Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 5

zm0, Nr. 5, 1.3.2022, (1) ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN I WWW.ZM-ONLINE.DE AUSGABE 05 I 2022 Einrichtungsbezogene Impfpflicht KZBV und BZÄK warnen eindringlich vor Engpässen bei der zahnärztlichen Versorgung. SEITE 12 Datenpannen in der Zahnarztpraxis Wie Sie sich juristisch vor den Konsequenzen schützen können. SEITE 20 zm-Reihe „Karrieren im Ausland“ Der „Meister der Zahnfüllungen“ und Prominentenzahnarzt Hans-Jacques Mamlok – Abschluss der Reihe. SEITE 54 zm1.3.2022, Nr. 5 VIDEOKONTROLLIERTER ZAHNBÜRSTENVERGLEICH Wie gut reinigt die Schallzahnbürste?

SUPERHERO PERSONAL-CHALLENGE OPTI MITARBEITERBEFRAGUNG - 25 WORKSHOPS – TEAMPROGRAMM – FÜHRUNGSKRÄFTEPROGRAMM - ABSCHLUSSEVENT Infos und Teilnahme unter: P.S.: Denken Sie daran - Mitarbeiterbefragungen sind laut Vorgaben des G-BA seit Dezember 2020 Pflicht... www.opti-superhero.de Vom Praxisinhaber zum Superhero.... ACHTUNG! Nur für Praxen, die sich im Bereich Personal verbessern wollen! IHRE INVESTITION: 1.450,- €* unabhängig von der Praxisgröße! *) zzgl USt.

Über den Berg? Außerdem haben Wissenschaftler aus Freiburg, Greifswald, Basel und Gießen in einem Video-kontrollierten Design untersucht, ob eine aktive Schallzahnbürste tatsächlich besser Plaque entfernt als eine nicht aktivierte Bürste, die wie eine Handzahnbürste verwendet wurde. Wir zeigen Ihnen die Ergebnisse des Versuchs. Kieferorthopäden sind Künstler. An der School of Dentistry in Washington, USA, ist das mit Sicherheit der Fall. Dort sieht das Curriculum für die Erstsemester im Fach Kieferorthopädie eine ungewöhnliche Aufgabe vor: Sie müssen Skulpturen aus Draht basteln und ausstellen. Wir stellen die diesjährigen „Wire Sculptures“ vor. Gesundheitsdaten sind hochsensibel. Aber nicht immer sind es Hacker, die versuchen, mit kriminellen Mitteln an diese zu kommen. Nicht selten kommt es durch die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Datenpannen. Was zu tun ist, wenn dieser unangenehme Fall in der eigenen Praxis eintritt und wie man sich rechtlich bestmöglich absichert, erklärt Ihnen eine Juristin in dieser Ausgabe. Viel Spaß bei der Lektüre. Sascha Rudat Chefredakteur Deutschland im März 2022: Nach Expertenmeinung ist der Scheitelpunkt der Omikron-Welle überschritten, die Corona-Infektionszahlen sinken, eine Überlastung der Intensivversorgung in den Kliniken ist ausgeblieben. Die Schutzmaßnahmen sollen bis zum 20. März sukzessive zurückgefahren werden – mit den üblichen Hakeleien zwischen den Bundesländern. Der Versuch, über diese Maßnahmen auch Druck auf die Impfunwilligen auszuüben, hat nur teilweise gefruchtet. Zuletzt ist die Impfquote nur langsam gestiegen. Auf der anderen Seite läuft der Countdown für die einrichtungsbezogene Impfpflicht, an der die Politik unverdrossen festhält – trotz deutlich erkennbarer Regelungsdefizite soll in den Zahnarztpraxen ab dem 16. März die Pflicht gelten, einen gültigen Immunitätsnachweis vorzulegen. Die Folgen für die Praxen sind schwer abschätzbar – eine große Belastung ist aber sicher. Ob eine allgemeine Impfpflicht kommen wird, ist zumindest sehr fraglich. Aber auch hier hält die Politik an dem Vorhaben fest. Mehrere Vorschläge unterschiedlicher parlamentarischer Gruppen liegen auf dem Tisch. Interessant ist, dass die Bundesregierung bis dato keinen eigenen Vorschlag eingebracht hat. Daneben hält die Politik daran fest, auch Zahnärztinnen und Zahnärzte zum Impfen einsetzen zu wollen. Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung sind dabei, die – nicht ganz einfachen – Voraussetzungen zu schaffen. Ob die Zahnärzteschaft für die Impfkampagne noch gebraucht wird, hängt sicherlich vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Also, wo stehen wir gerade? Die Gemengelage ist wie so oft in den vergangenen zwei Jahren unübersichtlich. Trotz erkennbar positiver Anzeichen kommt keine richtige Erleichterung auf. Dafür ist es auch noch zu früh. Außerdem steckt uns die Erfahrung mit der Omikron-Welle in den Knochen. Wir mussten lernen, dass das Virus nicht wirklich berechenbar ist und die eine oder andere Überraschung parat hält. Aber möglicherweise ist jetzt doch endlich ein Ende der Pandemie in Sichtweite und wir sind wirklich über den Berg. Dann könnte sich die Politik in nicht allzu ferner Zukunft auch wieder um andere gesundheitspolitische Themen als die Pandemiebekämpfung kümmern. Baustellen gibt es ja genug. Neben der bevorstehenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht beschäftigen wir uns in dieser Ausgabe in der Fortsetzung unseres Fortbildungsteils wieder mit der Versorgung der Einzelzahnlücke. Im Blickpunkt diesmal: der orthodontische Lückenschluss und die implantologische Versorgung der Einzelzahnlücke. Foto: Lopata/axentis EDITORIAL | 03

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (374) Inhalt Foto: School of Dentistry, Washington 32 Künstler der Kieferorthopädie An der School of Dentistry in Washington müssen die Erstsemester „Wire sculptures“ (Skulpturen aus Draht) basteln. 24 Mundhöhlenkrebs Gibt es bald ein Früherkennungsverfahren für Mundschleimhautveränderungen mit hohem malignem Entartungsrisiko? Foto: Universitätsklinikum Erlangen Titelfoto: zm-sr MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel 8 Leserforum POLITIK 10 British Dental Association 38 Millionen NHS-Zahnarzttermine seit Pandemiebeginn entfallen 12 Einrichtungsbezogene Impfpflicht 12 Der Stichtag rückt näher 16 KZBV und BZÄK warnen vor Versorgungsengpässen 64 Unabhängige Patientenberatung Deutschland Gehört die Homöopathie in den GKV-Leistungskatalog? ZAHNMEDIZIN TITELSTORY 18 Aus der Wissenschaft: Schall- versus Handzahnbürste Schall reinigte nicht besser 24 Mundhöhlenkrebs Forscher arbeiten an Früherkennungstest für Präkanzerosen 32 „Wire Sculptures“ Künstler der Kieferorthopädie 34 Fortbildung „Die Einzelzahnlücke – Optionen der Versorgung“ Teil 2 34 Der orthodontische Lückenschluss 36 Die implantologische Versorgung der Einzelzahnlücke 62 Der besondere Fall No business as usual 66 MKG-Chirurgie Wo bleibt der Zahn? Dentinom blockiert den Zahndurchbruch 04 | INHALTSVERZEICHNIS

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (375) PRAXIS 20 Datenschutz in der Praxis Was Sie bei einer Datenpanne tun sollten 28 Interview mit dem Allgemeinmediziner Dr. Matthias Michiels-Corsten „Wir sollten die Patienten ausreden lassen“ GESELLSCHAFT 54 zm-Reihe „Karrieren im Ausland“ In Berlin entrechtet, in New York hofiert – der Prominentenzahnarzt Hans-Jacques Mamlok 70 150. Geburtstag von Walther Wolfgang Bruck Der jüdische Hofzahnarzt MARKT 86 Neuheiten RUBRIKEN 58 Termine 60 Formular 26, 74 Bekanntmachungen 90 Impressum 110 Zu guter Letzt Foto: Maria Bruhnke 34 Fortbildung „Die Einzelzahnlücke“ Teil 2 Zwei weitere Beiträge: der orthodontische Lückenschluss und die implantologische Versorgung der Einzelzahnlücke TITELSTORY 18 Effektivität von Schallzahnbürsten Entfernt eine aktive Schallzahnbürste besser Plaque als eine nicht aktivierte Bürste, die wie eine Handzahnbürste verwendet wurde? Foto: zm-sr INHALTSVERZEICHNIS | 05

