

zm
107, Nr. 9, 1.5.2017, (1048)
Die EU-Kommission un-
terstellt, dass nationale
Berufsregeln
Wachstums-
hemmnisse sind
und unnötige Hür-
den für die grenz-
überschreitende
Dienstleistungser-
bringung darstellen. Hier öffnet sich ein
weites Feld. Europaweit gibt es derzeit mehr
als 5.500 reglementierte Berufe. Mehr als 22
Prozent der europäischen Erwerbspersonen,
was einer Gesamtzahl von mehr als 47
Millionen Menschen entspricht, sind nach
Angaben der Brüsseler Behörde direkt von
Reglementierung betroffen. Die Kommissi-
on schätzt, dass durch den Abbau von un-
nötigem und unverhältnismäßigem Berufs-
recht rund 700.000 zusätzliche Arbeitsplät-
ze in der EU geschaffen werden könnten.
Im Fadenkreuz stehen
beispielsweise
Beschränkungen bei
der Wahl der Gesell-
schaftsformen und bei
der Beteiligung Pro-
fessionsfremder.
Dieser ökonomisch
motivierte Blick auf berufliche Regulie-
rung droht jedoch, wichtige andere
Maßstäbe wie den Schutz der Gesundheit
und der Patienten in den Hintergrund zu
drängen.
Gemeinsame Strategie
unter dem Dach des BFB
Als eine der ersten Berufsgruppen hat die
Zahnärzteschaft auf diese Entwicklungen
reagiert und ist aktiv geworden. Die Stimme
eines einzelnen Berufsstandes ist jedoch
nicht stark genug, um sich in dieser essen-
tiellen Frage für die regulierten Berufe aus-
reichend Gehör zu verschaffen. Ein gemein-
sames Vorgehen, sowohl auf nationaler wie
europäischer Ebene, ist Grundbedingung
für eine erfolgreiche Interessenvertretung.
Dabei hat die BZÄK die Rückendeckung der
Bundesversammlung. Diese hatte im No-
vember 2016 einen Antrag aus Baden-Würt-
temberg verabschiedet, der dazu aufruft,
zusammen mit anderen Körperschaften des
zahnärztlichen Berufsstands und der ande-
ren Heilberufe in Kooperation mit dem
Bundesverband der Freien Berufe (BFB) eine
gemeinsame wirksame Strategie gegen die
Deregulierungsbestrebungen auf europäi-
scher Ebene zu entwickeln. Die BZÄK hat
diese Forderung in das Präsidium des BFB
getragen, wobei man sich seitens der Zahn-
ärzte auf eigene Vorarbeiten stützen konnte.
Das Ergebnis ist ein vom BFB entwickeltes
„Strategiekonzept Freie Berufe“, das Richt-
Alfred Büttner
Mehr Wirtschaftswachstum durch weniger Regulierung? Nein!
Das von der EU-Kommission geplante Dienstleistungspaket wird
von der Bundeszahnärztekammer stark kritisiert. Gemeinsam mit
dem Bundesverband der Freien Berufe setzt man sich daher zur Wehr.
Der Leiter der BZÄK-Abteilung Europa/Internationales berichtet.
+++ „Wir brau-
chen
keine
Nachhilfe.
In
Deutschland gibt
es mit 150 regle-
mentierten Beru-
fen weitaus we-
niger als zum Beispiel in Polen (350), Frank-
reich (258) oder Spanien (182). Vorgaben
zur Verhältnismäßigkeitsprüfung für Berufs-
zugangs- und ausübungsregelungen exis-
tieren zudem bereits im europäischen Recht
und sind auch in Deutschland als rechts-
staatliches Prinzip bereits jetzt bindend.“
(Dr. Andreas Schwab (CDU), binnenmarkt-
politischer Sprecher der EVP-Fraktion) +++
+++ „unsozial
und überflüssig“
(Evelyne Geb-
hardt (SPD), Vi-
zepräsidentin
des EU-Parla-
ments, zur Euro-
päischen Dienstleistungskarte) +++
+++ „Die Öko-
nomie kann
nicht der ent-
scheidende
Maßstab für na-
tionales Berufs-
recht sein. Be-
rufsregeln dienen vielmehr dem Patienten-
und Verbraucherschutz sowie der Sicher-
stellung eines hohen Qualitätsniveaus. Es ist
unverständlich, dass patientenschützende
Regeln aufgeweicht werden sollen.“ (Dr. Pe-
ter Engel, Präsident der Bundeszahnärzte-
kammer) +++
Foto: sunt – Fotolia
Freie Berufe bedroht
Einsatz in Brüssel
Foto: privat
Foto: Axentis.de
Foto: Europäisches Parlament
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