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zm

107, Nr. 9, 1.5.2017, (1121)

Honorarstreits mit den Kassen ein vertrags-

loser Zustand, vom Sozialministerium wur-

de vorübergehend ein Staatskommissar in

der KZV eingesetzt. Die KZV habe sich hier-

bei stets im Rahmen des Gesetzlichen be-

wegt, erklärt Schirbort rückblickend. Den-

noch seien hier viele Emotionen hochge-

kocht, bei der Kollegenschaft wie auch in

der Öffentlichkeit. Schirbort: „Wir mussten

Telefonterror aushalten, bis hin zur Andro-

hung körperlicher Gewalt. Es gab Anzeigen

beim Finanzamt, die haltlos waren. Das ist

alles im Sande verlaufen.“ Und warum das

alles? Schirbort analysierte damals das An-

sinnen der Politik und formulierte es im Nie-

dersächsischen Zahnärzteblatt so: „Man will

den Vorsitzenden der KZVN diskreditieren

und das nicht nur in Niedersachsen, son-

dern vor allem auf Bundesebene.“

Denn Schirbort war damals schon Vorsitzen-

der der KZBV. Sein Stellvertreter war Dr.

Peter Kuttruff. Im Programm der neuen,

1994 gewählten KZBV-Vorstandsmann-

schaft aus Mitgliedern des Freien Verbandes

standen unter anderem eine Neubestim-

mung des GKV-Leistungskataloges durch

Festlegung einer „guten und ausreichenden

Grundversorgung“, ein klares Bekenntnis zu

Kostenerstattung und Festzuschüssen, die

freie Arztwahl und die Abschaffung von

Deckelung und Degression. Ein großes The-

ma war und blieb die Budgetproblematik.

Der damalige Bundesgesundheitsminister

Horst Seehofer forderte weiterhin die

Begrenzung zahnärztlicher Leistungen, der

parlamentarische Werdegang für die GKV-

Neuordnungsgesetze I und II hatte begon-

nen. Schirbort: „Der Gesamtvorstand ist da-

gegen losgegangen. Damals habe ich den

einfachen Satz geprägt, von dem ich nie ge-

dacht hätte, dass er in der Politik so viel Fu-

rore macht: Mit begrenzten Mitteln gibt es

keine unbegrenzten Leistungen.“

Zahnmedizin funktioniert

nicht mit Erfüllungsgehilfen

Wie war das Verhältnis Schirborts zur Politik

insgesamt? Der ehemalige KZB-Vorsitzende

erinnert sich: „Ich bin mit den Politikern

besser ausgekommen als man denkt. Es

geht nicht ohne politische Kontakte. In

manchen Dingen war ich schon weiter als

man nach außen vermitteln konnte.“ Unter

Schirborts Ägide wurde 1996 das Bonner

Hauptstadtbüro der KZBV eröffnet, die poli-

tische Lobbyarbeit wurde intensiviert,

legendär waren die Sommerempfänge mit

Politikern im Bonner Rheinhotel Dreesen.

Schirbort sieht die Bilanz seiner KZBV-Amts-

zeit positiv: „Wir haben trotz schwierigster

Bedingungen Einiges hinbekommen: Die

Mehrkostenregelung ist erfolgt, es gibt die

Festzuschüsse (wenn auch in anderer Form,

als wir uns das vorgestellt hatten), auch in

der Datenfrage haben wir mit der Sensibili-

sierung des Datenschutzbeauftragten da-

mals eine Menge erreicht, wobei wir es

geschafft haben , die Medien auf unsere Sei-

te zu ziehen. Wir haben viel bewegt in die-

sem KZBV-Vorstand, selbst Dinge, die wir

nicht für möglich gehalten haben. Aber: Es

war leider nicht die Änderung des Systems

in toto, so wie wir uns das vorgestellt hat-

ten.“

Die heutige gesundheitspolitische Entwick-

lung – die Einschränkung der Selbstverwal-

tung im GKV-Selbstverwaltungsstärkungs-

gesetz mit dem Staatskommissar light, die

Diskussion um die Bürgerversicherung oder

die wachsende Bürokratie – erscheint ihm

wie ein Déjà-vu: „Die Probleme, die wir heu-

te haben, stehen schon seit Jahrzehnten auf

der Agenda. Der Kampf gegen die Eingriffe

des Staates in die Selbstverwaltung, gegen

die Einheitsversicherung und Sachleistung

geht weiter.“

pr

Schirbort mit MdB Wolfgang Zöller, CSU, da-

mals gesundheitspolitischer Sprecher der

CSU-Landesgruppe.

Foto: privat

Schirbort und sein Vorstandskollege Dr. Ulrich

Wick mussten oft für die Zahnärzteschaft „die

Suppe auslöffeln“, wenn es um brenzlige poli-

tische Fragen ging.

Foto: privat

Treffen mit Dr. Dieter Thomae, MdB, zu der

Zeit gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-

Fraktion, Dr. Ralph Gutmann, Vorsitzender

des FVDZ und Dr. Klaus Kinkel, damals stell-

vertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion.

Foto: zm Archiv

Dr. Karl Horst Schirbort ist heute 80 und setzt

sich mit seiner Vereinigung Unabhängiger

Vertragszahnärzte immer noch für die freie

Berufsausübung seiner Kollegen ein.

Foto: zm-sf

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