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (376) Der 15. März rückt näher und damit die Einführung einer einrichtungsbezogenen COVID-19-Impfpflicht, die Auswirkungen auf alle Praxen haben wird, in denen zu diesem Zeitpunkt Ungeimpfte tätig sind. § 20a des Infektionsschutzgesetzes ordnet an, dass Personen, die in Gesundheitseinrichtungen einschließlich Zahnarztpraxen oder in Pflegeeinrichtungen tätig sind, ab dem 15. März 2022 über einen Immunitätsnachweis, das heißt einen Impf- oder Genesenennachweis, verfügen müssen und diesen der Einrichtungsleitung vorzulegen haben. Darüber hinaus dürfen nach dem 15. März 2022 keine Personen eingestellt werden, die nicht über einen solchen Immunitätsnachweis verfügen. Zwar besteht für das bereits vor dem 15. März tätige Personal, das bis zum Ablauf dieses Tages keinen Immunitätsnachweis vorlegt, nicht sofort nach diesem Stichtag ein Tätigkeitsverbot. Vielmehr muss der Praxisinhaber diese Personen zunächst unverzüglich dem Gesundheitsamt melden, in dessen Ermessen es nach einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls dann steht, ein konkretes Tätigkeits- oder Zutrittsverbot für die jeweilige ungeimpfte beziehungsweise nicht-immunisierte Person behördlich anzuordnen oder aber von einem solchen Verbot abzusehen. Nun mag man lange über den Sinn einer Impfpflicht im Allgemeinen und einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Speziellen mit guten Argumenten auf beiden Seiten diskutieren. Vor dem Hintergrund unserer ethischen Verpflichtung gegenüber den uns anvertrauten Patientinnen und Patienten, deren Gesundheit bestmöglich zu schützen, sollte die Corona-Schutzimpfung aus meiner Sicht eine Selbstverständlichkeit für uns sein, wie dies auch bei anderen Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Hepatitis der Fall ist. Die vorbildlich hohe Zahl der vollständig immunisierten Beschäftigten in unseren Praxen zeigt mir, dass diese Auffassung auch von der ganz überwiegenden Mehrheit der Zahnärztinnen und Zahnärzte wie auch unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geteilt wird. Davon unabhängig kann man dieses Gesetz im Hinblick auf die Folgeregelungen nur als handwerklich desaströs bezeichnen. Denn es ist bis heute völlig unklar, nach welchen Maßstäben die Gesundheitsämter nach dem 15. März über die Anordnung oder das Absehen von Tätigkeits- beziehungsweise Zutrittsverboten hinsichtlich der betroffenen Mitarbeiter und Praxen treffen werden, und mit welchen arbeitsrechtlichen Konsequenzen solche Verbote gegebenenfalls verbunden sind. Der Ermessensentscheidung der Gesundheitsämter nach § 20a Abs. 5 IfSG über die konkreten Tätigkeits- beziehungsweise Betretungsverbote für nicht-immunisiertes Praxispersonal und sonstige in der Praxis tätige Personen kommt eine besondere Bedeutung zu. Die bisherigen Forderungen nach Präzisierung seitens der Gesundheitsministerkonferenz sind bis dato nicht umgesetzt worden. Darauf habe ich auch kürzlich in einem gemeinsamen Brief mit BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nachdrücklich hingewiesen und