Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 7

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN I WWW.ZM-ONLINE.DE AUSGABE 07 I 2022 Therapie eines ankylosierten Frontzahns Karlsruher Konferenz Nachhaltigkeit ist auch in der Zahnmedizin keine Raketenwissenschaft. So machen Sie Ihre Praxis klimaneutral! SEITE 32 KI in der Zahnarztpraxis Wie Künstliche Intelligenz dem Zahnarzt eine Zweitmeinung liefert. SEITE 78 DG PARO-Frühjahrstagung Welche Leistungen können im Rahmen der neuen PAR-Richtlinie delegiert werden und welche nicht? SEITE 76 zm1.4.2022, Nr. 7

Moloch Gesundheitspolitik besser verstehen und darin adäquat für die Zahnärzteschaft agieren zu können. Und es steht selbstverständlich das Bedürfnis dahinter, die Geschicke seines oder ihres Berufsstandes in die eigenen Hände nehmen zu wollen, denn allen ist eines klar: Dies ist allemal besser, als wenn dies der Staat selbst übernimmt. Denn das wäre die Alternative, die sich all diejenigen hin und wieder bewusst machen sollten, die gerne mal über die Selbstverwaltung lamentieren. Man sollte sich vielmehr über alle mutigen Zahnärztinnen und Zahnärzte freuen, die sich für ihren Berufsstand engagieren. In dieser Ausgabe befassen wir uns unter anderem mit den Gesetzesentwürfen, die rund um eine allgemeine Impfpflicht in der politischen Diskussion sind. Außerdem werfen wir einen Blick über den großen Teich und stellen den Folgebericht zum Surgeon General’s Report zur Mundgesundheit in den USA vor. Auch wenn der Ukrainekrieg vollkommen zu Recht das Mediengeschehen bestimmt, haben wir nicht die von der Flutkatastrophe des vergangenen Sommers Betroffenen vergessen. Wir haben nachgefragt, wie es ihnen bisher ergangen ist. Unsere Titelgeschichte beschäftigt sich mit der Therapie eines ankylosierten Frontzahns mittels der selten angewandten Therapieoption Segmentosteotomie mit anschließender Distraktionsosteogenese. Wir zeigen, wie damit ein funktionell und ästhetisch gutes Ergebnis in kurzer Zeit erzielt werden kann. Viel Spaß bei der Lektüre. Sascha Rudat Chefredakteur Guter Nachwuchs ist gefragt und gefordert Die vergangenen zwei Jahre haben deutlich gezeigt, dass die Zahnärzteschaft jenseits ihres „normalen“ Versorgungsauftrags immer auch in gesamtgesellschaftliche Entwicklungen mal mehr, mal weniger aktiv eingebunden ist. Die Corona-Pandemie hat die Zahnärztinnen und Zahnärzte in Deutschland vor besondere Herausforderungen gestellt. Welche Herausforderungen die Versorgung der vor dem Ukrainekrieg Geflüchteten noch mit sich bringen wird, ist bisher nur teilweise absehbar und wird sicher auch sehr stark vom weiteren Verlauf und der Länge des furchtbaren Krieges abhängen. Aber eins ist sehr klar hervorgetreten: Die Zahnärzteschaft braucht eine kompetente und starke Vertretung ihrer Interessen gegenüber der Politik und den Krankenkassen – oder anders gesagt, die zahnärztlichen Organisationen der Standesvertretung sind gefragter und geforderter denn je. Mit zunehmender Regelungsdichte bei immer kürzerer Reaktionszeit werden die Selbstverwaltungsorgane schon hin und wieder an ihre Grenzen geführt. Natürlich steht dahinter nicht selten auch Kalkül der Politik und ihrer nachgelagerten Organisationen. Doch klar ist: Der Professionalisierungsanspruch an die Selbstverwaltungsorgane steigt weiter. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, ist Nachwuchs erforderlich, der sich diesen Herausforderungen mit Mut und Kompetenz stellt. Dass es diesen motivierten Nachwuchs gibt, zeigt der neue Jahrgang der AS Akademie, der am 12. März an den Start gegangen ist. Die berufsbegleitende postgraduale Weiterbildung vermittelt den Absolventinnen und Absolventen in zwei Jahren die wichtigsten Kenntnisse in der Gesundheits- und Sozialpolitik und der zahnärztlichen Selbstverwaltung – wobei das nur eine sehr verkürzte Darstellung des umfangreichen Lehrstoffs ist. Natürlich sind die 21 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur ein kleiner Ausschnitt des Nachwuchses im Land. Auffallend bei diesem Jahrgang ist, dass rund die Hälfte bereits in Zahnärztekammern und KZVen aktiv ist – teilweise sogar schon als Ausschussvorsitzende. Trotzdem besteht bei ihnen das Gefühl und der Anspruch, noch kompetenter werden zu müssen, um die anstehenden Aufgaben in der Selbstverwaltung besser bewältigen zu können. Wichtiger Nebeneffekt der Weiterbildung ist, dass es durch sie auch Zahnärztinnen besser gelingt, in den Selbstverwaltungsorganen Fuß fassen. Eine Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer und eine Präsidentin einer Landeszahnärztekammer, die beide vor nicht allzu langer Zeit die AS Akademie absolviert haben, sind ein mehr als deutlicher Beleg. Aber natürlich strebt nicht jede und jeder nach den höchsten Ämtern. Es eint jedoch alle der Wunsch, den Foto: Lopata/axentis EDITORIAL | 03

zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (594) MEINUNG 3 Editorial 8 Leitartikel 10 Leserforum POLITIK 14 Resolution zum Ukrainekrieg KZBV-VV sichert unbürokratische Versorgung der Geflüchteten zu 16 Telematikinfrastruktur BMG stellt klar: E-Rezept und eAU werden wie geplant fortgeführt 18 Verwaltungsgericht Münster Werbung mit konkretem Behandlungserfolg ist unzulässig 28 Beratungen über eine allgemeine Impfpflicht Rechtliche Bedenken, Papiermangel und keine Lust mehr auf Corona 36 Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe „Uns fiel ein Stein vom Herzen!“ 55 Behörden erhalten keine Einsicht in Patientenakten Bundesverwaltungsgericht stärkt das Arztgeheimnis 58 12. Jahrgang der AS Akademie „Lieber selbst gestalten als gestaltet werden!“ ZAHNMEDIZIN 20 Der besondere Fall mit CME Trockenes Auge, trockener Mund – das Sjögren-Syndrom TITELSTORY 48 Therapie eines ankylosierten Frontzahns Distraktionsosteogenese und Einzelzahnsegmentosteotomie 56 Aus der Wissenschaft „Full-Mouth“-Konzepte in der Therapiestufe 2 fortgeschrittener Parodontitis 72 Großer Report des National Institutes of Health Mundgesundheit in Amerika Inhalt Foto: Hallmich-Kober 36 Wiederaufbau nach der Flut 6 Zahnärztinnen und Zahnärzte erzählen, wie sie die Zeit nach dem Hochwasser im Juli 2021 erlebt haben. 20 Das Sjögren-Syndrom Unsere neuen CME beleuchtet die chronisch entzündliche Autoimmunkrankheit. Foto: Diana Heimes Titelfoto: Viola Pawlaczyk_MHH 04 | INHALTSVERZEICHNIS

zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (595) 76 DG PARO-Frühjahrstagung Die Delegation von Leistungen in der Parodontitistherapie 78 KI in der Zahnarztpraxis – Teil 1 So bringt KI eine „Zweitmeinung“ in die Praxis 80 Zahnärztetag WestfalenLippe Blick in die Alltagszahnmedizin 82 36. Berliner Zahnärztetag Der rote Faden in der Praxis PRAXIS 32 Karlsruher Konferenz 2022 So wird Ihre Praxis klimaneutral! 34 Karlsruher Vortrag „Mund auf“ „Was verschleißt, sollte der Biosphäre nützlich sein” 42 Mitarbeitermotivation – Teil 2 So bringen Sie Mitarbeiter wieder in die Spur! GESELLSCHAFT 46 Interview mit HDZVorsteher Dr. Klaus-Achim Sürmann „Viele von uns haben Immobilien, in denen Geflüchtete zeitweise wohnen könnten“ 64 Global Mercy Das größte Krankenhaus zu Wasser legt ab 66 Die Professionalisierung der Zahnmedizin in Deutschland Vom Zahnbrecher zum Spezialisten für Mundgesundheit MARKT 86 Neuheiten RUBRIKEN 13,31Nachrichten 60 Termine 62 Formular 84 Bekanntmachungen 92 Impressum 114 Zu guter Letzt Foto: Adobe Stock_Syda Productions 42 Die Strafe folgt auf dem Fuß? In Ihrem Team tanzt ständig einer aus der Reihe. Fangen Sie ihn wieder ein! TITELSTORY 48 Therapie eines ankylosierten Frontzahns Die Segmentosteotomie liefert in kurzer Zeit ein funktionell und ästhetisch gutes Ergebnis. Foto: Alexander Zeller_MHH INHALTSVERZEICHNIS | 05

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zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (598) Mit Fassungslosigkeit und großem Entsetzen über den russischen Angriff und die russische Aggression verfolgen wir nun schon seit einigen Wochen die schreckliche Situation der Menschen in der Ukraine. Das gezielt unmenschlich grausame, brutale und völlig rücksichtslose russische Vorgehen gegen die Ukraine und deren Zivilbevölkerung im Kriegsgebiet erschüttert uns und macht uns tief betroffen. Man muss es mit aller Deutlichkeit sagen: Der gezielte Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen die Zivilbevölkerung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit! Tod und unendliches Leid friedvoller Menschen wird von Putin billigend in Kauf genommen, um seine machtpolitischen Ziele zu erreichen. Gezielt wird die medizinische und humanitäre Versorgung der Zivilbevölkerung der Ukraine durch die russischen Aggressoren zunehmend behindert und verunmöglicht. Hunderttausende von Menschen und Kindern lassen ihre Ehemänner, Lebensgefährten, Väter, Brüder und Verwandten und ihr gesamtes Hab und Gut zurück und sind auf der Flucht vor den russischen Bomben und Raketen. Inzwischen sind mehrere Millionen Menschen vor der Gewalt des russischen Angriffskriegs auf der Flucht in die europäischen Nachbarländer, weil sie um ihr Leben fürchten. In Deutschland kommen inzwischen jeden Tag Tausende an – vor allem Frauen, Kinder und alte Menschen, die nur das Nötigste bei sich haben. Die Welle der Hilfsbereitschaft und Solidarität ist riesig. Denn das Leid, das die Menschen auf der Flucht aus der Ukraine erfahren, ist unermesslich. Viele sind traumatisiert und benötigen medizinische Versorgung. Als Vertragszahnärzteschaft werden wir unseren Teil dazu beitragen, dass die medizinische Versorgung für alle aus der Ukraine vertriebenen Menschen in Deutschland gewährleistet ist. Ich spreche hier für die gesamte Vertragszahnärzteschaft in Deutschland, wenn ich sage, dass wir uns solidarisch mit allen Bürgerinnen und Bürgern der Ukraine erklären,  dass wir den russischen Angriff aufs schärfste verurteilen  und Präsident Putin und die russische Staatsführung auffordern, die Kriegshandlungen sofort zu stoppen, sich umgehend aus der Ukraine zurückzuziehen und die Souveränität der Ukraine wiederherzustellen. Die Vertreterversammlung der KZBV hat in ihrer außerordentlichen Sitzung am 9. März einstimmig eine Resolution gefasst, in der wir Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte betonen, dass wir bereitstehen, die in Deutschland Schutz vor dem Krieg suchenden Menschen aus der Ukraine schnell und unbürokratisch zu versorgen und nach besten Kräften humanitär und finanziell zu unterstützen. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich appelliere daher an Sie, nach besten Kräften als Vertragszahnärzteschaft gemeinsam und unbürokratisch überall dort zu helfen, wo Hilfe benötigt wird. Ich rufe Sie alle zum einen dazu auf, die Hilfe- und Schutzsuchenden aus der Ukraine unbürokratisch zahnmedizinisch zu versorgen. Zum anderen appelliere ich an Sie, unserem Spendenaufruf zu folgen und die Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte (HDZ) großzügig mit finanziellen Mitteln zu unterstützen. Die Resolution im Wortlaut und die Kontaktdaten des HDZ finden Sie in diesem Heft. Außerdem bitte ich Sie zu prüfen, ob Sie, soweit dies erforderlich werden sollte, nicht auch Flüchtende mit ihren Kindern zumindest übergangsweise bei sich zu Hause, bei Verwandten und Freunden aufnehmen und beherbergen können, bis organisierte staatliche Hilfen umfassend greifen. In ihrer Resolution bittet die Vertreterversammlung der KZBV den Gesetzgeber, kurzfristig die notwendigen Rahmenbedingungen zur unbürokratischen zahnmedizinischen Versorgung der Geflüchteten zu schaffen und sagt der Bundesregierung umfassende Unterstützung bei allen Maßnahmen zu, die das Leid dieser Menschen zu lindern helfen. Dr. Wolfgang Eßer Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Die Resolution der Vertreterversammlung der KZBV finden Sie auf Seite 14. Foto: KZBV/Knoff Die Vertragszahnärzteschaft steht zur Versorgung der Geflüchteten bereit 08 | LEITARTIKEL

