zm
106, Nr. 24 A, 16.12.2016, (1490)
B
arbeit zu diesem Thema wurden Studien
mit Natriumhydrogenkarbonat, Glycin und
Erythritol berücksichtigt [Bühler, Amato,
Weiger & Walter, 2016b]. Dabei wurde die
subgingivale Anwendung aller getesteten
Pulverarten überwiegend als angenehmer
oder mindestens gleichwertig zur Reinigung
mit Handinstrumenten oder (Ultra-)Schall
bewertet. Die Zeitersparnis durch eine kür-
zere Behandlungsdauer ist aus Patienten-
sicht sicherlich ebenfalls als positiv zu be-
werten.
Risiken, Hygiene und
Kontraindikation
Bei der subgingivalen Anwendung von
dentalen Instrumenten und Substanzen
wird im Allgemeinen die Integrität der
Mundhöhle verletzt. Die Durchdringung
des epithelialen Attachments (wie mit der
Parodontalsonde) stellt somit letztlich
immer ein Eindringen in den menschlichen
Organismus dar. Zum Parodont gehören
neben den gingivalen Anteilen auch Wurzel-
zement und -dentin.
Doch welchen konkreten Einfluss hat LPW
auf die einzelnen Gewebe und auf den
Gesamtorganismus? Zu erwähnen ist er-
neut, dass Dauer, Winkel und Abstand bei
der Behandlung starken Einfluss auf die Mo-
difizierung der behandelten Oberfläche und
umliegende Gewebe haben [Petersilka, 2011;
Bühler, Amato, Weiger & Walter 2016a].
Um unerwünschte Effekte zu reduzieren,
sollten die Empfehlungen und Vorsichts-
maßnahmen des jeweiligen Herstellers des
Handstücks und des Pulvers berücksichtigt
werden. Eine regelmäßige Aktualisierung
der Anamnese sowie adäquate Aufklärung
des Patienten über die möglichen Risiken
sind ebenfalls unerlässlich.
Asthma und schwere Atemwegserkrankungen
gelten aufgrund der potenziell möglichen
Reizung der Lunge durch aspirierte Pulver-
partikel als Kontraindikation für die Behand-
lung mit LPW. Natriumhydrogenkarbonat
greift zudem in den Elektrolythaushalt ein
und sollte nicht bei Patienten mit Hyper-
tonie, Nierenfunktionsstörungen, Morbus
Addison, Morbus Cushing, der Einnahme
von Antidiuretika und bei salzarmer Diät
verwendet werden.
Da beim Vorliegen von Infektionskrankheiten
das Aerosol einen zentralen Übertragungs-
weg darstellt, ist dies bei der Entscheidung
für eine Behandlung mit LPW zu berücksich-
tigen („Infektionsprävention in der Zahn-
heilkunde – Anforderungen an die Hygiene
– Mitteilung der Kommission für Kranken-
haushygiene und Infektionsprävention
beim Robert Koch-Institut“, 2006). Die Ver-
wendung einer Schutzbrille und eines lege
artis angelegten Mund-Nasen-Schutzes sind
obligat. Der Behandler muss zudem durch
eine korrekte Aufbereitung der Düsen bezie-
hungsweise Handstücke (Einstufung nach
Kategorie kritisch B) eine potenzielle Infek-
tionskette unterbinden. Eine Sterilisation
der Übertragungsinstrumente nach jedem
Patienten ist daher zwingend nötig.
Dentin- und
Wurzelschäden
Der Einsatz von Natriumhydrogenkarbonat-
pulver mit LPW führt nachweislich zur
Schädigung von Dentin- und Wurzelober-
flächen. Daher wird hier lediglich die Ver-
wendung auf intakten Schmelzoberflächen
empfohlen und von einer Anwendung in
Bereichen von freiliegenden Zahnhälsen,
beispielsweise bei Rezessionen oder keil-
förmigen Defekten abgeraten [Gerbo,
Lacefield, Barnes & Russell, 1993; Gutmann,
1998; Agger, Hörsted-Bindslev & Hovgaard,
2001; Petersilka, Bell, Mehl et al., 2003;
Graumann et al., 2013; Bühler et al.,
2016a].
Die Anwendung von Natriumhydrogen-
karbonatpulver auf initialkariösen Läsionen
beziehungsweise White Spots ist definitiv
nicht zu empfehlen, da hier in vitro ein Ein-
brechen vorgeschädigter Schmelzprismen
beschrieben wurde [Schiffner, 1992]. Glycin-
pulver zeigte hingegen deutlich geringere
Abbildung 4: Niedrigabrasives Pulverstrahlen ermöglicht eine effiziente
Biofilmentfernung auch im periimplantären Gewebe.
Abbildung 5: Auch bei korrekter Anwendung niedrigabrasiver Pulver-
medien kann postoperativ eine leichte Blutung präsent sein. Hier sind
bukkal der Implantate jedoch durch Fehlanwendung überproportional
starke Gingivaschäden entstanden.
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Fortbildung: Toxikologie und Allergologie