eine Umsetzung mit dem notwendigen Augenmaß angemahnt. Wir haben betont, dass im Rahmen der behördlichen Ermessensentscheidungen der Gesundheitsämter insbesondere auf die Personalsituation in der jeweiligen Praxis sowie auf die Versorgungssituation in der betreffenden Region Rücksicht zu nehmen ist. In diesem Brief warnen wir auch vor den möglichen Folgen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht auf die Versorgung. Denn viele Praxisinhaberinnen und -inhaber, die ungeimpftes Personal beschäftigen, treibt die nachvollziehbare Sorge um, dass die Nachweispflicht nach dem 15. März den ohnehin schon drohenden Fachkräftemangel an zahnmedizinischem Fachpersonal verstärken könnte. Auch vorzeitige Praxisaufgaben von älteren Praxisinhabern drohen. Schlimmstenfalls kann dies in geringer versorgten, insbesondere ländlichen Regionen zu einer zunehmenden Verschlechterung der zahnärztlichen Versorgungssituation führen, Foto: KZBV/baumannstephan.com Folgen unabsehbar! 06 | LEITARTIKEL

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (377) die weder im Interesse der Politik und schon gar nicht im Interesse der Patienten sein kann. Trotz der vielfältigen Initiativen von anderen im Gesundheitswesen von diesem Gesetz betroffenen Organisationen, das Gesetz nicht in Kraft treten zu lassen, zu verschieben oder zu ändern, hält der Minister bis heute beharrlich an den getroffenen Regelungen fest. Bestätigt wird er zumal von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Februar, womit ein Eilantrag gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht abgelehnt wurde. Auch die publikumswirksam von Herrn Söder vorgetragene Absicht, die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Bayern nicht umsetzen zu wollen, ist inzwischen deutlich zurückgefahren worden. Insofern müssen wir davon ausgehen, dass das Gesetz zum vorgesehenen Zeitpunkt in Kraft treten wird, auch wenn eine endgültige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der getroffenen Regelungen noch aussteht. Absehbar wird mit diesem Gesetz ein weiterer gesellschaftlicher Graben aufgerissen, weil eine allgemeine Impfpflicht mit großer Wahrscheinlichkeit nicht kommen wird, und somit nur die Gesundheitsberufe mit dieser besonderen Pflicht belegt werden. Bleibt mir abschließend nur daran zu erinnern, dass wir in einem Rechtsstaat leben und wir die im demokratischen Prozess verabschiedeten Gesetze zu befolgen haben, und der erneute, dringende Appell an diejenigen unter Ihnen, die – aus welchen Gründen auch immer – noch ungeimpft sind, sich impfen zu lassen – zu Ihrem eigenen Schutz, zum Schutz Ihrer Lieben und zum Schutz Ihrer Patientinnen und Patienten. Dr. Wolfgang Eßer Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Einen Beitrag zum Thema einrichtungsbezogene Impfpflicht finden Sie auf Seite 12. Meine Software sollte flexibel genug sein, um meine zahnärztliche Zukunft und Karriere zu managen. Genau das ist CGM Z1.PRO: anfangs umfassend funktional, später individuell erweiterbar.“ ZAHNARZTSOFTWARE CGM Z1.PRO – Meine Zukunft. Mein Weg. cgm-dentalsysteme.de CGMCOM-11612_DEN_0521_RRH LEITARTIKEL | 07

