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zm

107, Nr. 6, 16.3.2017, (638)

die sich in Form von „self-assembled nano-

layers“ [Yoshida et al., 2012] ablagern. Seit-

dem das Patent der Firma Kuraray für

10-MDP ausgelaufen ist, verwenden zahl-

reiche Hersteller dieses funktionelle Mono-

mer in ihren Adhäsiven. Die Qualität der an-

gesprochenen Ionenbindung scheint aller-

dings von der Reinheit des verwendeten

10-MDP abzuhängen und damit stark pro-

duktabhängig zu sein [Yoshihara et al.,

2015].

Das Prinzip der Selbstkonditionierung

(Ab-

bildung 1b)

stellt für die restaurative Thera-

pie eine große Bereicherung dar. Die mit

dem Verzicht auf PS-Ätzung verbundene

Zeitersparnis beschleunigt den Behand-

lungsablauf und erleichtert damit speziell

bei Patienten mit eingeschränkter Belast-

barkeit die Kontaminationskontrolle bis zur

Aushärtung des Füllungsmaterials. An un-

übersichtlichen, schwer zugänglichen Stellen

fällt dieser Vorteil stark ins Gewicht.

Auch bei den SE-Bondingsystemen unter-

scheidet man Zwei-Schritt-Systeme (SE-2S),

bei denen sich der hydrophile Primer und

das hydrophobe Adhäsiv in separaten

Fläschchen befinden, und Ein-Schritt-

Systeme (SE-1S), sogenannte All-in-one-

Adhäsive, die alle drei Funktionen (Condi-

tioner, Primer, Adhäsiv) in sich vereinigen.

Selbstkonditionierung ist jedoch nicht gleich

Selbstkonditionierung. Vielmehr unter-

scheiden sich SE-2S- und SE-1S-Systeme in

ihrer Performance ganz erheblich.

Da es sich bei den Universaladhäsiven

(Abbildung 2)

in der Regel um die Weiter-

entwicklung von All-in-one-Adhäsiven han-

delt, sollen diese zunächst etwas genauer

unter die Lupe genommen werden. In der

Regel zeigen All-in-Adhäsive im Vergleich zu

SE-2S-Systemen sowohl geringere initiale

Haftfestigkeiten als auch eine reduzierte

Langzeitbeständigkeit. Postoperative Hyper-

sensibilitäten wurden bei Verwendung von

SE-2S-Systemen seltener beobachtet als bei

ER-2S-Systemen [Unemori et al., 2004], wäh-

rend zumindest mit den ersten All-in-one-

Adhäsiven keine Herabsetzung der Dentin-

permeabilität erzielt werden konnte [Cher-

soni et al., 2004]. Auch der geringere Be-

handlereinfluss auf die Qualität der Dentin-

haftung trifft wohl eher für SE-2S-Systeme zu

[Miyazaki et al., 2000] als für SE-1S-Adhäsive

[eigene unveröffentlichte Messungen].

Nach vierjähriger Wasserlagerung mit

Thermocycling zeigten die untersuchten

All-in-one-Adhäsive mehrheitlich eine signi-

fikante Verschlechterung der Randschluss-

qualität im Dentin, während die Rand-

qualität bei den untersuchten SE-2S-Syste-

men (Clearfil SE Bond, OptiBond XTR) auf

hohem Niveau stabil blieb [Blunck und

Preissner, 2015].

Die Probleme der All-in-one-Adhäsive lassen

sich auf ihre komplexe chemische Zusammen-

setzung zurückführen, die dem Anspruch

geschuldet ist, alle Funktionen eines Bon-

dingsystems in sich zu vereinen:

\

Das für die Dissoziation der Säuregruppen

erforderliche Wasser kann (vor allem bei

ungenügender Trocknung) in der Adhäsiv-

schicht verbleiben und dort eine hydro-

lytische Zersetzung verursachen. Dazu kann

auch eine Wasseraufnahme ins hydrophile

Polymer beitragen.

\

Der HEMA-Gehalt von SE-1S-Adhäsiven

spielt eine ambivalente Rolle: Bei HEMA-

armen Produkten kommt es leicht zu einer

Phasentrennung zwischen Wasser und hydro-

phoben Komponenten. Dafür absorbieren

HEMA-reiche Polymere verstärkt Wasser aus

dem Dentin.

\

All-in-one-Adhäsive weisen einen relativ

niedrigen Polymerisationsgrad und damit

Abbildung 2: Auswahl aktuell handelsüblicher Universaladhäsive, überwiegend als Ein-Flaschen-

Darreichung

Foto: Haller

Der Einsatz der Adhäsive erstreckt sich von

der Fissurenversiegelung über direkte Res-

taurationen im Front- oder im Seitenzahn-

bereich über Aufbaurestaurationen bis zur

Adhäsivbefestigung von indirekten Restau-

rationen, Wurzelkanalstiften und Zahnersatz.

Weitere Anwendungen ergeben sich bei

der Reparatur defekter Restaurationen.

Bislang werden für viele dieser sehr unter-

schiedlichen Einsatzbereiche unterschied-

liche Haftvermittler angeboten. Die indi-

kationsabhängige Vielfalt im „Bonding-

Dschungel“ kann allerdings zu Problemen

führen. Kommen in einer Praxis mehrere

Bondingsysteme mit abweichenden Lager-

bedingungen und Verarbeitungsproto-

kollen zum Einsatz, kann dies leicht zu

Verwechslungen führen und die Kontrolle

über die verschiedenen Verfallsdaten er-

schweren.

Fragen ergeben sich auch angesichts der

unterschiedlichen Arten der Konditionie-

rung: gleichzeitige Phosphorsäure(PS)-

Ätzung von Schmelz und Dentin (Etch-

and-Rinse, ER), Selbstkonditionierung von

Schmelz und Dentin (Self-Etch, SE) oder

selektive PS-Ätzung des Schmelzes mit

anschließendem SE auf Dentin (SelE).

Muss man sich für jede Ätztechnik ein

anderes Bondingsystem zulegen? Mit

Bondingsystemen, die alle Indikationen

abdecken, könnten viele der ange-

sprochenen Probleme gelöst werden.

Universaladhäsive oder „multi-modale

Adhäsive“ versuchen, diesem Anspruch

gerecht zu werden.

\

Einsatzbereiche

Adhäsive

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Standortbestimmung Universaladhäsive Teil 1