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106, Nr. 24 A, 16.12.2016, (1488)
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Die Luft-Pulver-Wasserstrahl (LPW)-Technik
in der dentalen Prophylaxe wurde erstmals
in den späten 70ern in Texas vorgestellt
(Prophy Jet Marck IV™, Dentron)
[Graumann, Sensat, & Stoltenberg, 2013].
Das Prinzip beruht auf kleinsten Pulverparti-
keln (etwa 15 bis 250 µm), die in einer
Druckkammer mit Luft vermischt werden
und über ein Handstück zusammen mit
Wasser auf die Zahn- und Wurzeloberfläche
appliziert werden. Dabei kann der Substanz-
abtrag durch verschiedenste Faktoren be-
einflusst werden. Bei höherem Druck etwa
erhöht sich auch der Substanzabtrag. Der
Druck ist abhängig vom Aufbau sowie von
der Einstellung des Geräts und dem Füll-
stand in der Pulverkammer. Auch die zuge-
führte Wassermenge führt zu höherer Be-
schleunigung der Pulverpartikel und zu grö-
ßerer Abrasion. Auch Applikationswinkel,
Dauer und die Entfernung des Handstücks
zur Oberfläche können die auftretenden
Kräfte beeinflussen [Petersilka, Bell, Mehl,
Hickel & Flemmig, 2003]. Den wohl ent-
scheidendsten Faktor für den Substanz-
abtrag bilden aber Masse, Größe und Härte
der Pulverpartikel [Petersilka, 2011].
Das sind die gängigsten Pulverarten und
ihre Eigenschaften:
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Natriumhydrogenkarbonat:
Dieses Salz
wird für den Einsatz in der supragingivalen
Reinigung von Zahnoberflächen empfohlen.
Oftmals wird zur Erhöhung der Gleiteigen-
schaften Siliziumdioxid oder Tricalcium-
phosphat in geringen Mengen zugesetzt.
Die einzelnen Partikel sind je nach Hersteller
mit bis zu 250 µm vergleichsweise groß
und bedürfen einer nachfolgenden Politur,
wenn sie mit Restaurationen, deminerali-
siertem Schmelz oder (Wurzel-)Dentin in
Kontakt gekommen sind [Petersilka, 2011].
Um den salzigen Geschmack zu lindern,
werden oftmals künstliche Geschmacksstoffe
zugesetzt.
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Glycin:
Glycin ist eine Aminosäure und
ebenfalls wasserlöslich. Aufgrund der gerin-
geren mittleren Partikelgröße von 18 bis 60
µm (je nach Hersteller) wird dieses Pulver
sowohl für die supra- als auch für die sub-
gingivale Anwendung empfohlen. Eine nach-
folgende Politur ist aufgrund der geringeren
Abrasion und Rauigkeit nach Anwendung
nicht notwendig [Petersilka, Bell, Häberlein
et al., 2003]. Häufig wird auch hier Silizium-
dioxid zugesetzt.
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Erythritol:
Hierbei handelt es sich um
einen Zuckeralkohol, der durch Fermentation
hergestellt wird und in der Lebensmittel-
industrie Anwendung findet. Neben der
industriellen Herstellung kommt er in gerin-
gen Mengen natürlicherweise in einigen
Obstsorten vor. Außerdem konnte er in
Wein und Bier nachgewiesen werden
[Bernt, Borzelleca, Flamm & Munro, 1996].
Sind abrasiv-pulverhaltige
Präparate schädlich?
Anne Kruse, Gregor Petersilka, Stefanie Schienle, Petra Ratka-Krüger
Zur mechanischen Desintegration des subgingivalen Biofilms kommen in der
Parodontitistherapie seit einigen Jahren vermehrt Luft-Pulver-Wasserstrahlgeräte
zum Einsatz. Doch wie risikoreich ist das Verfahren? Kann die Applikation von
Druckluft und kleinsten Pulverpartikeln in den Sulkus das dentale Gewebe und
die Restaurationen nachhaltig beschädigen?
Abbildung 1: Pulverstrahlkegel bei normaler klinischer Anwendung. Im Gegenlicht sind Streu-
breite des Kegels und die Tropfen- beziehungsweise die Aerosolbildung gut zu erkennen.
Fotos: Petersilka
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Fortbildung: Toxikologie und Allergologie