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (378) WISSENSCHAFT NICHT WIRKLICH NEU Zum Beitrag „Studie aus Basel: Neue Muskelschicht des M. masseter entdeckt“, zm 3/2022, S. 18–20. Mir gefällt die von der Autorin gewählte Überschrift zu dem Bericht über die Studie von Mezey, Türp et al. nicht: „Neu entdeckt“ passt hier nicht zum dargestellten Sachverhalt, denn wie die Autoren der Studie im ebenfalls abgedruckten Interview selbst sagen: Das Ganze ist eigentlich nicht wirklich neu. Die „neue“ Schicht wurde ja letztlich bereits lt. Türp „in mehreren einschlägigen Werken, u. a. bereits im Jahr 1845 erwähnt“ und z. B. „von Toldt in einem Atlas aus dem Jahre 1908 näher beschrieben“. Der Originaltitel der Studie lautet übrigens dementsprechend auch anders. Hier steht nämlich: „The human masseter muscle revisited: First Description of its coronoid part“ – und in der Einleitung der Publikation, wenn auch nicht so deutlich wie im Interview, wird immerhin von den Autoren von bereits bestehenden historischen Publikationen zur gleichen Sache gesprochen („However, a few historical texts mention the possible existence of a third layer as well, but they are extremely inconsistent as to its position“). Das Bemerkenswerte an der Arbeit von Mezey, Türp et al. ist also nicht, dass sie eine Muskelschicht ganz neu entdeckt haben, sondern dass sie sich Offenheit, Aufmerksamkeit, Respekt und Wertschätzung auch gegenüber historischer Fachliteratur bewahrt haben und hierdurch auf diese bislang übersehene, vergessene Struktur neu gestoßen sind, um diese anschließend selbst noch einmal vertieft systematisch zu analysieren und strukturell wie funktional noch näher zu charakterisieren. Dr. M.C. Müller, Hannover M.A. „Integrated Practice in Dentistry“ ZAHNMEDIZIN ES GEHT AUCH UM ENDODONTIE Zum Beitrag „Der besondere Fall mit CME: Vom Abszess im Unterkiefer zur Intensivstation“, zm 3/2022, S. 26–29. Diese Fallvorstellung beschäftigt sich mit den dramatischen Folgen einer apikalen Parodontitis an Zahn 36. Dabei sollte klar sein: Es geht hier auch um Endodontie, denn 36 war zuvor endodontisch therapiert worden – und das leider nicht gut: Die Wurzelfüllungen sind unzureichend, das OPG zeigt es klar. Solche ausgedehnten apikalen Parodontitiden – trotz Endotherapie wie in diesem Fall – sind regelmäßig das Ergebnis mangelnder Aufbereitung und Obturation. An 46 sieht es übrigens keineswegs besser aus, im Gegenteil: Auch hier sind ausgeprägte Osteolysen bei zu kurzen, inhomogenen Wurzelfüllungen erkennbar. Es wäre daher kurzsichtig, diesen Fall nur nach seiner dramatischen weiteren Entwicklung zu beurteilen. Er zeigt ein strukturelles Problem praktizierter Endodontie. Private Endodontie ist inzwischen meist hervorragend, die „Breitenendo“ über GKV jedoch viel zu oft eher kritikwürdig. Das liegt am hoffnungslos überholten GKV-Katalog. Ohne verbindliche Mindeststandards – einschließlich Spülungen – und eine bessere Bezahlung (Gebühren) durch die GKV wird es nicht gehen, wenn man solche traurigen Fälle wirklich reduzieren will. Denn solche Endodontie grenzt an Körperverletzung. In diesem speziellen Fall sogar beidseitig. Der Patient hätte gute Chancen, vor einem Gericht die Fehlbehandlung zu belegen, denke ich. Das alles war also vermeidbar. Und 46 müsste dringend rechtzeitig revidiert werden, sonst droht sogar eine Wiederholung. Dr. Paul Schmitt, Frankfurt/M. Tätigkeitsschwerpunkt Endodontie Leserforum Foto: stock.adobel.com Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an: leserbriefe@zm-online.de oder Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Chausseestr. 13, 10115 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht.

