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zm

107, Nr. 9, 1.5.2017, (1109)

einerseits die Weiterführung seines Lebens-

werks und andererseits den Wunsch, die

Patienten gut versorgt zu wissen und dabei

den Nachfolger zu unterstützen. Abgeber

möchten zudem vielfach nicht abrupt die

zahnärztliche Tätigkeit einstellen. Sie kann

mit einer gemeinsamen Zeit – auch mit fle-

xiblem Ende oder in sich vermindernder

Teilzeit – fortgesetzt werden, ohne dass der

Abgeber weiterhin die wirtschaftliche Ver-

antwortung der Praxis tragen muss. Schließ-

lich kann er auf diesem Weg am einfachsten

für noch von ihm abgerechnete Leistungen

Nacharbeiten oder Neuanfertigungen aus-

führen.

Die kalte Übergabe

Es gibt jedoch Konstellationen, in denen

eine warme Übergabe nicht von Interesse

ist. Dies betrifft Fälle, in denen der Über-

nehmer nur am Standort (etwa wegen einer

besonderen Lage) interessiert ist oder der

Abgeber seine zahnärztliche Tätigkeit nicht

mehr fortsetzen kann oder will. Manchmal

wird erkennbar, dass die Parteien einen

schlechten persönlichen Draht zueinander

haben. In solchen Fällen macht es wenig

Sinn, eine gemeinsame Praxiszeit durchzu-

führen.

Schwierigkeiten in der Praxis:

In der

alltäglichen Umsetzung zeigen sich mitun-

ter Probleme einer Zusammenarbeit.

So kann es für Abgeber

ein schwieriger Schritt

sein, die Stellung als

Chef aufzugeben und

die Rolle eines Angestell-

ten einzunehmen.

Umgekehrt kann die

Entwicklung des Über-

nehmers von einem An-

gestellten zu einem all-

verantwortlichen Chef

genauso schwierig sein.

Hier müssen beide

Seiten bereit sein, sich in

die jeweils neue Rolle

angemessen einzufin-

den und sich wechsel-

seitig zu unterstützen.

Im Idealfall werden die

neuen Rollen gemein-

sam dem Personal vermittelt. Gelingt dies

nicht, treten Reibereien auf, die bisweilen

nicht nur den Mitarbeitern, sondern auch

dem Patientenstamm bekannt werden. In

diesem Fall hat die gemeinsame Zeit nicht

nur ihr Ziel verfehlt, sondern es ins Gegen-

teil verkehrt.

Fazit

Die größten Schwierigkeiten respektive

Argumente gegen eine gemeinsame Praxis-

zeit liegen in den persönlichen Strukturen

der Beteiligten und deren etwaiger Inkom-

patibilität. Da sich beide Seiten ihre Position

schon zu einem Zeitpunkt rechtsverbindlich

sichern wollen und müssen, an dem die

Phase der „warmen Hand“ noch nicht ein-

mal begonnen hat, ist es unerlässlich, ver-

tragliche Regelungen für den Fall des Schei-

terns zu treffen.

Beide Seiten müssen wissen, dass die

„warme Hand“ lediglich ein Versuch ist, die

immateriellen Praxiswerte optimal zu über-

tragen. Das klappt nicht immer. Zumeist

lohnt es sich aber, den Versuch anzugehen.

Wenn die warme Hand gelingt, stellt dies

meines Erachtens die ideale Umsetzung der

Praxisübergabe für den Abgeber, für den

Übernehmer und regelmäßig auch für die

Patienten dar.

Carsten Wiedey

Fachanwalt für Medizinrecht

www.arztanwalt.com

Foto: zm-mg

Die Übernahme einer Einzelpraxis war

auch 2015 die favorisierte Form der Exis-

tenzgründung: Laut dem jüngsten Invest-

Monitor des Instituts der Deutschen

Zahnärzte (IDZ) entschieden sich 65

Prozent der zahnärztlichen Gründer für

diesen Weg in die Selbstständigkeit. Zum

Vergleich: Lediglich 7 Prozent gründeten

eine Einzelpraxis.

28 Prozent entfielen auf Neugründun-

gen, Übernahmen sowie Bei- oder Eintrit-

te in Berufsausübungsgemeinschaften.

Das durchschnittliche Investitionsvolu-

men für die Übernahme einer Einzelpraxis

belief sich 2015 auf 273.000 Euro plus

Betriebsmittelkredit von 53.000 Euro und

lag damit etwa auf dem Niveau der Vor-

jahresvergleichswerte von 265.000 bezie-

hungsweise 58.000 Euro.

Insgesamt wurden 2015 im Durchschnitt

124.000 Euro (2014: 110.000) für den

Goodwill und 48.000 Euro (2014:

53.000) für den Substanzwert aufgewen-

det. Die restlichen Positionen waren

Modernisierungs- und Umbaumaßnah-

men (6 Prozent), medizinisch-technische

Geräte und Einrichtung (18 Prozent),

sonstige Investitionen (7 Prozent) sowie

der Betriebsmittelkredit (16 Prozent).

Zahnärztinnen investierten bei ihren

Übernahmen deutlich weniger. Ihr Finan-

zierungsvolumen lag mit 290.000 Euro

inklusive Betriebsmitteln erheblich unter

dem Durchschnittsbetrag ihrer männli-

chen Kollegen (357.000 Euro).

Ungleich teurer als eine Übernahme ist

die Neugründung einer Einzelpraxis. Sie

kostete 2015 durchschnittlich 484.000

Euro. Die größte Position war hierbei die

Anschaffung von medizinisch-techni-

schen Geräten (59 Prozent). Jeweils 14

Prozent entfielen auf Modernisierungs-

und Umbaumaßnahmen sowie sonstige

Investitionen. Der Betriebsmittelkredit lag

durchschnittlich bei 63.000 Euro, was ei-

nem Anteil von 13 Prozent entsprach.

Für den InvestMonitor 2015 wurden vom

IDZ und von der Deutschen Apotheker-

und Ärztebank (apoBank) 521 im Jahr

2015 von der Bank abgewickelte Finan-

zierungsfälle ausgewertet. Die Studien-

autoren weisen darauf hin, dass es sich

bei den untersuchten Fällen weder um

eine repräsentative Stichprobe noch um

eine Vollerhebung handelt.

Aufgrund des hohen Marktanteils der

apoBank im Segment der zahnärztlichen

Existenzgründung ließen sich jedoch

zumindest für die alten Bundesländer ein-

geschränkt allgemeingültige Aussagen

treffen.

Aufgrund der geringen Zahl erfasster

Finanzierungsfälle sind für die neuen Bun-

desländern hingegen lediglich Trends-

aussagen möglich.

mg

Die Übernahme bleibt die häufigste Form der Gründung

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