zm
106, Nr. 24 A, 16.12.2016, (1496)
B
[Lindstrom M et al., 2002; Piirila P et al.,
2002; Kanerva L. ,2001; Hamann CP,
Rodgers PA, Sullivan KM., 2004] (Abbildun-
gen 2 und 3)
.
Mittlerweile konnten als
Auslöser solcher Reaktionen die in der Zahn-
medizin häufig verwendeten Methacrylate,
wie zum Beispiel HEMA und TEGDMA, ein-
deutig identifiziert werden.
Dabei sind nicht nur Patienten, sondern zu-
nehmend auch Zahntechniker, zahnärztli-
ches Personal und natürlich Zahnärzte be-
troffen, die mit diesen Stoffen während der
Arbeit ständig exponiert sind. In Untersu-
chungen konnte festgestellt werden, dass
zum Beispiel das in der Zahnmedizin sehr
häufig eingesetzte Methylmethacrylat
(MMA) in der Raumluft in Zahnarztpraxen
Konzentrationen bis zu 30 mg/m
3
erreichen
kann, was bereits einem Siebtel des Arbeits-
platzgrenz-(AGW)-Wertes
entspricht
[Marquardt W, Seiss M, Hickel R, Reichl,
2009]. Die maximalen Konzentrationen in
der Luft beim Legen von Füllungen lagen
bei 45 µg/m
3
für HEMA, 13 µg/m
3
für
EGDMA und 45 µg/m
3
für TEGDMA
[Marquardt W, Seiss M, Hickel R, Reichl FX,
2009]. Gutes Lüften und Aufbewahrung/
Entsorgung von Zahnkunststoff-kontami-
niertem Müll in gasdichten Behältnissen
reduziert ganz massiv das Expositions- und
Allergierisiko für Betroffene in Zahnarzt-
praxen und Labors.
Es fällt auf, dass insgesamt nur sehr wenige
Studien (vorwiegend aus skandinavischen
Ländern) in der Literatur zur Allergie von
Zahnkunststoff-Materialien verfügbar sind.
Als Hauptursache für die Zunahme der aller-
gischen Reaktionen wird in diesen Studien
übereinstimmend die starke Zunahme der
Verwendung zahnfarbener kunststoffbasier-
ter Materialien angegeben [Andrews LS,
Clary JJ., 1986]. Manche Autoren nehmen
dies nun zum Anlass, diese Ergebnisse zu-
sammen mit den toxischen Effekten auf
Zellebene auch auf die Entstehung von
anderen Krankheiten zu übertragen [Neiss
J., 2012]. Hier besteht die Gefahr, dass die
„Laienpresse“ dies nun zum Anlass nimmt,
auch ein Gefahrenpotenzial sogar für die
Auslösung schwerer Erkrankungen bei Be-
troffenen ‚heraufzubeschwören‘, so wie dies
bereits für Amalgam damals geschehen war.
In weiteren eigenen Untersuchungen wurde
von vielen kommerziell verfügbaren Kom-
posits/Dentinadhäsiven/Prothesenwerkstof-
fen und Vielem mehr die Freisetzungsrate
solcher Inhaltsstoffe qualitativ und quantita-
tiv bestimmt. Durch diese Untersuchungen
konnte die weltweit größte Datenbank zur
Freisetzungsrate dieser Inhaltsstoffe aus
Kunststoff-Zahnmaterialien aufgebaut wer-
den.
In Zusammenarbeit mit Kliniken an der LMU
München wurde ein Allergie-Testverfahren
entwickelt, zum Nachweis einer eventuell
bestehenden Allergie gegenüber Inhalts-
stoffen aus Zahnmaterialien. Patienten mit
nachgewiesener
Allergie gegenüber
solchen Stoffen, sollten kein Zahnersatz-
Abbildung 3: Symptome bei Unverträglichkeiten gegenüber Kunststoffmaterialien. 3a und b: typische Lingua plicata (Faltenzunge); 3c und d: typi-
sche Lingua geographica (Landkartenzunge).
Abbildung 2: Periorale
Dermatitis beim Kind
(a) und nach nach
Applikation eines
Keramik-Inlays mit
einem Adhäsiv (b).
Fotos: Reichl
30
Fortbildung: Toxikologie und Allergologie