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zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (600) BUNDESWEHR DIE RESERVISTEN IN UNSEREN REIHEN NICHT VERGESSEN Zum Leitartikel „Ukraine: Danke für diesen Mut!“, zm 6/2022, S. 6. In seinem Artikel erwähnt der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Professor Benz, die Bundeswehr und berichtet vom Besuch des Kommando Sanitätsdienst in Koblenz durch die zahnärztlichen Körperschaften. Ein wichtiges und richtiges Signal der Solidarität mit unseren Streitkräften und eine gute Gelegenheit, den Blick auf die Reservisten in unseren Reihen zu lenken. Als Reservist möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass die Reserve ein essenzieller Bestandteil der Bundeswehr ist und diese maßgeblich zur Einsatzfähigkeit der Armee beiträgt. Reservisten dienen in ihrer (knappen) Freizeit ehrenamtlich unserem Land, indem sie unter anderem auf Spiegeldienstposten ihre aktiven Kameraden, die im Einsatz sind, vertreten, selbst in den Einsatz gehen, bei Katastrophen oder der Pandemie im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit unterstützen, Schießübungen und Geländeübungen abhalten und auch die vielen kleinen wichtigen Veranstaltungen im Rahmen der Reservistenkameradschaften organisieren. Deshalb möchte ich bei dieser Gelegenheit dazu aufrufen, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter, die zugleich Reservisten sind, bei deren Tätigkeit für die Bundeswehr unterstützen. Dies können Arbeitgeber am besten, indem sie bei der Freistellung von Reservisten für Reservedienstleistungen (RDL, auch Wehrübungen genannt) und dienstliche Veranstaltungen (DVag) großzügig und flexibel sind. Dies bezieht sich auch auf die Regelungen für die Verdienstausfallentschädigungen. Hier können die Steuerkanzleien der Arbeitgeber die entsprechend notwendigen Bescheinigungen für die Unterhaltssicherung nach dem Unterhaltsicherungsgesetz (USG) am besten schnell und kompetent für den Reservedienstleistenden ausstellen, wenn diese sich vorher mit den Prozeduren vertraut gemacht haben. Das Gleiche gilt für die ärztlich-/zahnärztlichen Versorgungswerke. Aus eigener, leidvoller Erfahrung weiß ich nämlich, dass dem Reservisten hier viel Unkenntnis und leider auch Gleichgültigkeit entgegenschlägt. Hier könnten die zahnärztlichen Körperschaften gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem Verband der Reservisten der deutschen Bundeswehr (VdRBw) mehr Aufklärungsarbeit leisten und so unsere Bundeswehr unterstützen. Dr. Jens Naim (Oberfeldarzt d.R.), Göppingen PRAXISGRÜNDUNG LIEBER DIE MUTIGEN KOLLEGINNEN FEIERN Zum Leserbrief „Kinderzahnheilkunde: Seien Sie einfach, lieb, offenherzig und ehrlich!“, zm 4/2022, S.8. Ich schreibe als Präsidentin des Dentista e.V., denn der Leserbrief von Frau Dr. Runge aus Kiel verdient aus unserer Sicht eine Antwort. In der zm 3/2022 wurde eine junge Kollegin mit einem sicherlich sehr eigenen und speziellen Praxiskonzept vorgestellt, welche sich mit Anfang 30 in Brandenburg niedergelassen hat. Sie hat sich entschieden, eine Praxis für Kinderzahnheilkunde in Form einer Einzelpraxis auf die Beine zu stellen. Selbst der Wunsch nach Familie und Kindern steht für sie nicht im Gegensatz zur Selbstständigkeit und war deshalb auch kein Grund, mit der Niederlassung zu warten. Sie hat also alles umgesetzt, was Standesvertreter sich wünschen. Wir als Dentista e.V. wünschen uns ebenso wie die BZÄK und die KZBV sowie andere Verbände mehr von diesen jungen und mutigen Kolleginnen und Kollegen. Statt diese mit Nebensächlichkeiten zu kritisieren, sollten wir solche jungen Kolleginnen feiern und unterstützen. Denn sie sind die Role Models und Vorbilder, die wir als Zahnärzteschaft brauchen, um Ängste und Befürchtungen bezüglich der Selbstständigkeit abzubauen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, man muss nicht jedes Konzept für eine Praxis toll finden, aber kritisiert es mit Maß oder behaltet dies bitte für Euch und freut Euch stattdessen, dass es diese ungen Kolleginnen und Kollegen gibt, welche sich um die Versorgung der Bevölkerung kümmern. Zudem in Regionen, die die Zahnärzteschaft in den nächsten Jahren vor große Herausforderungen in der Bevölkerungsversorgung stellen werden. Das ständige Meckern, wie schlecht unser Beruf besonders als Praxisinhaber ist, oder das Kritisieren von anderen Praxiskonzepten hat mit Sicherheit dazu beigetragen, dass einige sich als ewige Angestellte wohler fühlen. Und das hat mit Furzkissen rein gar nichts zu tun! Dr. Rebecca Otto, Präsidentin: Verband der ZahnÄrztinnen – Dentista e.V. Leserforum Foto: pictworks – stock.adobe.com Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an: leserbriefe@zm-online.de oder Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Chausseestr. 13, 10115 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht. 10 | LESERFORUM

