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107, Nr. 9, 1.5.2017, (1120)
hatte. Seine kritische Distanz zu dieser Zeit
kommt rückblickend. „Das habe ich aus Über-
zeugung mitgemacht, bis ich gemerkt habe,
dass die guten Ansätze nicht mehr praktisch
nachvollziehbar waren. Dass das, was wir ma-
chen wollten, gar nicht möglich war.“
”
Der Korb entstand nicht, weil es
uns materiell schlecht ging. Es
ging um ideologische Gründe. Haupt-
grund war, dass man uns immer mehr
Rechte weggenommen hat.“
Es war aus dieser FVDZ-Politik heraus folge-
richtig, dass die sogenannte Korb-Idee
geboren wurde. Korb, das war der Weg hin
zum Ziel: die Kassenzulassung abzugeben
und nur noch frei zu praktizieren. Schirbort
erinnert sich: „Für den Korb bin ich zu
einem großen Teil verantwortlich. Ich will
mich nicht als überheblich bezeichnen, aber
ich bin der Vater des Korbes gewesen. Ich
habe das Modell Mitte der 80er Jahre erst-
mals auf einer Landesversammlung des Frei-
en Verbandes in Niedersachsen vorgestellt.
Der Korb entstand nicht, weil es uns mate-
riell schlecht ging. Es ging um ideologische
Gründe. Hauptgrund war, dass man uns im-
mer mehr Rechte weggenommen hat.“ Das
Modell fand enormes Interesse, in etlichen
Ländern bildeten sich „Korb-Initiativen“.
1992 spitzte sich die Budgetdiskussion zu.
Schirbort zog als Botschafter des Freien Ver-
bandes durch das Land und warb vehement
für das Ende der Kassenpraxis. Zuvor waren
die Eckpunkte für das Gesundheitsstruktur-
gesetz (GSG) bekannt geworden. Im soge-
nannten Kompromiss von Lahnstein wollten
CDU, FDP und SPD die explodierenenden
Kosten im Gesundheitswesen in den Griff
bekommen und hatten sich auf folgende
Punkte geeinigt: Zuzahlungen durch GKV-
Versicherte, Bedarfsplanung und Zulas-
sungsbeschränkungen, mehr Wettbewerb
für die Kassen – und eine jahrelang festge-
legte Budgetierung der ärztlichen und zahn-
ärztlichen Vergütung.
Schirbort formulierte damals in einem Vor-
trag Ende Oktober 1992 in Mainz so: „In der
Praxis werden wir Erfüllungsgehilfen der
Krankenkassen sein und in den Ehrenämtern
der Selbstverwaltung zu reinen Erfüllungs-
gehilfen der Ministerialbürokratie degradiert.
Eine qualifizierte Zahnheilkunde wird es da-
mit nicht geben. Wer das mit sich geschehen
lassen will, muss im System der gesetzlichen
Krankenversicherung bleiben. Wer das alles
nicht will, muss die GKV verlassen.“
Rückblickend wurde das Korb-Modell nie
realisiert. Schirbort bilanziert heute: „Wir
hatten schon über 50 Prozent im Korb,
konnten uns aber dann berufsintern nicht
einig werden, ob das reicht, deshalb haben
wir das Modell nicht umgesetzt. Das Ergeb-
nis wäre zu knapp gewesen.“ Als Vorsitzen-
der der KZV Niedersachsen musste er sich
einer besonderen Herausforderung stellen.
Im Jahr 1995 erfolgte im Rahmen eines
Die Idee des Korbes tauchte erstmals
1903 auf dem 31. Deutschen Ärztetag in
Köln auf. Es geht um die kollektive Rück-
gabe der Kassenzulassung von Ärzten und
Zahnärzten und einen Ausstieg aus dem
System der Gesetzlichen Krankenversi-
cherung.
Näheres ist geregelt in § 95 b SGB V. Wenn
mehr als 50 Prozent aller Vertragsärzte
und/oder -zahnärzte in einem Zulas-
sungsbezirk ihre Zulassung zurückgeben,
geht dort der Sicherstellungsauftrag auf
die Kassen über, die dann versuchen wer-
den, in Form von Einzel- oder Gruppen-
verträgen die Versorgung der Patienten si-
cherzustellen. Verträge mit den ausgestie-
genen Ärzte sind nicht zulässig. Die Zulas-
sung kann frühestens nach sechs Jahren
wieder erteilt werden. Bei der Rückgabe
der Zulassung gilt Vertraulichkeit, verwal-
tet wird der Prozess über einen Treuhän-
der oder Notar.
Das Korbmodell
im zahnärztlichen
Bereich ist ein Ur-Thema des FVDZ. Bei
den Ärzten kämpften Ende der 2000er
Jahre der Vorsitzende des bayerischen
Hausärzteverbandes, Dr. Wolfgang Hop-
penthaller, und der Vorsitzende des MEDI-
Verbundes, Dr. Werner Baumgärnter, – er-
folglos – für den Ausstieg aus der GKV.
Das Korbmodell
I
NFO
Keine Kompromisse: „Wer das mit sich gesche-
hen lassen will, muss im System der gesetzli-
chen Krankenversicherung bleiben. Wer das
alles nicht will, muss die GKV verlassen.“
Foto: zm Archiv
Schirbort mit dem damaligen BZÄK-Präsiden-
ten Dr. Fritz-Josef Willmes.
Foto: zm Archiv
Dr. Sabine Bergmann-Pohl, letztes Staats-
oberhaupt der DDR, nahm als parlamentari-
sche Staatssekretärin beim BMG auch an
Empfängen der KZBV teil. Hier mit Schirbort
und Dr. Helmut Stein, KZV Rheinland-Pfalz.
Foto: privat
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Gesellschaft