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107, Nr. 3, 1.2.2017, (228)
Bereits im Vorfeld der Anhörung hatte der
Vorsitzende der KZBV, Dr. Wolfgang Eßer,
seine Kritik auf den Punkt gebracht: „Allein
der zeitlich vorgegebene Rahmen von lediglich
90 Minuten macht es angesichts des Umfangs
und der Tragweite der vorgesehenen gesetz-
lichen Maßnahmen bereits unmöglich, eine
inhaltlich differenzierte und auf alle relevanten
Punkte abzielende Kritik vorzubringen. Statt-
dessen lässt diese Anhörung erkennen, dass der
Gesetzgeber von vornherein nicht mehr be-
absichtigt, unsere berechtigten Anliegen ernst
zu nehmen und das geplante Gesetz noch mal
einer gründlichen Prüfung zu unterziehen.“
Ganze fünf Minuten Zeit
Eßers Einschätzung sollte sich bewahrheiten:
Ganze fünf Minuten bekamen er und der Vor-
sitzende der KZBV-Vertreterversammlung, Dr.
Karl-Friedrich Rommel, um den Mitgliedern
des Gesundheitsausschusses ihre Position
darzulegen. Eine umfangreiche schriftliche
Stellungnahme zum Gesetzentwurf hatte
die KZBV bereits vorher abgegeben.
Rommel wurde von der Unionsfraktion zu
zwei Sachverhalten befragt: Zum einen, wie
er die im Entwurf geplante Regelung bewerte,
dass bei haftungsrechtlicher Bedeutung des
Abstimmungsverhaltens die Vertreterver-
sammlung immer namentlich abstimmen soll.
Rommel antwortete, er halte die verbindliche
Anordnung der namentlichen Abstimmung für
hochproblematisch. Sie verletze demokratische
Grundsätze und sei verfassungsrechtlich be-
denklich. Die KZBV plädiere daher dafür, auf die
Regelung zu verzichten. Sollte daran festge-
halten werden, sollte sie sich auf Verträge von
wirtschaftlicher Bedeutung wie Grundstücks-
oder Vorstandsdienstverträge beschränken.
Zudem wurde Rommel gefragt, warum die KZBV
die geplante Änderungen zur Verbesserung der
Transparenz ablehne. Er erklärte, hohe Stan-
dards in der Verwaltungsorganisation sowie
interne Transparenzpflichten und Kontroll-
mechanismen erachte die KZBV als Selbst-
verständlichkeit. Verantwortungsvolles Ver-
waltungshandeln sei für die KZBV immer
höchstes Gut und Richtschnur für ihr Han-
deln. Die VV sei über Angelegenheiten der
Körperschaft anlässlich der VV-Sitzungen bereits
jetzt informiert, auch in schriftlicher Form.
Eßer nahm Stellung zu der Frage der SPD-
Fraktion, wie die KZBV die Forderung des
Haushaltsausschusses des Bundestags zur
Einräumung von Prüfrechten für den Bun-
desrechnungshof bewerte. Er wies die For-
derung entschieden zurück, KZVen und die
KZBV unterlägen bereits jetzt einem eng-
maschigen Netz von Aufsichtsmaßnahmen.
Eine unkoordinierte Prüfung identischer
Sachverhalte von verschiedenen Prüfungs-
einrichtungen führe notwendigerweise zu
divergierenden Ergebnissen, die mit keinem
zusätzlichen Erkenntnisgewinn verbunden
seien, führte er aus. Parallele Prüfverfahren
führten überdies zu unwirtschaftlichen Auf-
wendungen, die es zu vermeiden gelte.
Ablehnung auf breiter Front
Auch die Vertreter der anderen Verbände und
die Sachverständigen sprachen sich über-
wiegend gegen das geplante Gesetz aus: Die
Anhörung zum GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz
„Der Name bleibt eine Farce“
90 Minuten – für alle Verbände und Einzelsachverständigen zusammen –, um vor dem Gesundheitsausschuss ihre Positionen
zum sogenannten GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz darzulegen: Die Hoffnungen auf eine offene Anhörung wurden
am 16. Januar enttäuscht, die Einwände führten mitnichten zu einer gründlichen Diskussion. Es bleibt der dringende Appell,
den Gesetzentwurf zurückzuziehen oder wenigstens zu überarbeiten.
„
Ein trauriger Tag für die Selbstverwal-
tung und das deutsche Gesundheits-
wesen! Insgesamt nahmen sich die
Parlamentarier nur 90 Minuten Zeit, um
den geladenen 15 Sachverständigen der
Selbstverwaltungskörperschaften und
den drei Einzelsachverständigen Gele-
genheit zur Stellungnahme zu diesem
Gesetzentwurf zu geben, mit dem die
Selbstverwaltung im deutschen Ge-
sundheitswesen bis an die Grenzen des
Vertretbaren geschwächt werden wird.
Lediglich 5 Minuten und 30 Sekunden
wurden der KZBV zur Beantwortung
konkreter Fragen zur Verfügung ge-
stellt. Mein Eindruck hat sich heute
verfestigt, dass die Selbstverwaltung
im deutschen Gesundheitswesen zu-
künftig kaum noch mit Unterstützung
aus der Politik rechnen darf. Ein insge-
samt sehr trauriger Tag.“
\
„Ein trauriger Tag für die
Selbstverwaltung“
Dr. Wolfgang Eßer
Der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer (l.) und der VV-Vorsitzende Dr. Karl-Friedrich Rommel
bei der Anhörung im Bundestags-Gesundheitsausschuss
Foto: zm-pr
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