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zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (602) SCHALLZAHNBÜRSTEN STICHPROBENVERZERRUNG NICHT ERKENNBAR Zum Beitrag von Elmar Hellwig „Aus der Wissenschaft: Schall- versus Handzahnbürste: Schall reinigte nicht besser“, zm 5/2022, S. 18-19 Auf den Vorwurf der bewussten Manipulation müssen wir natürlich reagieren. Auch wenn aus dem oben genannte Leserbrief nicht wirklich klar wird, worin diese Manipulation eigentlich bestehen soll. Im Beitrag von Prof. Elmar Hellwig wird explizit von 32 gesunden Probanden mit dem Durchschnittsalter von 22,9 Jahren berichtet. Welches manipulative Potenzial entstehen soll, wenn der Autor die Zusatzinformation weglässt, dass das „vorklinische Zahnmedizinstudierende“ waren, ist für uns nicht erkennbar. Bei dem Beitrag handelt es im Übrigen nicht um eine Originalpublikation – wie der Leserbrief möglicherweise suggerieren könnte –, sondern um die Zusammenfassung einer Studie, die in einem internationalen Journal mit Begutachtungssystem veröffentlicht wurde. Der Einwand, die referierte Studie enthalte eine „Stichprobenverzerrung“ geht ins Leere. Schallzahnbürsten werden üblicherweise der Allgemeinheit und nicht explizit nur der von Herrn Prof. Noack angeführten „typischen“ Zielgruppe beispielsweise in der Alterszahnmedizin angeboten. Im Gegenteil: Die Zahnbürsten werden meist mit jungen Models und gesunden Gebissen beworben – Probanden genau dieser Zielgruppe haben nun den Schalleffekt getestet. Aus wissenschaftlicher Sicht ging es der Studie darum, „in vivo“ hochstandardisierte Testbedingungen herzustellen, um den Effekt des Schalls möglichst ohne signifikante Störgrößen messen zu können. Das videokontrollierte Design hat die Putzmuster überwacht und die Verwendung desselben Bürstenkopfs mit und ohne Schall konnte Verzerrungen durch die Verwendung verschiedener Bürstenköpfe vermeiden. Die Auswahl einer manuell leistungsfähigen Probandengruppe ist da ein zusätzlicher Vorteil, weil er hilft, den Schalleffekt als Variable im Test zusätzlich zu isolieren. Was vom Autor des Leserbriefs als „Stichprobenverzerrung“ abgewertet wird, macht also die Studie nicht schwächer, sondern stärkt im Gegenteil ihre Aussagekraft. In einem könnte er jedoch Recht behalten: Möglicherweise erweist sich das Bürstenkopfdesign der Schallzahnbürsten bei manueller Anwendung den auf den Markt befindlichen Handzahnbürsten als überlegen. Man darf gespannt sein, wer sich demnächst dieser spannenden Forschungsfrage annehmen wird. Die Redaktion Die Ergebnisse dieser Multicenter-Studie hätten auch den Schluss zulassen können, dass das Bürstenkopfdesign von Schallzahnbürsten so genial ist, dass man sogar ohne den elektrischen Antrieb in der Lage ist, Biofilm nachweislich zu reduzieren. Aber mir geht es um etwas ganz anderes: Leider kann ich die Titelstory hinsichtlich der berichteten Schlussfolgerungen nur als unseriös und bewusst manipulativ verstehen, also nicht der wissenschaftlichen Neutralität verpflichtet. Ja, die Studie (1) der Freiburger Wissenschaftler*innen in Kooperation mit den Kolleg*innen aus Greifswald und Basel widmet sich seriös einem interessanten Thema. Bereits vor Jahren zeigten übrigens die Baseler, dass Schallzahnbürsten ohne Berührung der Borstenspitzen Plaque/Biofilm entfernen können (Brushing without brushing?) (2, 3). Was jeden Wissenschaftler an der Publikation stören muss, ist die fehlende sonst übliche Tabelle 1, in der die Probanden charakterisiert werden. Anders als in der Originalpublikation erfährt man in den zm nicht von der Stichprobenverzerrung, dass nämlich die 32 rekrutierten Probanden vorklinische Zahnmedizinstudierende waren – frei von Karies, Parodontitis und approximalen Füllungen. Diese gesunden Probanden besaßen also offensichtlich – im Gegensatz zum Großteil unserer Patienten – die Fähigkeit, den Plaque-Biofilm souverän zu managen. Das klappt wohl auch mit einer nicht eingeschalteten elektrischen Zahnbürste! Wer einen Plaque-/Biofilm erkennbar managen kann, braucht kein neues Hilfsmittel, sondern kann weiterhin Handzahnbürsten oder traditionelle oszillierend rotierende elektrische Zahnbürsten nutzen. Wer es nicht kann, dem kann eine effektive und gewebeschonende schallgetriebene Zahnbürste helfen. Auch weil – wie richtig formuliert wurde – der Mensch nur bedingt in der Lage ist, sein Putzmuster zu ändern, kommen die Patienten mit dem Bürstenkopf einer Schallzahnbürste besser klar als mit kleinen runden Bürstenköpfen, die erheblichen Instruktionsbedarf haben. Viele zahnmedizinische Fachkräfte in der Prävention wissen, wovon ich rede. Also: Junge Zahnmediziner ohne jedes Krankheitsrisiko, stellen alles andere als eine repräsentative Stichprobe dar und lassen keine Verallgemeinerung auf die Anwendung der Schalltechnologie durch „typische“ Patienten zu. Univ.-Prof. Dr. Michael J. Noack, Köln 1. Schlueter N, Fiedler S, Mueller M, Walter C, Difloe-Geisert JC, Vach K, et al. Efficacy of a sonic toothbrush on plaque removal-A video-controlled explorative clinical trial. PloS one. 2021; 16(12): e0261496. 2. Schmidt JC, Astasov-Frauenhoffer M, Waltimo T, Weiger R, Walter C. Efficacy of various side-to-side toothbrushes and impact of brushing parameters on noncontact biofilm removal in an interdental space model. Clin Oral Investig. 2017; 21(5):1565–77. 3. Schmidt JC, Zaugg C, Weiger R, Walter C. Brushing without brushing? -a review of the efficacy of powered toothbrushes in noncontact biofilm removal. Clin Oral Investig. 2013; 17(3):687–709. ANMERKUNG DER REDAKTION 12 | LESERFORUM

NEWS STUDIE: AUFRUF ZUR BETEILIGUNG UMFRAGE ZUR ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN ALLGEMEINUND ZAHNMEDIZIN Die Universität Leipzig bittet zahnärztliche Kolleginnen und Kollegen um Teilnahme an einer Umfrage zu Verbesserungsmöglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Zahnmedizin und Allgemeinmedizin. Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass zwischen Allgemeinmedizin und Zahnmedizin wenig Zusammenarbeit stattfindet, obwohl vielfältige Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Parodontalerkrankungen und systemischen Erkrankungen bekannt sind. Forschende der Selbstständigen Abteilung für Allgemeinmedizin und der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie der Universität Leipzig wollen herausfinden, wie sich das Zusammenspiel verbessern lässt. Dafür werden Sie als Expertinnen und Experten gebeten, durch diese Studie zu unterstützen, indem Sie einen anonymen Online-Fragebogen beantworten. Das Ausfüllen dauert etwa 15 Minuten. Wer Interesse an der Studie hat, hinterlässt seine E-Mail-Adresse und erhält die Ergebnisse nach Abschluss der Studie. Federführende Ansprechpartner sind Prof. Dr. Markus Bleckwenn, Professor für Allgemeinmedizin an der Universität Leipzig, und Prof. Dr. Dirk Ziebolz, Geschäftsführender Oberarzt am Funktionsbereich Interdisziplinäre Zahnerhaltung und Versorgungsforschung an der Universität Leipzig. nl Rückfragen zur Studie beantworten die Initiatoren unter der E-Mail-Adresse: MB-SAA-Forschung@medizin.uni-leipzig.de. HIER GELANGEN SIE ZUR ONLINE-BEFRAGUNG. zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (603) Ich wünsche mir einen verlässlichen Ansprechpartner, der mich bei allen Herausforderungen unterstützt – ein Rundum-sorglos-Paket aus einer Hand. Und das bekomme ich bei CGM Z1.PRO.“ ZAHNARZTSOFTWARE CGM Z1.PRO – Meine Zukunft. Mein Weg. cgm-dentalsysteme.de CGMCOM-15871_DEN_0322_RRH NACHRICHTEN | 13

zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (604) RESOLUTION ZUM UKRAINEKRIEG KZBV-VV sichert unbürokratische Versorgung der Geflüchteten zu Die Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) hat am 9. März einstimmig eine Resolution verabschiedet, in der sie den Angriff Russlands auf die Ukraine mit aller Schärfe verurteilt und die Unterstützung der Vertragszahnärzteschaft bei der Versorgung der Geflüchteten in Deutschland zusichert. Der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer erklärte vor der Abstimmung über die Resolution anlässlich einer außerordentlichen Vertreterversammlung: „Fassungslos, mit großem Entsetzen und voller Abscheu über den russischen Angriff und die russische Aggression verfolgen wir derzeit die schreckliche Situation der Menschen in der Ukraine. Das gezielt unmenschlich grausame, brutale und völlig rücksichtslose russische Vorgehen gegen die Ukraine und deren Zivilbevölkerung im Kriegsgebiet erschüttert uns und macht uns tief betroffen.“ (siehe Leitartikel). Eßer bat die Delegierten deshalb um Zustimmung zu der Resolution, was dann einstimmig erfolgte. \ RESOLUTION DER VV DER KZBV Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte stehen bereit, Schutzsuchende unbürokratisch zu versorgen. Wortlaut der Resolution: „Die Vertreterversammlung der KZBV erklärt sich im Namen der gesamten Vertragszahnärzteschaft in Deutschland solidarisch mit allen Bürgerinnen und Bürgern der Ukraine. Dies gilt nicht zuletzt auch für Heil- und Pflegeberufe, die derzeit vor Ort häufig unter Einsatz des eigenen Lebens den Opfern des russischen Angriffskriegs helfen und Zugang zur Gesundheitsversorgung ermöglichen. Zugleich bekennt sich der Berufsstand einmal mehr ausdrücklich zu Werten wie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit und verurteilt die russische Aggression gegen die Ukraine auf das Schärfste. Die schrecklichen Bilder aus dem Kriegsgebiet erschüttern uns und machen uns tief betroffen. Präsident Putin und die russische Staatsführung sind aufgerufen, den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg sofort zu stoppen, sich umgehend aus der Ukraine zurückzuziehen und die Souveränität der Ukraine iederherzustellen. Die Kampfhandlungen bringen Tod und schwerste physische und psychische Verletzungen. Sie verursachen unvorstellbar großes Leid. Die Lebensgrundlage der Menschen in der Ukraine wird auf Jahre zerstört, Familien auseinandergerissen und Kinder ihrer Zukunft beraubt. Das ukrainische Gesundheitssystem gerät mit jedem Tag, den dieser Krieg andauert, an seine Belastungsgrenzen. Viele Menschen benötigen dort jetzt dringend humanitäre Unterstützung und medizinische Versorgung, Hunderttausende sind bereits auf der Flucht in die Nachbarländer und auch nach Deutschland. Wir Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte stehen bereit, die in Deutschland Schutz vor dem Krieg suchenden Menschen aus der Ukraine schnell und unbürokratisch zu versorgen und nach besten Kräften humanitär und finanziell zu unterstützen. Die Vertreterversammlung der KZBV bittet den Gesetzgeber, kurzfristig die notwendigen Rahmenbedingungen zur unbürokratischen zahnmedizinischen Versorgung der Geflüchteten zu schaffen und sagt der Bundesregierung umfassende Unterstützung bei allen Maßnahmen zu, die das Leid dieser Menschen zu lindern helfen.“ 14 | POLITIK

zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (606) TELEMATIKINFRASTRUKTUR BMG stellt klar: E-Rezept und eAU werden wie geplant fortgeführt Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat anlässlich der öffentlichen Berichterstattung in einem Schreiben an die Gesellschafter der gematik klargestellt, dass weder die Einführung noch die Testphasen zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und zum elektronischen Rezept (E-Rezept) gestoppt wurden, sondern wie geplant weiterlaufen. Darauf weist die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hin. Zuvor war es zur Verwirrung um die e-Health-Anwendungen gekommen. In der Klarstellung des BMG heißt es daher: Ab dem 1. Juli 2022 muss die elektronische Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit verbindlich angewendet werden. Die Tests für das Arbeitgeberverfahren wurden dagegen bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Sofern noch nicht geschehen, sollten sich Zahnarztpraxen bereits heute mit der notwendigen Technik ausstatten und insbesondere einen KIM-Dienst installieren, empfiehlt die KZBV. Die Kommunikation im Medizinwesen (KIM) ist auch die Basis für das elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren (EBZ), das ab dem 1. Juli 2022 und mit einer einjährigen Einführungsphase an den Start gehen soll. 100 ZAHNARZTPRAXEN ZUR ERPROBUNG ANGEMELDET Mit dem EBZ wird es möglich, genehmigungspflichtige Behandlungspläne für Parodontalerkrankungen, Zahnersatz, Kiefergelenkserkrankungen und Kieferorthopädie direkt aus der Praxissoftware via KIM an die Krankenkasse zu verschicken und von ihnen entsprechende Rückmeldungen zu empfangen. Auch die Testphase für das E-Rezept läuft planmäßig weiter. Rund 100 Zahnarztpraxen hätten sich bereits für die Erprobung angemeldet und wollten frühzeitig erste Erfahrungen mit dem E-Rezept sammeln, teilt die KZBV mit. Praxen, die bereits E-Rezepte erstellt haben, berichten den Angaben zufolge über ein zufriedenstellendes Handling der Praxissoftware im Alltag. Insgesamt seien bislang über 4.000 elektronische Rezepte eingelöst worden, überproportional viele von Zahnarztpraxen. LL KZBV nimmt Anmeldungen entgegen Die KZBV dankt den beteiligten Zahnärztinnen und Zahnärzten sowie den KZVen für das Engagement und ruft Praxen auf, Erfahrungen mit dem E-Rezept zu sammeln und sich für die Testphase anzumelden. Anmeldungen mit Angaben zur Praxis und zur PVS werden unter telematik@kzbv.de entgegengenommen. Mit der Teilnahme erhalten die Praxen Unterstützung von den PVS-Herstellern, zudem kümmert sich die gematik darum, dass vor Ort möglichst viele Apotheken E-Rezept-fähig sind. Adobe Stock_vegefox.com Seit Januar können GKV-Versicherte auch das elektronische Zahnbonusheft (eZahnbonusheft) als digitale Anwendung der ePA nutzen. Es besitzt zusätzlich eine automatisierte Erinnerungsfunktion. 16 | POLITIK

