zm
106, Nr. 24 A, 16.12.2016, (1532)
B
Kolumne
Jens Baas, der Pfeifenbläser?
Winter 2016. Wohin man schaut, überall erblickt man postfaktisches
Elend. Wie kommt das nur? Und wo bleibt der Sturm der Entrüs-
tung, wenn uns Jens Baas mit der Fleischerhaken-Realität des
Krankenkassen-Wettbewerbs konfrontiert?
Schütteln Sie doch mal für einen Moment jene
Mischung aus fatalistischem Humor und Ignoranz
ab, mit der Sie NSA-/Banken-/Euro- und Flüchtlings-
krise, sowie das Ergebnis der US-Wahlen überstanden haben, ohne
weltanschaulich Schaden zu nehmen – und erregen sich mal.
Stellen Sie sich vor, jetzt pimpern also nicht nur Pharmavertreter,
sondern auch noch Drückerkolonnen der Krankenkassen die Ärzte,
damit diese gegen einen kleinen Obolus ihre Diagnosen im Sinne
des edlen Spenders überdenken. Ja Ja, Sie haben ja Recht! Das
Gesundheitsministerium NRW hat jegliche Verschwörungstheorie
entkräftet und erklärt, dass es sich dabei nicht um verbotenes
„Upcoding“, sondern lediglich um „Rightcoding“ handelt.
Das sieht die AOK Rheinland-Hamburg genauso, ist sich keiner
Schuld bewusst, zahlt aber trotzdem ohne mit der Wimper zu
zucken 5,6 Millionen aus dem Gesundheitsfonds bezogene Euro zu-
rück und legte noch einen Strafzuschlag von 1,4
Millionen Euro oben drauf. Alles klar?
Das bis hierhin ziemlich untätige Bundesversi-
cherungsamt fordert nun von der Techniker
eine Stellungnahme zu ihrem eigenen Verhalten. Einzige Chance
des Kassen-Chefs: Er erklärt öffentlich, dass die standardmäßig
installierte Prüfstandsoftware in seinem Kopf versagt hat und er
darum das folgenschwere Interview mit der FAZ nicht als solches
erkannt hat. Andernfalls müssen wir davon ausgehen, dass Baas ein
Pfeifenbläser wie Assange oder Snowden ist. Immerhin hätte er den
Zeitpunkt gut gewählt: Es droht kein Scheiterhaufen, kein Exil in
Russland oder in der ecuadorianischen Botschaft.
Wir leben schließlich in postfaktischen Zeiten.
Amüsant oder abseitig? Skurriles
aus der zahnmedizinischen Welt
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Zu guter Letzt
Vorschau
Themen im nächsten Heft –
zm 1
erscheint am 1. Januar 2017
NS-Ärzte und ihre Karrieren:
Hitlers Zahnarzt
DMS V: Die Mundgesundheit
Pflegebedürftiger
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Foto: zm-mg