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (379) Digitales Assistenz-System zur Kanalaufbereitung CanalProTM Jeni Jeni – fertig – los! Digitales Assistenz-System zur Kanalaufbereitung CanalProTM Jeni Jeni – fertig – los! MicroMega2Shape MicroMegaOne Curve 006623 09.21 www.coltene.com HyFlex™EDM HyFlex™CM • Digitales Assistenz-System zur Kanalaufbereitung steuert die Feilenbewegung im Millisekunden-Takt • Bewegungsprofil der Feile passt sich laufend an die individuelle Wurzelkanalanatomie an • Durch akustisches Signal wird Spülempfehlung angezeigt • Dank integriertem Apex Locator und vollisoliertemWinkelstück ist eine kontinuierliche Messung der Arbeitslänge in Echtzeit möglich Ideal auf vier Feilensysteme abgestimmt Speziell für den Einsatz im Jeni-Modus sind vier NiTi-Feilensysteme einprogrammiert. Durch die Doctor’s Choice Funktion ist auch der flexible Einsatz mit individuellen Feilensequenzen möglich.

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (380) BRITISH DENTAL ASSOCIATION (BDA) 38 Millionen NHS-Zahnarzttermine seit Pandemiebeginn entfallen Die Pandemie trifft die zahnmedizinische Versorgung in Großbritannien doppelt: Millionen Kontrollund Behandlungstermine entfielen, gleichzeitig droht dem Nationalen Gesundheitsdienst NHS ein Behandlermangel. Die British Dental Association (BDA) hat den jüngsten Schritt der britischen Regierung begrüßt, eine Konsultation zur Beendigung der Impfpflicht einzuleiten. Der Verband betonte jedoch, dass angesichts der herrschenden Unsicherheit unter den Praxisbetreiberinnen und -betreibern schon jetzt „Kollateralschäden” zu verzeichnen seien. Mehr als 1.000 NHS-Zahnärzte hätten den Gesundheitsdienst 2021 bereits verlassen, zudem zeigten sich Rekrutierungs- und Bindungsprobleme sowohl bei Zahnärztinnen und Zahnärzten als auch bei ZFA. Und nach den Vorschriften, die im Dezember 2021 vom Parlament verabschiedet wurden, riskieren Praxismitarbeiter – im NHS wie in privaten Praxen – ein Arbeitsverbot, wenn sie bis April 2022 nicht mindestens zwei COVID-Impfungen nachweisen können. Doch dazu kommt es jetzt doch nicht. Die britische Regierung hat Ende Januar Zweifel an der geplanten Impfpflicht für medizinisches Personal angemeldet und diese Medienberichten zufolge gekippt. Der Impfschutz in der Bevölkerung sei inzwischen so hoch, dass man auf diese Zwangsmaßnahme verzichten könne, hieß es. Schon die Ankündigung der Impfpflicht habe die Impfbereitschaft beim NHS-Personal zuvor allerdings befördert, so die Berichte weiter. So seien 95 Prozent der Beschäftigten mindestens einmal geimpft. Großbritanniens Gesundheitsminister Sajid Javid hatte ankündigt, „die Pläne zu überprüfen und bei den medizinischen Behörden neue Daten anzufordern”. Aus Sicht der BDA ist das ein zwingender Schritt. Schon jetzt sei der NHS mit beispiellosen Versorgungsrückständen konfrontiert, seit dem ersten Lockdown seien im Nationalen Gesundheitsdienst mehr als 38 Millionen Zahnarzttermine weniger durchgeführt worden, so der Verband. Gleichzeitig beschäftigt die BDA ein zusätzliches Problem: Aufgrund der Pandemie haben die Overseas