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zm

107, Nr. 4, 16.2.2017, (348)

Der Power Tower steht im Kölner Media (!)

Park – der Olymp der deutschen Evidenz

und Nutzenbewertung mit rund 200 Mit-

arbeitern und einem Etat von bald 20 Millio-

nen Euro. Das Institut für Qualität und Wirt-

schaftlichkeit im Gesundheitswesen, kurz:

IQWiG, so eine Art TÜV Rheinland. Es ist

eine Kopie des britischen NICE (National

Institute for Health and Care Excellence).

Das erklärt das selbstbewusste Auftreten:

„IQWiG – we‘re so nice!“ als Logo-Unter-

zeile und die britische Pop-Hymne „We Are

the Champions“ in der Telefonschleife.

Dieser Tage brachte das IQWiG wieder ein-

mal aufsehenerregende Arbeitsergebnisse

in die Öffentlichkeit.

Das Institut konnte keinen Nutzen für Fall-

schirme feststellen. Nach den strengen Kri-

terien seiner Methodik der evidenzbasierten

Medizin war das notwendige Studiendesign

nicht erfüllt. Es fehlten die randomisierten

kontrollierten Studien (RCTs), die die nötige

Kausalität bei der Nutzenbewertung hätten

belegen können. Noch dazu waren sie nicht

verblindet! Weder waren sie einfachblind –

die Versuchsperson weiß nicht, ob sie einen

funktionstüchtigen Fallschirm dabei hat

oder mit der Discounter-Plastiktragetasche

im Rucksack springt. Noch waren sie dop-

pelblind – die Versuchsperson weiß nichts,

aber auch der Behandler hat keine Ahnung,

wem er was in den Rucksack packt. Auf eine

dreifach blinde Versuchsanordnung (auch

der Testauswerter weiß nichts) hätte das

Institut ja sogar verzichtet. Der Institutsleiter

bedauerte in seinem Statement, dass sich

keine Versuchspersonen bereit gefunden

hätten. Allenfalls wären Suizidwillige für die

Kontrollgruppe zu gewinnen gewesen. Das

aber habe der hohe Anspruch seines Instituts

(doppelblind) nicht erlauben können. Nach

den strengen Kriterien musste das IQWiG

daher zu der eindeutigen Bewertung kommen,

einen Nutzen, aber auch einen Schaden bei

der Verwendung von Fallschirmen, wenn

man aus dem Flugzeug zu springen neigt,

nicht feststellen zu können.

Airbags taugen auch

nichts!

Ein ähnliches Bewertungsschicksal ereilten

Airbags im Auto. Auch hier konnte das

IQWiG keinen Nutzen, aber gottlob auch

keinen Schaden feststellen. Auch hier man-

gelte es am Studiendesign. Das IQWiG

kritisierte in seinem Bewertungsfazit die

mangelnde Bereitschaft, sich als Versuchs-

person für ein so wichtiges, den wissen-

schaftlichen Erkenntnisstand doch so we-

sentlich prägendes Experiment zur Verfügung

zu stellen. Da es auch hier um den Gold-

standard gehe, könne aber das Institut

nichts anderes gelten lassen. Für eine seriöse

Untersuchung sei es unabdingbar, angemes-

sene Methoden anzuwenden. Das Institut

stellte dazu die Wichtigkeit des Hedges‘ g

heraus, ebenso die Berücksichtigung von

Irrelevanzschwelle und Responderanalyse.

Wenn sich keine Versuchspersonen für ver-

blindete Crashtests fänden, seien die Auto-

fahrer die Dummen.

Ein alternativer Einsatz von Dummies sei dem

Institut nicht zumutbar, da hier die Evidenz

fehle, dass Dummies für alle Varianten des

menschlichen Situs (zum Beispiel adipös oder

magersüchtig) eingesetzt werden können.

Wann ist blind

blind genug?

Als besonders bedauerlich bewertete das

IQWiG sein Untersuchungsergebnis zum

Einsatz von Metall- und Keramikbrackets

in der kieferorthopädischen Behandlung.

Obwohl hier ein zumindest einfachblindes

Studiendesign möglich gewesen wäre (von

doppelblind habe das Institut abgesehen,

weil es dem Behandler beim Kleben nicht

die Augen verbinden wollte), habe man die

Untersuchung abgebrochen. Man habe die

Keramikbrackets metallisch anfärben müssen,

um ein für die Verblindung notwendiges

gleiches Aussehen zu ermöglichen. Doch

schon nach kurzer Untersuchungszeit gab

es das erste höchst bedauerliche Ergebnis:

Der Lack ist ab! Eine belastbare Odds ratio

könne dadurch nicht errechnet werden.

Fallschirme können keinen Nutzen haben ...

Die Kritik am „heiligen Evidenz-Gral“ des IQWiG ist gar nicht so neu. Bereits

vor Jahren hatte das renommierte British Medical Journal auf die Konzept-

grenzen hingewiesen. Nähern wir uns dem kritisierten Sachverhalt – glossierend.

Denn Sie müssen es glauben: Fallschirme können keinen Nutzen haben.

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IQWiG-Vorbericht zu Parodontitistherapie

Foto: Xof711-Fotolia.com