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107, Nr. 2, 16.1.2017, (122)

entnommenen Materials (Abbildung 5) er-

gab ein polymorphes low-grade Adeno-

karzinom mit monomorphen Zellen sowie

runden bis ovalären Zellkernen bei fein-

körnigem Chromatin (Abbildung 6). Gemäß

Beschluss des interdisziplinären Tumorboards

der Universitätsmedizin Rostock wurden

daher eine Nachresektion mit Entfernung

der Glandula sublingualis links, selektiver

Entnahme einzelner auffälliger Lymphknoten

in Level I-III links sowie eine primäre Weich-

teilrekonstruktion mittels mikrovaskulär

anastomosiertem Radialislappen vom Unter-

arm links durchgeführt (Abbildung 7). In

dem entnommenen Torus mandibulae, der

direkt dem Tumor anliegend war, ergab sich

kein Hinweis auf Malignität, sodass auf eine

weitere knöcherne Resektion verzichtet

werden konnte. Die endgültige histopatho-

logische Beurteilung ergab eine R0-Resektion

des bekannten Adenokarzinoms der Glan-

dula sublingualis (pT1 pN0 L0 V0 R0 low

grade). Bei einer Nachbeobachtungszeit

von nunmehr einem halben Jahr konnte

kein Anhalt auf Rezidive/Metastasen/Zweit-

karzinome gesehen werden.

Diskussion

Die Mehrzahl der Speicheldrüsentumore

entsteht in der Glandula parotis (80 Prozent)

beziehungsweise in der Glandula submandi-

bularis (15 Prozent). Nur ein kleiner Teil der

Speicheldrüsentumore entfällt damit auf die

Glandula sublingualis und auf die kleinen

Speicheldrüsen. Die überwiegende Zahl der

Tumore der großen Speicheldrüsen ist gut-

artig, während die Mehrheit der Tumore

der kleinen Speicheldrüsen bösartig ist.

Patienten berichten initial häufig über ein

Schwellungsgefühl, Schluckbehinderungen

und gegebenenfalls Schmerzen beim Essen.

Generell sollte jede Raumforderung im Be-

reich des Gaumens beziehungsweise nahe der

Speicheldrüsen unverzüglich diagnostisch

abgeklärt werden. Auch eine Größenände-

rung der Speicheldrüsen, die die Patienten

meist durch eine neu aufgetretene Asym-

metrie des Gesichts bemerken, ist ein dring-

licher Grund zu Abklärung.

Polymorphe low-grade Adenokarzinome

(PLGA) sind seltene Tumore der Speichel-

drüsen [Freedman and Lumerman, 1983;

Barnes et al., 2005], die in einem Großteil

der Fälle von den kleinen Speicheldrüsen

ausgehen und vor allem im Bereich des

weichen Gaumens auftreten [Hannen et al.,

2000].

Die erste Fallbeschreibung eines poly-

morphen low-grade Adenokarzinoms der

Glandula sublingualis erfolgte 1998 [Blan-

chaert et al., 1998]. Weniger als ein Prozent

aller intraoralen Speicheldrüsentumore sind

polymorphe low-grade Adenokarzinome

[Verma et al., 2014]. Die Patienten sind bei

Eder rstdiagnosestellung im Durchschnitt

58 Jahre alt (Alterspanne: 16 bis 86 Jahre)

[Elhakim et al., 2016] und es besteht – im

Gegensatz zum beschriebenen Fall – eine

Häufung des Auftretens beim weiblichen

Geschlecht.

Je nach Untersuchung findet sich ein Ver-

hältnis weiblicher zu männlichen Patienten

von 1,8 : 1 [Elhakim et al., 2016] bis 2,15 : 1

[Patel et al., 2015] mit einer durchschnitt-

lichen Ratio von 2 : 1 [Barnes et al., 2005].

Die PLGA weisen Lokalrezidivraten von elf

Prozent bis zu 33 Prozent [Seethala et al.,

2010; Kimple et al., 2014; Elhakim et al.,

2016] bei einer Fernmetastasierung in einem

bis vier Prozent der Fälle auf [Patel et al.,

2015; Elhakim et al., 2016], so dass eine

Lymphknotenausräumung nicht zwingend

notwendig ist. Es wurden aber auch Fälle

mit einer Fernmetastasierung in die Lunge

[Olusanya et al., 2011; Shah et al., 2015]

und Bauchwand [Thennavan et al., 2013]

beobachtet, wobei sich Metastasen eher bei

Tumorrezidiven als bei Primärfällen fanden

[Sato et al., 2001]. Die Zehn-Jahres-Über-

lebensrate beträgt 96 Prozent (Fünf-Jahres-

Überlebensrate annähernd 100 Prozent) mit

dem höchsten Risiko von Rezidiven in den

ersten fünf Jahren [Patel et al., 2015; Elhakim

et al., 2016]. Zur Diagnosesicherung sind

Probeexzisionen mit ausreichend Tumor-

material beziehungsweise die Resektion des

gesamten Befunds geboten, da auch Fälle von

gleichzeitigem Vorliegen von benignen und

malignen Speicheldrüsentumoren beschrieben

wurden [Kämmerer et al., 2009].

Die Therapie der Wahl ist die Tumorresektion

mit signifikant höheren Zehn-Jahres-Über-

lebensraten bei der alleinigen chirurgischen

Therapie (98 Prozent) beziehungsweise bei

kombiniert chirurgischer/adjuvanter Radio-

therapie (91 Prozent) gegenüber der alleini-

gen Radiotherapie (75 Prozent) [Patel et al.,

2015]. Diese Daten – vor allem die lokalen

Rezidivraten und die erhöhte Metastasie-

rungsrate im Rezidivfall – verdeutlichen die

Wichtigkeit einer R0-Resektion und der Tumor-

nachsorge. Generell sind polymorphe low-

grade Adenokarzinome bei entsprechend

früher Diagnosestellung und zeitnaher The-

rapie mit sehr gutem Erfolg therapierbar.

Dr. Dr. Michael Dau

Dr. Jan Liese

PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA

Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und

Plastische Gesichtschirurgie der Universitäts-

medizin Rostock

Schillingallee 35, 18057 Rostock

michael.dau@med.uni-rostock.de

\

Schwellungsgefühl, Schluckbehinde-

rungen und Schmerzen beim Essen

können auch Hinweis auf das Vorliegen

maligner Tumore sein.

\

Eine unverzügliche Abklärung von

Raumforderungen im Bereich des Gau-

mens beziehungsweise nahe der Speichel-

drüsen ist angezeigt.

\

Die Probebiopsie (Feinnadel- und/

oder Exzisionsbiopsie) muss ausreichend

Material enthalten, um die Dignität sicher

einstufen zu können.

\

Die chirurgische Entfernung eines

Adenokarzinoms der Speicheldrüsen ist

das therapeutische Mittel der Wahl.

Fazit für die Praxis

Für eine erfolgreich ge-

löste Fortbildung erhal-

ten Sie 2 CME-Punkte

der BZÄK/DGZMK.

Das Adenokarzinom

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