KONNEKTORENAUSTAUSCH AB SOMMER Die Konnektoren für die Telematikinfrastruktur müssen nach und nach ausgetauscht und durch neue Geräte ersetzt werden. Für viele Konnektoren verschiedener Hersteller laufe dieses oder nächstes Jahr die fünfjährige Nutzungszeit ab, teilte die gematik mit. Um die Kontinuität des Betriebs auch beim Übergang zur „TI 2.0“ abzusichern und aufwendige Zwischenlösungen zu vermeiden, habe sich in der Abstimmung aller Beteiligten ein Hardwaretausch als insgesamt planungssicherste Lösung herausgestellt, hieß es. So werde bis zur vollständigen Implementierung der TI 2.0 der Anschluss an die TI weiterhin gewährleistet. Dies wäre mit einer ebenfalls in Betracht gezogene Laufzeitverlängerung der Zertifikate nicht gewährleistet und zudem stark risikobehaftet gewesen. Mit der TI 2.0 setzt die gematik auf eine hardwarefreie Lösung. Benötigt wird dann nur noch eine Software als Zugang. Nach jetzigem Stand wird die TI 2.0 allerdings frühestens in zwei bis drei Jahren initial an den Start gehen. So lange muss der Anschluss an die TI weiterhin über bestehende Anschlussmöglichkeiten gewährleistet sein und somit über einen Konnektor erfolgen. Die Konnektoren sind aus Sicherheitsgründen nur für fünf Jahre zugelassen. Die ersten aktuell in Gebrauch befindlichen Konnektoren schalten sich im Herbst ab und müssen folglich zuvor durch neue ersetzt werden. Dr. Karl-Georg Pochhammer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), geht davon aus, dass die Kosten der in Einzelfällen womöglich schon im Sommer 2022 nötigen Austauschaktion voll erstattet werden. „Das muss natürlich komplett finanziert sein und kann nicht zulasten der Zahnärzte gehen”, sagte er den zm. Zurzeit sei eine komplette Kostenübernahme unter allen Beteiligten aber auch unstrittig. Die Praxen könnten zudem darauf vertrauen, dass wahlweise der PVS-Hersteller oder der jeweils beschäftigte IT-Dienstleister den Zeitpunkt im Blick hat, an dem das fest verbaute Schlüssel-Zertifikat abläuft. mg zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (607) A B Volle visuelle Kontrolle über jeden Schritt dank einzigartigem Farbumschlag Immer nur 3 Schritte: Mischen – Auftragen – Verblasen – Fertig! Egal welche Oberfläche! Eins haftet immer. Universal Bond II 1 2 3 Keine Einwirkzeit Kein Lichthärten Das Fundament dentaler Restaurationen Ob direkte oder indirekte Restaurationen, eins der innovativen Monomere haftet immer, egal was Sie befestigen wollen. NEU Mehr unter  POLITIK | 17

zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (608) VERWALTUNGSGERICHT MÜNSTER Werbung mit konkretem Behandlungserfolg ist unzulässig Aligner anbietenden Zahnarztpraxen ist es untersagt, mit einer Sofortsimulation des zukünftigen Lächelns sowie einer „unverbindlichen” Beratung zu werben. Das hat das Verwaltungsgericht Münster entschieden. Die Betreiber bieten in ihrer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis unter anderem die Behandlung von Zahnfehlstellungen mittels transparenter Aligner nach dem Invisalign-System an – und wehrten sich mit der Klage gegen eine Beanstandung durch die zuständige Zahnärztekammer. Jene hatte sich zuvor wegen einer Beschwerde an die Zahnärzte gewandt, da auf der PraxisHomepage mit einem kostenlosen Beratungstermin geworben wurde. In der Folge teilten die Kläger mit, die Angaben geändert zu haben. Die Beratungwerde nun als „unverbindlich“ angeboten. Der Kammer zufolge beinhaltete diese „unverbindliche Beratung“ jedoch die Erklärung der Behandlung und die Klärung von Patientenfragen, zudem sei eine „Sofortsimulation des zukünftigen Lächelns” Bestandteil. Die Werbung sei berufsrechtswidrig, da den Patienten Leistungen als kostenfrei und „unverbindlich“ angeboten würden – gebeten wurde um eine neuerliche Anpassung der Werbung. Die Zahnärzte teilten daraufhin mit, sie hielten ihren Internetauftritt für zulässig – sie klagten gegen den Bescheid der Kammer. Die beanstandeten Formulierungen lauteten im Einzelnen: ! „Fülle den Bogen aus und wir benachrichtigen über WhatsApp für eine unverbindliche Beratung in [...]” ! „Wir erklären dir, wie die Behandlung bei uns im [...] funktioniert & beantworten dir alle deine Fragen.” ! „Eine Sofortsimulation deines zukünftigen Lächelns erhältst du ebenfalls bei deiner ersten Beratung.” Die Zahnärzte hielten die Mitteilung, Patienten unverbindlich zu beraten, weder für anpreisend noch für irreführend. Einem interessierten Patienten werde eine unverbindliche Beratung angeboten sowie eine Erklärung, wie die Behandlung „funktioniere”. Darauf habe ein Patient Anspruch. Der Zahnarzt könne für diese vorherige Beratung kein Geld verlangen, weil zu dem Zeitpunkt noch kein Behandlungsvertrag geschlossen sei. Den Hinweis „Eine Sofortsimulation deines zukünftigen Lächelns erhältst du ebenfalls bei deiner ersten Beratung” fanden die Kläger interessengerecht und sachangemessen. Dass eine solche „Simulation” nur eine Simulation sei und nicht etwa ein vorweggenommenes Endergebnis, sei jedem aufgeklärten Patienten sofort ersichtlich. IRREFÜHRENDE WERBUNG Das Gericht schloss sich jedoch der Bewertung der Kammer an: „Das Inaussichtstellen einer ,unverbindlichen’ (kostenlosen) Beratung und Sofortsimulation ist eine unzulässige anpreisende Werbung”, heißt es in dem Urteil. Zudem sei die Werbung mit „Sofortsimulation deines zukünftigen Lächelns” berufsrechtlich irreführend: Sie erwecke fälschlicherweise den Eindruck, dass ein bestimmter Behandlungserfolg mit Sicherheit erwartet werden kann. Die Abgrenzung zwischen erlaubter sachlicher Information und verbotener berufswidriger Werbung könne nicht generalisierend-abstrakt erfolgen, sondern sei stets im Einzelfall vorzunehmen, indem das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit und die Sicherung des Werbeverbots gegeneinander abgewogen werden. mg Verwaltungsgericht Münster Az.: 5 K 3488/21 Urteil vom 3. März 2022 „DIE VORSCHRIFT VERBIETET ZUGABEN!“ Nach Ansicht von Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale, lässt sich das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht auf Aligner-Start-ups übertragen, auch wenn diese zum Teil mit beinahe gleichlautenden Formulierungen werben. Das Urteil sei für Unternehmen in Form einer GmbH aber auch kein Grund, sich bequem zurückzulehnen, betont die Juristin. „Denn sie unterliegen vielleicht nicht den Regeln der Berufsordnung, aber den für alle geltenden Spielregeln in Form des Heilmittelwerbegesetzes!“ So sah es auch das Landgericht Berlin in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil, das der Sunshine Smile GmbH (PlusDental) verschiedene Werbeaussagen sowie die Werbung mit einer kostenlosen Beratung und Diagnose – insbesondere mit Erstellung eines Oralscans – untersagte (Landgericht Berlin, Az.: 101 O.41/ 20, Urteil vom 17. November 2021). Köber: „Die Vorschrift verbietet verkürzt gesagt im Gesundheitsbereich Zugaben. Wenn eine Beratung, die sonst abgerechnet wird, direkt oder indirekt kostenlos angeboten wird, dann ist das für den Verbraucher ein wirtschaftlicher Vorteil, also eine prinzipiell unzulässige Zugabe im Sinne des § 7 HWG.“ Auch irreführende Aussagen ließen sich über die Vorschriften des HWG beanstanden. So verbiete § 3 HWG explizit irreführende Werbung, unter anderem auch unzulässige Erfolgszusagen. Foto: AdobeStock_1989STUDIO . 18 | POLITIK

