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zm

106, Nr. 24 A, 16.12.2016, (1495)

B

[Aalto-Korte K, 2007]. Handschuhe bilden

nur einen geringen Schutz [Andreasson H et

al., 2003]. Sowohl die pulmonal als auch die

intestinal aufgenommenen (Ko)Monomere

aus den Kompositen können nach der

Resorption im Organismus verstoffwechselt

werden.

Toxizität von Kunststoff-

Materialien für Zähne

Um die Toxikologie/Biokompatibiltät von

Zahnwerkstoffen ermitteln und vergleichen

zu können, müssen bestimmte Testverfah-

ren eingesetzt werden. Man unterscheidet

hier In-vitro- und In-vivo-Methoden, sowie

Tests, zum Beispiel auf Cytotoxizität, Muta-

genität, Cancerogenität, Embryotoxizität

oder Teratogenität. Ein wichtiger Aspekt bei

der Bewertung der Toxikologie ist die Auf-

klärung der Resorption, Distribution, Meta-

bolismus und Elimination einer Substanz im

Organismus. Nur resorbierte Substanzen

können Schadwirkungen auslösen. Ein

wichtiger Punkt ist die Aufdeckung des

Metabolismus der zu untersuchenden

Substanz. In Tierstudien konnte gezeigt

werden, dass die aus Komposits freigesetz-

ten und verschluckten (Ko)Monomere

HEMA, TEGDMA und BisGMA vollständig

resorbiert und im Körper zu Kohlendioxyd

abgebaut werden [Reichl FX et al., 2002;

Reichl FXet al. 2002b; Reichl FX et al., 2008;

Reichl FX, et al. 2001]. Es konnte ferner ge-

zeigt werden, dass bei dieser Verstoffwech-

selung Intermediate gebildet werden kön-

nen, die ihrerseits wieder starke toxische

Wirkungen zeigen können – also „gegiftet“

– werden. Beim Abbau von HEMA und

TEGDMA konnte in menschlichen Lebermi-

krosomen sogar die Bildung des Epoxy-

Intermediats

2,3-Epoxymethacrylsäure

nachgewiesen werden [Seiss M et al., 2007;

Schwengberg S et al., 2005; Reichl FX et al.,

2002]. Epoxy-Verbindungen gelten als

cancerogene und mutagene Verbindungen

[Durner J et al., 2010]. Auch für mehrere

(Ko)Monomerverbindungen zahnärztlicher

Füllungswerkstoffe,

beispielsweise für

TEGDMA, BisGMA und Glycidylmethacrylat

(GMA) waren in mehreren In-vitro-Studien

Veränderungen der Erbsubstanz zu beob-

achten [Schweikl H, Schmalz G., 1999;

Feldman D, Krishnan A, 1995]. Nach den

Ergebnissen anderer Studien wurde

postuliert, dass den mutagenen Effekten

von TEGDMA möglicherweise die Deletion

größerer DNA-Sequenzen sowie deren

Transposition auf benachbarte DNA-

Regionen zu Grunde liegen [Schweikl H,

Schmalz G. , 1999]. Auch für die hochmole-

kularen Methacrylate BisGMA und Urethan-

dimethacrylat (UDMA) konnten an

HeLa-Zellkulturen genotoxische Effekte

gezeigt werden [Heil J et al., 1996].

Für eine wissenschaftlich fundierte Risiko-

abschätzung muss jedoch bekannt sein, wie

viel von einer Substanz aus den Materialien

freigesetzt wird, wie viel tatsächlich vom

Organismus resorbiert wird und ab wann

mit gesundheitlichen Problemen bei Betrof-

fenen zu rechnen ist.

(Ko)Monomere erreichen im Speichel des

Menschen nach der Elution aus Komposit-

Füllungen maximal ‚nur’ mikromolare

Konzentrationen. Toxische Wirkungen die-

ser Stoffe treten jedoch erst im millimolaren

Bereich auf. Signifikante mutagene Effekte

in Zellen treten erst bei (Ko)Monomer-

Konzentrationen in vitro auf, die um den

Faktor 5000 höher liegen, im Vergleich zur

physiologischen Situation bei Komposit-

Trägern. Deshalb gelten Komposits aus toxi-

kologischer Sicht als sichere Zahnmateria-

lien und der Leitsatz von Paracelsus gilt

natürlich auch hier: „Die Dosis macht den

Stoff zumGift“. Dennoch ist zu beobachten,

dass bei einer steigenden Anzahl von Patien-

ten nach der Zahnrestauration, zum Beispiel

mit Kunststoff-Zahnfüllungen, Nebenwir-

kungen auftreten.

Nebenwirkungen bei

Patient und Zahnarztteam

Zunehmend treten Atemwegserkrankun-

gen, allergischen Reaktionen und Überemp-

findlichkeitsreaktionen bei zahnärztlichem

Personal und den Patienten auf.

Denn Methacrylate gelten als potente Aller-

gene. Die Nebenwirkungen können von

unangenehmen lichenoiden Reaktionen bis

hin zu schwerwiegenden allergischen

Symptomen (wie Asthma) reichen

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