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107, Nr. 5, 1.3.2017, (458)

teiligten Einsicht gezeigt und eine differen-

ziertere Kompromisslösung beschlossen.“

Obwohl bis heute noch nicht feststeht, wie

das Expositionsrisiko eines Produkts konkret

bewertet wird. „Wie die Begriffe ‚hohe Ex-

position‘ oder ‚geringe Exposition‘ definiert

und welche Kriterien zur Bewertung heran-

gezogen werden, ist noch unklar“, bestätigt

Stock.

Die deutschen Standards

gelten nun europaweit

Eine weiterer Punkt der MDR bezieht sich

auf die Rückverfolgbarkeit von Produkten.

Was in Deutschland ohnehin Standard ist,

wird nun europaweit etabliert. Dies begrüßt

der VDDI: „Die lückenlose Rückverfolgbar-

keit dient der Patientensicherheit“, sagt

Stock. „Die Produkte müssen zukünftig mit

einer einmaligen Produktnummer, der UDI,

gekennzeichnet werden. Produkte, die im

Markt sind und eventuell doch Fehler auf-

weisen, können so schnell zurückgerufen

werden, da der Verbleib der Produkte sehr

schnell nachvollzogen werden kann. Zu-

sätzlich dient die UDI auch der Vermeidung

von Produktfälschungen.“ Allerdings wird

die Kennzeichnung der Produkte mit einer

einmaligen Produktnummer vonseiten der

Hersteller natürlich erst einmal erhebliche

Auswirkungen auf die internen Betriebs-

abläufe haben.

Ein dritter Punkt bezieht sich auf die Rolle

der sogenannten „Benannten Stellen“ – der

Prüfstellen für Medizinprodukte, wie hierzu-

lande TÜV oder DEKRA, die für Auftraggeber

aus der Medizintechnik die Zulassungs-

prüfung durchführen. Laut MDR soll die

Rolle dieser Stellen gestärkt werden, so dass

sie berechtigt sind, auch unangekündigte

Audits durchzuführen. Das heißt, die Be-

nannten Stellen haben das Recht, ohne vor-

herige Anmeldung zu den betriebsüblichen

Zeiten die im Zertifikat genannten Ferti-

gungs- und Betriebsstätten sowie die rele-

vanten Lager der Bevollmächtigten, Impor-

teure und Zweigniederlassungen zu besich-

tigen und Produktprüfungen vorzunehmen.

„In der Regel prüfen zwei Auditoren an

mindestens einem Tag ein von ihnen aus-

gewähltes Produkt“, führt Stock aus, „insbe-

sondere hinsichtlich seiner Übereinstimmung

mit der technischen Dokumentation und

den rechtlichen Anforderungen sowie der

Rückverfolgbarkeit aller kritischen Kompo-

nenten und Materialien.“ Die unangekün-

digten Audits sollen mindestens einmal alle

fünf Jahre stattfinden.

„Unangekündigte Audits verursachen natür-

lich einen nicht unerheblichen Aufwand bei

den Firmen“, sagt Jens Nagaba von der

BZÄK. Der bürokratische Mehraufwand

könne gerade für kleine Betriebe zu einem

Problem werden, ergänzt Stock: „Es gibt

zahlreiche Dentalunternehmen, die zwischen

10 und 50 Mitarbeitern haben. Der mit der

neuen MDR kommende Mehraufwand ist

vor allem für kleinere Unternehmen sehr

hoch. Die Kosten für reguläre und unange-

kündigte Audits, für Zertifikate im In- und

Ausland und andere zusätzliche Aufwände,

die aufgrund der Dokumentations- und

Nachweispflichten entstehen, ergeben in

ihrer Summe eine sehr hohe Belastung, die

durch die Unternehmen erwirtschaftet wer-

den müssen.“ Hinzu kommen die Kosten für

das Personal, das für die Erledigung des

immensen Aufwands zuständig ist, sagt

Stock: „Gerade viele kleinere Unternehmen

stellen aber Spezialitäten- und Nischenpro-

dukte her, bei denen die Stückzahl begrenzt

ist. Manches Unternehmen wird zukünftig

mit spitzem Bleistift rechnen müssen, ob die

Verkaufszahlen die Erlöse erzielen, die die

hohen Belastungen durch die Umsetzung

der neuen Regeln wieder ausgleichen.“

Mehr Sicherheit bedeutet

höhere Preise

Vonseiten der BZÄK beurteilt man dies

ähnlich: „Durch alle diese Verschärfungen

soll die Sicherheit von Medizinprodukten

erhöht werden“, sagt Nagaba, „aber diese

Maßnahmen werden letztlich auch zu

einer Preissteigerung führen.“ Die Produkte

werden teurer.

Auf der kommenden IDS in Köln wird das

Thema dementsprechend bestimmt noch

eine Rolle spielen.

Und dann noch der Zahnersatz: Hier blei-

ben laut MDR die Regelungen für Sonder-

anfertigungen bestehen. Konkret heißt das,

Praxen und Labore können Produkte weiter-

verarbeiten, ohne dass diese erneut entspre-

chend der MDR geprüft werden müssten.

„Nur wenn im eigenen Betrieb Produkte im

industriellen Verfahren gefertigt werden

und diese im Sinne der Verordnung keine

Sonderanfertigung mehr sind, wären die

hergestellten Produkte reguläre Medizin-

produkte. Daraus aber bereits heute Konse-

quenzen abzuleiten, wäre verfrüht, da die

MDR hinsichtlich dieser Thematik durchaus

noch einigen Interpretationsspielraum zu-

lässt“, erklärt Stock.

Dass Innovationen durch die neue MDR

tatsächlich aktiv verhindert werden, hält

Nagaba für übertrieben, „erschwert wird

die Markteinführung von neuen Produkten

aber mit Sicherheit“.

Die konsolidierte Fassung des Entwurfs für

die neue europäische Medizinprodukte-

verordnung muss jetzt noch verabschiedet

werden. „Momentan befassen sich die

Sprachjuristen mit dem Text, auch die

Übersetzung in alle EU-Amtssprachen muss

noch erfolgen“, erklärt Stock. „Aktuellen

Informationen zufolge werden sich EU-Rat

und EU-Parlament bis etwa Ende April / An-

fang Mai 2017 mit der finalen Textversion

befassen, so dass mit einer Verabschiedung

und Veröffentlichung im Amtsblatt der EU

im Mai/Juni 2017 zu rechnen ist.“ 20 Tage

nach Veröffentlichung tritt die Verordnung

in Kraft.

Doch es wird eine dreijährige Übergangs-

zeit zwischen der neuen Medizinprodukte-

verordnung und der aktuell geltenden

Medizinprodukterichtlinie geben. „Ange-

nommen, die neue Verordnung tritt im Juni

2017 in Kraft“, erklärt Stock, „die Regelun-

gen müssen dann ab Juni 2020 angewendet

werden, die aktuelle Medizinproduktericht-

linie und das Medizinproduktegesetz gelten

ab diesem Zeitpunkt nicht mehr. In der

Übergangszeit zwischen Juni 2017 und

Juni 2020 können Zertifizierungen oder Re-

Zertifizierungen nach altem oder neuem

Recht durchgeführt werden.“ Produkte, die

vor Ablauf der Übergangsfrist erstmalig

nach altem Recht in Verkehr gebracht wer-

den, sollen noch bis Ende 2024 abverkauft

werden dürfen.

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