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107, Nr. 9, 1.5.2017, (1042)
Vorgezogene KZV-Wahlen – Nicht undemokratisch, sondern vielmehr klug
Zum Leserbrief von Schulz-Freywald „KZV-Wahlen – Wenn vorgezogen, dann undemokratisch“, zm 7/2017, S. 10
Der Kollege Giesbert Schulz-
Freywald ist selbst viele Jahre –
ehrenamtlich – engagiert in der
hessischen zahnärztlichen Selbst-
verwaltung. Er weiß also, wovon
er spricht, wenn er sich jetzt zu
dem Thema zu Wort meldet.
Er verschweigt aber etwas, was er
sicherlich auch weiß. Diese
Satzungsänderungen wurden ja
nicht grundlos durchgeführt.
Und die Satzungsänderungen er-
fordern auch immer mindestens
eine Zweidrittelmehrheit der ge-
wählten Vertreter der besagten
Parlamente. Hintergrund dieser
Satzungsänderungen ist, dass die
Entscheidung, sich „hauptamt-
lich“ – also vollberuflich für maxi-
mal sechs Jahre Dauer in einem
zeitlich befristeten (!) Angestell-
tenverhältnis – für die zahnärztli-
che Selbstverwaltung im Vor-
stand einer KZV zu engagieren,
ein nicht unbedeutender Schritt
für einen freiberuflich tätigen
Zahnarzt ist. Dieser Schritt muss
geplant und vor Amtsantritt auch
organisiert sein und werden, will
man nicht zum Vorstandsamt-
santritt ein Chaos und die Ratlo-
sigkeit aller Mitarbeiter und Mit-
arbeiterinnen in der eigenen Pra-
xis verursachen. Wenn sich heute
ein/e Zahnarzt/-ärztin für so eine
Berufsausübung entscheidet –
und wir wollen ja am liebsten
auch Zahnärzte mit in unseren
KZV-Vorständen schalten und
walten haben, die bis dahin noch
im Beruf verankert waren und
idealerweise noch etwas bleiben
– dann ist es für diese Kollegin-
nen/Kollegen sehr wertvoll,
wenn sie schon einige Monate
bis zu einem Jahr vor ihrem Amts-
antritt wissen, dass sie ihre Praxis-
situation umorganisieren, gege-
benenfalls auch ihre Praxis
verkaufen müssen. Und auch
umgekehrt: Da dieses Angestell-
tenverhältnis immer auf maximal
sechs Jahre im KZV-Vorstand
befristet ist (dann wird neu
gewählt), ist es auch für die „Am-
tierenden“ eine wertvolle Hilfe,
wenn sie ca. ein Jahr vor Ablauf
ihrer Amtszeit wissen, ob sie wei-
terhin für sechs Jahre angestellt
werden oder gegebenenfalls
nicht mehr und sich beruflich
wieder auf Volltagszahnarzt ein-
richten müssen. Wer nun diese
vorgezogenen KZV-Vorstands-
wahlen als „undemokratisch“
kritisieren will, wird jetzt viel-
leicht unter der Reflexion der vor-
genannten Begründungen dieser
Art vorgezogener, eher unge-
wöhnlicher demokratischer Vor-
standswahlen etwas Positives
abgewinnen.
Ich bin auch davon überzeugt,
dass die Zahnärzteschaft über
diesen Weg unter Umständen
auch mal eher etwas jüngere Kol-
leginnen und Kollegen für solche
Aufgaben in die Selbstverwal-
tung bekommt, als über den
„volldemokratischen“, konven-
tionellen Weg mit Wahlen in die
Vorstandsämter auf den soge-
nannten konstituierenden Parla-
mentssitzungen und Amtsantritt
sofort einen Tag danach. Oder
anders herum: Auf der konstitu-
ierenden Parlamentsversamm-
lung bekommt ein/e Kollege/-in,
die/der vielleicht schon sechs
Jahre Vorstandsmitglied war,
eine Stimme zu wenig und wird
sein Angestelltenverhältnis von
einem Tag auf den nächsten los.
Sie/er wird arbeitslos ohne die
Chance gehabt zu haben, sich
seine berufliche Existenz vorher
zu organisieren. Da sind dann
sicherlich ältere Kolleginnen und
Kollegen im Vorteil, die dann ein-
fach „in Rente gehen“.
Auch das „P.S.“ bedarf meines
Erachtens noch einiger Worte.
Denn es ist kein „Novum“, dass
sich erst „jetzt Verwaltungsfach-
leute:
Juristen,
Volkswirte,
Betriebswirtschaftler…“ in den
KZV-Vorständen finden. Das gibt
es schon viele Jahre. Und aus
meiner Sicht ist zusätzliche Kom-
petenz aus diesen Berufen in den
KZV-Vorständen so lange sicher-
lich hilfreich und dem Nutzen für
die KZV-Mitglieder förderlich, so
lange immer noch Zahnärzte/-in-
nen die Mehrheiten in den Vor-
ständen halten. Und diese Mehr-
heit sehe ich in den vom Kollegen
Schulz-Freywald kritisierten „acht
von 17 hauptamtlichen KZV-Vor-
ständen“ nicht gefährdet.
Dr. Lutz Riefenstahl,
Gronau (Leine)
IQWiG-Vorbericht zur PA-Therapie –
Vereinfachung aus Bequemlichkeit?
Zu den Beiträgen zum „IQWiG-Vorbericht zu Parodontitistherapie –
Immenser Ressourcenverbrauch bei fraglichem Nutzen“, zm 4/2017, S.
32–39.
Unfassbar – vor allem in Hinblick
auf den eher praktisch orientier-
ten (statt abstrakt wissenschafts-
theoretischen) Auftrag an das
IQWiG, eine Datengrundlage
und Entscheidungshilfe für den
G-BA zu erstellen. Was würden
Ethik-Kommissionen zu Studien-
designs im Kontext von PA sagen,
die den Anforderungen des
IQWiG entsprechen würden?
Danke für Ihre detaillierte Bericht-
erstattung und den geradezu
legendären Fallschirm-Vergleich.
Ist es nicht vielleicht auch eine
Frage der Bequemlichkeit und
bewussten Vereinfachung, die
Messlatte für die einbeziehbaren
Studien so hoch zu legen, dass
man nur noch wenige Studien
betrachten muss (sofern dann zu
dieser oder jener Fragestellung
überhaupt noch welche übrig
bleiben), anstelle sich mit einer
Vielzahl von methodisch hetero-
genen Studiendesigns und in
(Teil-)Aspekten manchmal auch
mit widersprüchlichen Studien-
ergebnissen herumschlagen zu
müssen, die nicht metaanalyse-
tauglich sind? Letzteres erfordert
nämlicheine tief greifende Exper-
tise von erfahrenen Fach-Spezia-
listen und lässt sich nicht auf
komplexe, aber standardisier-
bare Rechenmodelle von Mathe-
matikern reduzieren. War das
IQWiG mit dieser Aufgabe wo-
möglich überfordert?
Das Ignorieren aller Studien und
Evidenz unterhalb des aller-
höchsten (gegebenenfalls nur
theoretisch denkbaren) Levels
birgt die Gefahr, jeglichen Fort-
schritt abzuwürgen, nicht nur in
der Zahnmedizin, sondern auch
im gesamten Feld der Medizin.
Mal abgesehen von bestimmten
Arzneimitteln, wo solche Stan-
dards tatsächlich realisierbar sein
dürften.
Dr. Reinhard Steinmeyer, Koblenz
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