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zm

107, Nr. 12, 16.6.2017, (1427)

Eßer:

Unseren Gesundheitsminister davon

zu überzeugen, die demokratischen Struk-

turen der Zahnärzteschaft innerhalb der

Selbstverwaltung zu erhalten.

Welche Probleme muss ein Gesund-

heitsminister aus Sicht der Zahnärzte-

schaft lösen?

Pochhammer:

Unser Vorstandsvorsitzender

hat es gerade gesagt!

Was macht vor diesem Hintergrund

gute Standespolitik aus?

Hendges:

Wir bewegen uns im Spannungs-

feld von internen und externen Themen.

Vor diesem Hintergrund bedeutet moderne

und gute Standespolitik, dass wir unsere

Forderungen festlegen und eigene Versor-

?

?

Insbesondere vulnerable Gruppen wie alte

Menschen, Pflegebedürftige und kleine Kin-

der brauchen hier verlässliche Fürsprecher.

Unterstützung erwarten wir auch bei der

Neuausrichtung der Parodontitistherapie,

um diese Volkskrankheit rechtzeitig einzu-

dämmen.

Pochhammer:

Unsere Konzepte sind Erfolgs-

modelle – das belegen schon allein die Er-

gebnisse der Studien zur Mundgesundheit,

allen voran die aktuelle DMS V. Aber noch

einmal: Ohne die notwendigen Freiräume

und das damit einhergehende Vertrauen

sind wir nicht in der Lage, diesen fachlichen

Output für die Gesellschaft zu liefern und

die zahnmedizinische Versorgung weiter

voranzutreiben.

Wie wollen Sie denn die Politik

davon überzeugen,

dass die

Parodontitistherapie als Standard

etabliert werden muss, wenn das

IQWiG – das Institut für Qualität und

Wirtschaftlichkeit im Gesundheits-

wesen – ihr fast keinerlei Nutzen

attestiert?

Eßer:

Das IQWiG wurde ja beauftragt, die

bestehenden Regelungen zur Parodontitis-

therapie zu überprüfen – mit dem bekann-

ten Ergebnis, dass angeblich nahezu keine

positiven Belege zumNutzen existieren. Das

ist aus unserer Sicht allerdings überhaupt

nicht nachvollziehbar, weil das IQWiG bei

seiner Bewertung einfach zahlreiche inter-

nationale Studien ignoriert hat – und damit

wissenschaftlich international anerkannten

Versorgungsformen den Nutzen fast per se

abspricht.

Dies wirft generell die Frage auf, ob die

starren Methoden des IQWiG zur Nutzen-

bewertung von Arzneimitteln überhaupt

auf nicht-medikamentöse Therapien in der

Human- und Zahnmedizin sinnhaft ange-

wendet werden können. Denn wenn überall

auf der Welt der Nutzen dieser Therapie-

verfahren als wissenschaftlich belegt gilt, ist

es doch schleierhaft, warum ausgerechnet

in Deutschland ein Institut zu diametral

anderen Ergebnissen kommt.

Worin sehen Sie als Vorstandsvorsit-

zender die größte Herausforderung?

?

?

gungskonzepte auf Basis der Beschlüsse

der Vertreterversammlung entwickeln. Aber

auch, dass wir die Positionen der Politik –

zum Beispiel die Wahlprogramme der Par-

teien – kritisch würdigen.

Zusammengefasst findet man diese Eck-

punkte in der „Agenda Mundgesundheit

2017–2021“, die in unserer Vertreter-

versammlung im Juni abgestimmt werden

soll. Ob man im Rahmen einer Standort-

bestimmung auf unser im EU-Vergleich

hohes Versorgungsniveau blickt oder das

Steuerungsinstrument der befundorientier-

ten Festzuschüsse bei ZE nennt: Letzt-

endlich sind das alles Beweise für kreatives

Handeln und Gestalten seitens der Standes-

politik – auf denen man sich aber natürlich

nicht ausruhen darf. Deshalb werden wir

uns auch in der anstehenden Amtsperiode

den zahlreichen neuen Herausforderungen

an den Berufsstand und die Standespolitik

stellen.

Die drei Ds – Demografie, Digitalisie-

rung und Datenschutz stehen ganz

oben auf der Agenda der KZBV.

Inwiefern wird sich die Arbeit des

Zahnarztes durch diese Ds verändern?

Pochhammer:

Stichwort Demografie: Der

Zahnarzt wird zunehmend alte Patienten

mit ihren altersbedingten Erkrankungen be-

handeln. Das heißt, die Praxen werden sich

mehr und mehr – auch unter den Gesichts-

punkten der Barrierefreiheit und Patienten-

ansprache – auf diese Klientel einstellen.

Digitalisierung: Bildgebende Verfahren und

die fortschreitende Vernetzung werden

Diagnostik und Therapie und damit auch

den Praxisalltag grundlegend verändern.

Und Datensicherheit: Wir leben heute

längst in einer digitalisierten Welt, aber die

Rechtsprechung hinkt mit ihren analogen

Regelungen total hinterher. Nehmen wir als

Beispiel die Gesundheitsapps: Viele Anbieter

informieren die Nutzer überhaupt nicht

darüber, dass sie die persönlichen Daten

Dritten zur Verfügung stellen. Deshalb

brauchen wir Gesetze, die auch für digitale

Anwendungen den Datenschutz und die

Datensicherheit gewährleisten.

?

Ich hoffe, es gelingt mir,

eine positive Einschätzung

für die Notwendigkeit einer

eigenen zahnärztlichen Standes-

politik zu erzeugen und mehr

junge Kolleginnen und Kollegen

zum aktiven Mitmachen zu

begeistern.

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