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107, Nr. 2, 16.1.2017, (130)
Diskussion
Die kieferorthopädische Behandlung von
Erwachsenen stellt nach wie vor eine
Herausforderung für den Behandler dar.
Neben hohen ästhetischen Vorgaben durch
den Patienten liegt eine zusätzliche Er-
schwernis im Vorliegen parodontaler Vor-
erkrankungen im adulten Gebiss.
In Deutschland leiden etwa acht Millionen
Menschen an Parodontitis [Holtfreter et al.,
2010; Micheelis et al., 2006]. Hierbei
kommt es zu einer entzündlichen Degene-
ration des Zahnhalteapparats, in dessen Fol-
ge es durch den Verlust von parodontalem
Stütz- und Knochengewebe zu Zahnwande-
rungen kommt [Eliasson et al., 1982; Hell-
wig et al., 2007].
Dafür werden Risikofaktoren wie systemi-
sche Erkrankungen, Rauchen, Stress, ethni-
sche Zugehörigkeit, reduzierte Wirtsab-
wehr, schlechte Mundhygiene und geneti-
sche Faktoren verantwortlich gemacht
[Kohal et al., 2000; Reichert et al., 2011].
Während die Zahnbewegung bei Jugendli-
chen mit zellreichem Parodont, osteoidem
Gewebe, großen Markräumen und wenig
Fasern schon nach ein bis zwei Tagen Reak-
tionen zeigt, braucht diese Reaktion beim
erwachsenen Patienten mit seinem zellar-
men Parodont, dicken Faserbündeln und
wenig Umbauaktivität im Knochen etwa
acht Tage [Reitan, 1985].
Schon Diedrich formulierte 1980 Richtlinien
für die orthodontische Behandlungsplanung
im parodontal erkrankten Gebiss [Diedrich,
1980]. Voraussetzung für eine Therapie im
parodontal vorgeschädigten Gebiss ist – wie
auch in diesem Fall erfolgt – ein Blutungs-
und Plaque-Index von weniger als 15 Pro-
zent, eine Sulkustiefe von weniger als 4 mm,
keine Wurzelkaries sowie hygienefähige Ver-
hältnisse [Kohal et al., 1999]. Es muss also
sichergestellt sein, dass eine weitestgehende
Entzündungsfreiheit im Parodont vorliegt
[Diedrich, 1980; Reichert et al., 2011].
Erst dann kann mit einer Reparation des
Defekts – also einer Ausbildung von langem
Saumepithel und keiner Regeneration von
Knochen und Desmodont – im Rahmen der
kieferorthopädischen Therapie gerechnet
werden [Proye et al., 1982; Schroeder,
1997; Wolf et al., 2004].
Eventuell kommt es sogar durch die Intrusi-
onsbewegung zu einer Zurückgewinnung
Abbildung 4:
Zwischenbefund nach zwei Monaten mit den
transparenten Schienen,
a: frontal
b: links
c: rechts
d: im Oberkiefer
e: im Unterkiefer
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