zm
107, Nr. 3, 1.2.2017, (227)
Assistenz bei der Malteser Migrantenmedi-
zin in Köln. Der Standort bietet eine zahn-
ärztliche Notfallversorgung für Menschen
ohne Krankenversicherung. Nahhas über-
setzt viel, die Patienten kommen in der
Regel mit akuten Beschwerden: Füllungen,
Wurzelkanalbehandlungen, Zahnersatzver-
sorgung und Extraktionen gehören zum
Therapiespektrum.
Wann sie Bescheid von den Behörden er-
hält? Zwei bis vier Monate muss sie sich
wohl noch gedulden. Die Zeit hat sie
genutzt, um sich in einer Praxis in Köln-
Junkersdorf einen Überblick über das Be-
handlungsspektrum, die Abrechnung und
die Therapiewege in Deutschland zu ver-
schaffen.
Wie es um ihre eigene Praxis in Aleppo
bestellt ist, weiß sie nicht. Das, was noch
übrig ist, wird von einem Kollegen vor Ort
gemanagt. Ihre Praxis war eine von zweien
in einem Bezirk, der direkt an der Frontlinie
lag. Bereits 2013 waren die Räumlichkeiten
zweimal vom Bombenhagel getroffen wor-
den. Die Nachbarpraxis war danach sofort
außer Betrieb. Gemeinsam mit Helfern
hat sie damals versucht, die Schäden zu
beseitigen.
Endlich wieder behandeln
– möglichst in Aleppo
Freunde, die noch in der zerstörten Stadt
ausharren, berichten ihr über das ab und an
funktionierende Internet unter anderem,
dass es nur noch Strom über Generatoren
gibt. Längst nicht alle Bewohner sind in
der Lage, Aleppo zu verlassen. Manche
sind zu gebrechlich, andere erhalten kein
Visum und für wieder andere ist es schlicht
zu gefährlich, der Stadt den Rücken zuzu-
kehren.
Wenn der Krieg in Syrien vorbei ist, möchte
Nahhas zurückgehen, um ihre Heimat mit
aufzubauen. Sie hofft, spätestens dann
endlich wieder behandeln und weiter auf
dem Gebiet Epidemiologie und Public
Health forschen zu können. „Die Menschen
in Syrien brauchen eine Gesundheitsversor-
gung, und wir jungen Leute müssen das
Land wieder aufbauen“, sagt Nahhas ab-
schließend.
Etwa drei Millionen Syrische Pfund würde
sie für den Wiederaufbau ihrer Praxis be-
nötigen – umgerechnet etwa 13.500 Euro.
Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt
der Arabischen Republik Syrien lag 2008
bei 2.579 US-Dollar pro Einwohner. In
Deutschland betrug das BIP pro Einwohner
2013 insgesamt 44.999 US-Dollar pro Ein-
wohner (Quelle: Wikipedia).
sf
Zahnärztin Nouha Nahhas (30) arbeitete in
ihrer Praxis mitten in Aleppo bis März 2014.
Mittlerweile lebt sie in Deutschland.
Der syrisch-stämmige Oberarzt Dr. Mo-
hammad Alkilzy von der Kinderzahnklinik
an der Universität Greifswald hat einen
alten Rettungswagen zur rollenden Zahn-
arztpraxis umbauen lassen, um Flüchtlinge
an der türkisch-syrischen Grenze zahnme-
dizinisch zu behandeln. Eine großzügige
Spende von Familie Giermann aus
Hennigsdorf bei Berlin ermöglichte den
Umbau zur mobilen Zahnklinik durch die
Firma Wometra. Dank der Spenden von
weiteren Unterstützern – etwa der Stif-
tung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte, den
Schülern der Montessori-Schule Greifs-
wald, dem Verein für Zahnhygiene und
mehrerer Dentalfirmen wie Henry Schein,
VOCO und Credentis – konnte das Zahn-
mobil dann mit Gerätschaften und
Materialien ausgestattet werden.
Das Zahnmobil wird dringend gebraucht –
Tausende Familien im Grenzgebiet leben
immer noch in Zeltlagern mit geringer
medizinischer Versorgung. „Die zahnärzt-
liche Versorgung im Land ist seit dem Aus-
bruch des Bürgerkriegs katastrophal“, wird
der Oberarzt auf der Seite des zugehöri-
gen Vereins Lien e.V. zitiert. Viele syrische
Zahnärzte hätten ihr Land verlassen. Für
die Verbliebenen seien die Kosten für
zahnärztliche Materialien drastisch gestie-
gen. Und in Flüchtlingscamps gebe es
meist überhaupt keine Möglichkeit, Zahn-
probleme behandeln zu lassen.
Auf Nachfrage der zm erklärte Alkilzy, dass
die Behandler im Zahnmobil aktuell etwa
350 Patienten pro Monat versorgen: „Bei
der Planung des Projekts wollten wir frei-
willige Zahnärzte zum Einsatz bringen, aber
aus Sicherheitsgründen für das Personal
haben wir beschlossen, einen Zahnarzt und
eine Helferin aus der Region anzustellen.
Beide werden bezahlt und arbeiten der-
zeit fünf halbe Tage in der Woche, immer
abhängig von der Finanzierung.“
Wichtig bei einer Spende ist die Angabe
„Zahnmobil“ als Verwendungszweck, weil
der Verein noch weitere Projekte unter-
stützt – so kommt das Geld auch an. Für
Spenden bis 200,- Euro benötigen Sie
keine Spendenbescheinigung. Es ge-
nügt, wenn Sie Ihren Kontoauszug
beim Finanzamt einreichen.
sf
Spendenkonto:
Lien e.V.
Stichwort „Zahnmobil“
IBAN: DE 36100 100 10 0088 354100
BIC: PBNKDEFF
Kontakt:
alkilzy@lien-for-syrians.com www.lien-for-syrians.comEin Zahnmobil für Syrien
H
ILFSPROJEKT
Foto: Lien e.V.
29