zm
107, Nr.
6, 16.3.2017, (657)auch in Deutschland der Markt für Gesund-
heitsdienstleistungen. Beispiel
Jameda:
Deutschlands größtes Arztbewertungsportal
startete im Jahr 2007. Seit Ende 2015 gehört
das Unternehmen zum Burda-Verlag. Der
Kaufpreis wurde in der Branche damals auf
47 Millionen Euro geschätzt, der Jahres-
umsatz von Jameda auf etwa sechs Millio-
nen. Jameda zählt laut eigenen Angaben
monatlich rund 5,5 Millionen Besucher, die
auf dem Portal herausfinden wollen, wie
andere ihren Arzt bewerten. Arztpraxen
können Bilder und Öffnungszeiten ein-
stellen und online Termine vergeben. Und
damit nicht genug: Zum Jahreswechsel hat
sich Jameda in die Telemedizin eingekauft –
und das Berliner Start-up Patientus erworben.
Nun soll das Angebot von Patientus im Lauf
des Jahres sukzessive auf
jameda.deinte-
griert werden. Patientus wiederum erhält
durch die Übernahme neben den finanziel-
len Mitteln auch den Zugang zu Millionen
von Patienten und Tausenden von Ärzten.
Zahnmedizin bleibt
Apparatemedizin!
Laut einer Prognose der Unternehmens-
beratung Roland Berger wird sich der Markt
für digitale Gesundheitsanwendungen bis
2020 weltweit auf mehr als 200 Milliarden
Dollar verdoppeln. Allein der Bereich Tele-
medizin soll in dieser Zeit von 14 auf 26 Mil-
liarden Dollar klettern.
Deppe selbst hat ein Faible für die Digitali-
sierung: „Wir brauchen in der Medizin den
Breitbandausbau. Die demografische Ent-
wicklung und die Verödung ländlicher Re-
gionen erfordern die virtuelle Erreichbarkeit
von Ärzten. Die größte Chance liegt meines
Erachtens in der schnellen Umsetzung der
von Patienten selbst geführten digitalen Pa-
tientenakte. Das heißt, der Patient hat alle
seine Gesundheitsdaten selbst und kann
diese selbstbestimmt mit seinen Ärzten tei-
len. Dies bedeutet auch eine tiefgreifende
Veränderung im Verhältnis zwischen Patient
und Arzt – und Kostenträgern. In diesem
Modell ist auch kein Platz für Dritte, sei
es der Staat oder die Industrie, die ohne
Zustimmung des Patienten Zugriff auf diese
Daten bekommen dürfen. Ebenso sollte es
die fortschreitende Digitalisierung ermög-
lichen, dass das Teilen und kollaborative
Bearbeiten komplexer Fälle mit anderen
Ärzten einfacher und zumWohle des Patien-
ten besser wird.“
Auch wenn Deppe in seiner Praxis die Video-
Sprechstunde bereits anbietet, glaubt er
nicht, dass sich in naher Zukunft viel ändern
wird: „Da Zahnmedizin Apparatemedizin
ist, werde ich als Zahnarzt noch lange
Patienten haben, die zu mir in die Praxis
kommen müssen. Gleichwohl werde ich
Röntgenbilder, digitale Abdrücke und Pla-
nungen mit ihnen, Kollegen und dem Zahn-
techniker teilen. Zum Beispiel werde ich
einen Patienten, der eine Herzerkrankung
hat, bitten, mir Zugang zu diesem Teil seiner
Krankenakte zu gewähren, damit ich sein
Risiko bei einem zahnchirurgischen Eingriff
beurteilen kann. Anders als heute rufe ich
dann nicht mehr den Hausarzt an, sondern
werde einen Algorithmus damit füttern,
der mir, gestützt auf Big Data, eine valide
Empfehlung gibt. Diese Empfehlung hilft
mir nicht nur bei der Therapie, sondern
wird selbst wieder Teil der digitalen Kranken-
akte.“
Die Video-Sprechstunde ist für Deppe
durchaus eine angenehme Alternative zum
Beratungsgespräch in der Praxis: „Es erfor-
dert eine gewisse Gewöhnung, danach ist es
kein Unterschied mehr“, sagt der Zahnarzt.
Und wer denkt, nur junge Menschen näh-
men die Video-Sprechstunde in Anspruch,
muss sich eines Besseren belehren lassen:
„Vor allem die, die bereits Erfahrungen mit
Video-Chat gemacht haben, nutzen die
Sprechstunde per Webcam“, sagt Deppe.
„Das betrifft jede Altersgruppe. Es gibt
durchaus den Großvater, der über Skype
den Kontakt zu seinen Enkeln in Übersee
hält.“
Dr. Felix Schirmann von Patientus geht
noch weiter: „Ich bin davon überzeugt, dass
es in zehn Jahren weder erwähnenswert
noch erklärungsbedürftig ist, dass ich online
zum Arzt gehe – im Gegenteil, der digitale
Arztbesuch wird selbstverständlich sein. Im
Bereich der digitalen Medizin wird weiterhin
viel passieren – zum Beispiel die Diagnose-
stellung mit Unterstützung durch künstliche
Intelligenz.“
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