidschicht aus verschiedenen
Oxiden von TiO, TiO
2
und Ti
2
O
5
zurück-
geführt. Die Korrosionsbeständigkeit des
Reintitans und von Titanlegierungen kann
generell als ausgezeichnet bezeichnet wer-
den [Zitter, 1990].
Obgleich periimplantäre Ablagerungen von
Titanpartikeln schon lange beobachtet wer-
den, können keine negativen Auswirkungen
durch Korrosion nachgewiesen werden
[Fretwurst, 2016; Schliephake, 1989].
Die Integration der Titankörper wird mit einer
Erfolgsaussicht > 95 Prozent beschrieben
und wird als sogenannte Osseointegration
definiert. Darunter versteht man die struk-
turelle und funktionelle Direktverbindung
zwischen der alloplastischen Implantatober-
fläche und umgebendem, vitalem Knochen-
gewebe. Es kommt dabei zur direkten
Knochenapposition an die Titanoberfläche
und nachfolgend zu strukturellen Knochen-
gewebeanpassungen an biomechanische
Belastungen [Branemark, 1985; Schenk,
2006]. Im Gegensatz dazu wird die binde-
gewebige Einscheidung als alleinige Folge
der Materialanwesenheit als Fremdkörper-
reaktion angesehen. Die Einwirkung von re-
lativ schwachen Kräften in der Einheilphase
kann durch mechanische Schädigung den
Prozess der Osseointegration unterbinden
und ebenfalls zur bindegewebigen Ein-
scheidung führen. Chemisch-toxische Schä-
digungen von Lagergewebe im Sinne einer
Metalllose wurden bisher unseres Wissens
in Verbindung mit Titanimplantaten in der
Literatur nicht beschrieben.
Titanunverträglichkeit
und Titan-Allergie
Die an sich sehr stabile Oxidschicht kann
beeinträchtigt werden und Korrosion er-
möglichen. Dieses kann geschehen durch:
\
elektrochemische Faktoren,
\
einen niedrigen pH der Umgebung,
\
Sauerstoffmangel,
\
eine mechanische Verletzung.
Auch Titan-basierte Implantate setzen bei
gelenkbildenden Implantaten Partikel frei,
die zu lokalen Gewebereaktionen führen
können. Verschiedene Autoren berichten,
dass bei Menschen wie bei Versuchstieren
Titan periimplantär, in regionalen Lymph-
knoten oder im Blut nachweisbar ist [Jacobs,
1991]. Dass neben den bei Endoprothetik
viel beforschten CoCrMo-Partikeln auch
Titanpartikel zu einer periimplantären Ent-
zündung führen können – und eine ent-
sprechende In-vitro-Zytokinfreisetzung zu
beobachten ist, wurde schon von etlichen
Arbeitsgruppen beschrieben, so beispiels-
weise von Cadosch und Mitarbeitern in
Zürich [Cadosch, 2010; Cadosch, 2009]. In
der Mundhöhle besteht ja eher ein Toleranz-
Abbildung 1: Beispiele der Titan-
exposition des Organismus
Quelle: Thomas
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