S.O.S. ...–––... ...–––... ...–––... ...–––... ...–––... Schützen Sie Ihre Patienten und Ihre Geräte. Vertrauen Sie nur auf das original PIEZON® PS Instrument und AIRFLOW® PLUS Pulver von EMS Schweiz. Mit sogenannt kompatiblen“, gefälschten oder kopierten Spitzen und Pulvern riskieren Sie, Zähne, Zahnfleisch und Ihre wertvollen EMS Komponenten zu ruinieren. Nur original EMS Produkte sind homologiert und garantiegeschützt, um eine Guided Biofilm Therapy erfolgreich und hochwertig praktizieren zu können. • Warum wertlose Me-too-Spitzen kaufen, wenn eine Behandlung mit dem original PS Instrument nur 5-10 Cents kostet? Ohne PS = S.O.S. SAVE OUR SMILES NURMIT DEN ORIGINAL EMS PRODUKTEN MEHR DAZU AUF: WARUM BILLIG TEUER IST: ems-dental.de R

zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (610) DER BESONDERE FALL MIT CME Trockenes Auge, trockener Mund – das Sjögren-Syndrom Moritz Große-Leege, Diana Heimes, Peer W. Kämmerer Die Mundtrockenheit gehört zu den wichtigsten Symptomen des Sjögrens-Syndroms, einer chronischentzündlichen Autoimmunerkrankung. Weil die Xerostomie negativ auf das orale System einwirkt, kommt es nicht selten zur Erstvorstellung beim behandelnden Zahnarzt. Nach Erkennung und Einordnung der Erkrankung steht die Weitervermittlung an die korrekte medizinische Abteilung im Vordergrund, wie der nachfolgende Fall zeigt. Eine 36-jährige Patientin stellte sich mit einer ausgeprägten druckdolenten Schwellung präaurikulär links in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz vor. In der klinischen Untersuchung zeigte sich eine einseitige, deutliche Schwellung der linken Präaurikularregion mit Anzeichen für eine Infektion (Abbildung 1). Die orientierende neurologische Untersuchung ergab keinen Hinweis auf eine Beeinträchtigung der Motorik oder der Sensibilität im Versorgungsgebiet der Nn. facialis und trigeminus. Der Zahnstatus der Patientin wies keinen Fokuszahn auf; die Mundschleimhaut war unauffällig. Die Patientin berichtete von einem vorbekannten Sjögren-Syndrom, jedoch ohne Okklusionssymptomatik innerhalb der vergangenen Tage. Schwellungen seien in diesem Gebiet rezidivierend aufgetreten, jedoch nie derart ausgeprägt gewesen. In Anbetracht der allgemeinen und der speziellen Anamnese der Patientin ergab sich die Verdachtsdiagnose einer Sialadenitis. Klinisch konnte bei Massage der Drüse zwar keine putride Sekretion aus dem Ductus parotideus provoziert, der Gang jedoch auch nicht tiefer als 1 cm sondiert werden. Unter Sondierung lösten sich kleinere Konkremente unter Abgang geringer Mengen Pus aus dem Gang. Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Sialadenitis auf dem Boden einer Sialolithiasis wurde zur weiterführenden Diagnostik eine Sonografie durchgeführt (Abbildung 2). Darin zeigte sich Drüsengewebe mit heterogener Echotextur und intraparenchymal gelegenen, runden bis ovalen hypoechogenen Bereichen im Sinne fokaler Dilatationen intraparotidaler Gänge. Ein Abszess oder Sialolith waren sonografisch nicht nachweisbar. Weiterführend wurde zur genaueren Beurteilung des Befunds und zur Identifizierung eines potenziell vorliegenden obstruierenden Sialoliths eine Computertomografie mit Kontrastmittel veranlasst (Abbildung 3). Darin zeigte sich die linke Glandula parotidea mit differenzialdiagnostisch im Rahmen einer Sklerodermie vergrößertem, kleinzystischem Drüsengewebe diffus entzündlich verändert. Kleinere kalkdichte Konkremente waren erkennbar, jedoch kein größerer, okkludierender Sialolith. Der StenonGang zeigte keinen Aufstau, eine Abszessformation war ebenfalls nicht erkennbar. Die Patientin wurde zur intravenösen antibiotischen und abschwellenden Therapie stationär aufgenommen und Abb. 1: Klinischer Befund Foto: Diana Heimes 20 | ZAHNMEDIZIN

zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (611) konnte in deutlich gebessertem Allgemeinzustand nach einem dreitägigen stationären Aufenthalt wieder in die ambulante Betreuung entlassen werden. Nach dem vollständigen Abklingen der Entzündung wird eine Magnetresonanztomografie zur Darstellung der Drüsenstruktur ohne inflammationsbedingte Veränderung angestrebt. Hiernach soll – bei schon in der Vorgeschichte rezidivierenden Parotitiden – eine partielle Entfernung des sklerotisch veränderten Drüsengewebes zur Prophylaxe zukünftiger Ereignisse eruiert werden. DISKUSSION Beim Sjögren-Syndrom handelt es sich um eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung unklarer Genese. Sie äußert sich durch einen zunehmenden Umbau insbesondere der Tränen- und Speicheldrüsen mit der typischen klinischen Leittrias aus Xerostomie, Xerophthalmie und Arthritis [Herold, 2018]. Bei 30 bis 50 Prozent der betroffenen Patienten treten zusätzlich extraglanduläre Organmanifestationen auf: Darunter fallen die nichterosive Polyarthritis (50 Prozent), Neuropathien, Hautmanifestationen (entstehend durch eine Vaskulitis der kleinen Gefäße), interstitielle Lungenerkrankungen oder tubulointerstitielle Nephropathien [Witte, 2019]. Die epidemiologischen Daten in Bezug auf das SjögrenSyndrom sind aufgrund der unterschiedlichen Studiendesigns und Klassifikationskriterien relativ heterogen. Ausgegangen wird von einer Gesamtprävalenz der deutschen erwachsenen Bevölkerung von mindestens 0,4 Prozent [Westhoff und Zink, 2010]. Für das seltenere primäre Sjögren-Syndrom wurde eine weltweite Prävalenz von 61 auf 100.000 Einwohner ermittelt, wobei die Zahlen in Europa am höchsten sind. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung beträgt 56 Jahre. Frauen erkranken durchschnittlich zehnmal häufiger als Männer [Qinet al., 2015]. Die Krankheit kann entweder als primäres Sjögren-Syndrom selektiv exokrine Drüsen betreffen oder als sekundäres Sjögren-Syndrom mit Assoziation zu anderen chronischen Erkrankungen auftreten [Suttorpet al., 2016]. Letzteres wird häufig mit Systemerkrankungen wie dem systemischem Lupus erythematodes (SLE), rheumatoider Arthritis oder systemischer Sklerodermie assoziiert [Tomiak und Dörner, 2006]. Dabei kann sich die zugrunde liegende Erkrankung auch primär durch eine Sicca-Symptomatik (trockenes Auge, trockener Mund aufgrund einer Benetzungsstörung) äußern und sich erst später mit einer zunehmenden Progredienz demaskieren. Ein nicht therapierter SLE kann schwerwiegende Organmanifestationen zur Folge haben. Dabei reichen die Pathologien von kognitiven Veränderungen und Psychosen bis hin zu einer Pleuritis, einer Perikarditis oder einer Lupusnephritis, die die Gefahr eines terminalen Nierenversagens birgt. Gerade in Anbetracht solcher Verläufe wird deutlich, weshalb es nicht selten zu einer verzögerten Diagnosestellung autoimmuner Erkrankungen kommt und die korrekte Einordnung der Pathologie durch den Zahnarzt für den Patienten von zentraler Bedeutung ist. Zu Beginn der Erkrankung kommt es zu einer Entzündung der glandulären Epithelzellen. Dabei werden durch deren Apoptose Autoantigene, wie die nachweisbaren Kernproteine SS-A [Ro] und SS-B [La], freigesetzt. Daraufhin kommt es zur Einwanderung dendritischer Zellen sowie von B- und T-Lymphozyten, die dort ein Keimzentrum bilden. Die Immunzellen werden durch freigesetzte Zytokine wie Interferone, Interleukin-12 und BAFF (B-Zell aktivierender Faktor) stimuliert. In den gebildeten Keimzentren reifen schließlich Plasmazellen aus. Diese produzieren Antikörper gegen muskarinerge Acetylcholinrezeptoren, die durch nervale Stimulation der Drüse zu deren Blockierung und somit zur Minderfunktion des Drüsengewebes führen, obwohl anfangs histologisch fast keine Auffälligkeiten erkennbar sind [Witte, 2019]. Die initiale Symptomatik der Patienten kann jedoch von der typischen klinischen Symptomtrias abweichen. Zur besseren Übersicht lassen sich glanduläre von extraglandulären Manifestationen unterscheiden. Zu den ErstgeAbb. 2: Sonografie der linken Glandula parotidea: Erkennbar ist die inhomogene Echostruktur der Drüse mit intraparenchymal gelegenen, runden bis ovalen hypoechogenen Bereichen mit dorsaler Schallverstärkung. Die Differenzialdiagnostik zwischen einer Dilatation intraparotidaler Gangstrukturen und Zysten ist hier schwierig. Ein Verhalt oder Sialolith waren – auch im Gangverlauf – nicht erkennbar. Quelle: Diana Heimes MORITZ GROßE-LEEGE Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat ZAHNMEDIZIN | 21

zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (612) nannten zählen besonders Xerostomie und Xerophthalmie. Betroffen können aber auch andere exokrine Drüsen des Aerodigestivtrakts sein. Insbesondere bei Patienten mit primärem Sjögren-Syndrom tritt in 34 Prozent der Fälle eine beidseitige Schwellung der Parotis auf. Arthralgien oder eine nicht-erosive Polyarthritis sind mit 50 Prozent die häufigsten extraglandulären Manifestationen [Ramos-Casals et al., 2014]. In 40 Prozent der Fälle findet sich ein sekundäres Raynaud-Syndrom (Gefäßerkrankung, die durch vorübergehende Gefäßspasmen hervorgerufen wird) als Begleiterkrankung in der Frühphase; dieses kann einer SiccaSymptomatik um mehrere Jahre vorausgehen und stellt somit ein wichtiges Frühdiagnosekriterium dar. Pulmonale Begleiterscheinungen können in Form der pathognomonischen lymphozytären interstitiellen Pneumonie zutage treten. Eine Vaskulitis der kleinen und der mittleren Gefäße ist ebenso typisch [Ramos-Casals et al., 2014]. Renal sind tubulointerstitielle Veränderungen zu beobachten – hier ist auf eine reduzierte Elimination nierengängiger Medikamente und die Anpassung von nephrotoxischen Therapeutika zu achten [Evans et al., 2015]. Im späten Krankheitsverlauf werden insbesondere die sensorische Neuropathie und die Beeinträchtigung des zentralen Nervensystems klinisch relevant [Pavlakis et al., 2012]. Die dabei auftretenden multifokalen Läsionen können differenzialdiagnostisch schwer von einer multiplen Sklerose zu unterscheiden sein und mit der Entwicklung einer Depression oder mit Gedächtnisstörungen einhergehen [Margaretten, 2017]. Besonders schwer fällt die Einordnung unspezifischer Symptome wie Fatigue, Antriebslosigkeit oder diffuser Schmerzen. DIAGNOSTIK In der Diagnostik steht die Objektivierung der eingeschränkten Sekretproduktion im Vordergrund, auch wenn primär keine Sicca-Symptomatik vorliegt. Um einen klinischen Nachweis der reduzierten Flussrate der Speicheldrüse zu ermöglichen, stehen quantitative Messverfahren zur Verfügung. Der eher historisch zu sehende Saxon-Test dient der Messung der Speichelsekretion durch Abwiegen eines im Mund verbliebenen Wattebauschs. Die Sialometrie (unstimulierter Gesamtspeichel-Test) ist eine einfache Alternative, bei der 15 Minuten lang der Speichel gesammelt und anschließend die Menge des Speichels gemessen wird. Aufgrund des Aufwands und der geringen Aussagekraft spielen Szintigrafie und Sialografie im klinischen Alltag keine Rolle mehr [Aeby und Distler, 2017]. Zur Objektivierung der Tränenproduktion stehen verschiedene Testverfahren zu Verfügung. Beim SchirmerTest handelt es sich um das wohl bekannteste Testverfahren. Die Kriterien zur Diagnose des Sjögren-Syndroms sind in der Tabelle zusammengefasst. Die Sonografie der betroffenen Speicheldrüsen spielt in Anbetracht der fehlenden Strahlenbelastung, der guten Zugänglichkeit der Untersuchungsregion, der breiten Verfügbarkeit und der geringen Kosten eine wichtige Rolle in der Diagnostik des Sjögren-Syndroms. Das oben dargestellte sonografische Bild ist charakteristisch für das sklerodermatisch veränderte, inhomogene Drüsenparenchym. Ebenfalls kann eine Sonografie bei der Abgrenzung des primären Sjögren-Syndroms von anderen Erkrankungen wie einer IgG4-assoziierten Erkrankung oder einer undifferenzierten Kollagenose behilflich sein [Ferro et al., 2016]. Laborchemisch sind ein erhöhter Titer für Antinukleäre Antikörper (ANA), der Nachweis von Rheumafaktoren, Abb. 3: Computertomografie des Gesichtsschädels, links in axialer (a), rechts in coronarer Schicht (b): Die Computertomografie zeigt eine diffus geschwollene und inhomogen vermehrt kontrastmittelaffine linke Glandula parotidea mit multiplen fokalen Dilatationen intraparotidaler Gänge, differenzialdiagnostisch intraparotidaler Zysten, jedoch ohne signifikante Dilatation des Stenon-Ganges. Es konnte der Nachweis multipler, sehr kleiner Kalzifizierungen, jedoch keines kalkdichten Konkrements erbracht werden. Auch ein Abszess war nicht abzugrenzen. Quelle: Diana Heimes b a 22 | ZAHNMEDIZIN

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