zm
106, Nr. 24 A, 16.12.2016, (1494)
B
Komposite sind Kunststoffe, die direkt in
die Kavität appliziert werden (Abbildung
1a). Sie bestehen aus einer organischen
Matrix mit eingebetteten anorganischen
Füllmaterialien (zum Beispiel Quarze) und
Zusatzstoffen (Abbildung 1b). Als Mono-
mere werden meist Dimethacrylate ver-
wendet, die in schwere Basismonomere
(zum Beispiel Bisphenol A glycidylmetha-
crylat, BisGMA; Urethandimethacrylat, UD-
MA) und leichte Komonomere (wie Triethy-
lenglycoldimethacrylat, TEGDMA; Hydro-
xyethylmethacrylat, HEMA) unterteilt wer-
den (Abbildung 1b). (Ko)Monomerverbin-
dungen werden in der Zahnmedizin nicht
nur in Komposits sondern auch in Denti-
nadhäsiven, kunststoffhaltigen Zementen,
Klebstoffen für Inlays, Kronen, Veneers,
orthodontische Brücken, Keramiken sowie
in Unterfüllungen für Amalgam- und Gold-
füllungen und als Fissurenversiegler ver-
wendet. Die Polymerisierung ist nach der
Lichthärtung nie vollständig und es verblei-
ben unpolymerisierte Rest-(Ko)Monomere.
Hauptursache des hohen Rest-(Ko)Mono-
meranteils der Kompositkunststoffe ist der
niedrige Grad der (Ko)Monomer-Polymer-
Konversion. Er beträgt je nach Schichttiefe
20 bis 50 Prozent [Ruyter IE. , 1981;
Reinhardt KJ, 1991]. Chemisch freie, nicht
vernetzte (Ko)Monomere können durch
Speichelzutritt aber auch wie durch
Nahrung beziehungsweise Getränke (wie
hochprozentige Alkohole) aus der Füllung
ausgelaugt werden [Reichl FX, 2012] und
dann verschluckt werden oder sogar über
den Dentinliquor durch das Dentin zum
Zahnnerv (Pulpa) diffundieren [Gerzina TM,
1994; Gerzina TM, Wing G.,1991; Spahl W,
Budzikiewicz H, Geurtsen W., 1998]. Nach
der Freisetzung in die Mundhöhle können
die ausgewaschenen (Ko)Monomerverbin-
dungen auch in unmittelbaren Kontakt mit
den Zellen der hoch proliferativen Mund-
schleimhaut treten (wie Gingivazellen). Die
durch das Dentin diffundierenden (Ko)Mo-
nomermoleküle gelangen in Kontakt mit
den vitalen Zellen des Zahnmarks, unter an-
derem Pulpafibroblasten [Gerzina TM,
1994
]
. Im Weichgewebe des Zahnmarks
erhalten die freigesetzten (Ko)Monomere
außerdem Anschluss an die systemische
Blutzirkulation. Neben Abrasion, Verschleiß
und Elution werden freigesetzte (Ko)Mono-
mere aus Kompositfüllungen nach dem Ver-
schlucken im Darm nahezu vollständig
resorbiert [Reichl FX et al., 2002; Reichl FXet
al. 2002b; Reichl FX et al., 2008; Reichl FX,
et al. 2001]. Abradierte Partikel mit einer
Größe bis zu 100 µm können sogar inhaliert
werden und so über die Lunge in die Blut-
bahn gelangen. Beim Verblasen von Denti-
nadhäsiven ohne Kofferdam können
(Ko)Monomere auf die Mundschleimhaut
gelangen und dort resorbiert werden. Be-
trächtliche Mengen werden dabei auch
inhaliert und in der Lunge resorbiert [Hume
WR, Gerzina TM. , 1996]. Durch den Haut-
kontakt mit der unpolymerisierten Kompo-
sitpaste können Allergien ausgelöst werden
Zahnkunststoff-Materialien
Franz-Xaver Reichl
Immer mehr Menschen wollen zahnfarbene Materialien als Zahn-Restaurations-
werkstoffe. Dabei soll natürlich gewährleistet sein, dass diese Materialien nicht
nur gut aussehen und gut halten, sondern dass sie auch gut verträglich sind.
Wachsendes Interesse erlangen deshalb Fragen nach der Toxikologie,
Biokompatibilität und Verträglichkeit dieser Werkstoffe.
Abbildung 1: Einteilung von Zahnrestaurationsmaterialien (a) und Inhaltsstoffe von Komposit-
Zahnfüllungen (b)
Quelle: Reichl
28
Fortbildung: Toxikologie und Allergologie