Registration Exams (ORE), das sind die Zulassungstests für ausländische Zahnärzte, seit 2020 nicht mehr stattgefunden. Nach Regierungsangaben warten derzeit mehr als 2.000 Bewerber auf die Gelegenheit, diese Prüfung abzulegen. Nach den bestehenden Vereinbarungen werden die meisten dieser Zahnärzte Jahre warten müssen, bevor sie in Großbritannien praktizieren dürfen, befürchtet der Verband, „und aufgrund veralteter Vorschriften wird es vielen nicht erlaubt sein, im NHS zu arbeiten”. AUCH DIE UNGLEICHHEIT IN DER VERSORGUNG WÄCHST Neue Daten aus Schottland bescheinigen dem Nationalen Gesundheitsdienst zudem eine wachsende Ungleichheit bei der Inanspruchnahme von zahnmedizinischen Leistungen: Der Abstand zwischen Kindern aus sozial benachteiligten und privilegierten Gebieten betrug im September 2008 noch 3 Prozentpunkte, 2010 waren es schon 7 Prozentpunkte und im September 2021 rund 18 Prozentpunkte. Das heißt, 2021 besuchten nur 55,3 Prozent der Kinder aus sozial benachteiligten Gebieten einen Zahnarzt – bei den Kindern aus privilegierten Gebieten waren es hingegen 73,1 Prozent. Bei den Erwachsenen hat diese Ungleichheit ebenfalls zugenommen: Im September 2008 betrug der Abstand 3 Prozentpunkte, 2010 waren es 6 Prozentpunkte und im September 2021 rund 11 Prozentpunkte (45,1 Prozent aus sozial benachteiligten Gebieten gegenüber 56,4 Prozent). mg Foto: AdobeStock_Kristina Blokhin Laut BDA hat die Pandemie zu beispiellosen Versorgungsrückständen geführt. Gleichzeitig belegen Zahlen aus Schottland wachsende Ungleichheiten in der Versorgungssituation abhängig vom sozialen Status der Patientinnen und Patienten. 10 | POLITIK

WAS BIOFILMMANAGEMENT, PRAXIS-ERFOLG UND BEGEISTERTE PATIENTEN VERBINDET • BOLOGNA • JORDANIEN • KRAKAU • LISSABON • LONDON • MADRID • MARSEILLE • MÜNCHEN • SEOUL • SYDNEY • TOKYO MÜNCHEN SAMSTAG , 2. APRIL 2022 VON 8:30 BIS 17:00 UHR HILTON MUNICH PARK HOTEL, MÜNCHEN GBT Summit – Die internationale Kongressreihe über Guided Biolm Therapy kommt nach München! Erfahren Sie alles über den Game Changer in der Karies- und Parodontitis-Prophylaxe von EMS Dental. Zwölf hochkarätige Experten erläutern, warum das GBT Protokoll für innovative, erfolgreiche und patientenfreundliche PZR steht. Informieren Sie sich aus erster Hand über neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und protieren Sie von einem spannenden Tag rund ums Thema orale Prophylaxe, systemische Erkrankungen und Guided Biolm Therapy. Kongresssprache ist Deutsch. JETZT ANMELDEN EMS-DENTAL.COM/DE BEI PANDEMIEBEDINGTEM AUSFALL GELD-ZURÜCK-GARANTIE 6CE PUNKTE AKTIVER AUSTAUSCH WISSENSCHAFT & PRAXIS RENOMMIERTE REFERENTEN

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (382) EINRICHTUNGSBEZOGENE IMPFPFLICHT Der Stichtag rückt näher Die Gesundheitsminister der Länder waren sich Mitte Februar weitestgehend einig, dass die Corona-Impfpflicht für das Pflegeund Gesundheitspersonal ab dem 15. März ausgewogen und in einem gestuften Verfahren umgesetzt wird. Zwar seien noch viele Fragen offen, dennoch hielten die Minister am Vollzug und an der Umsetzung des Gesetzes fest, verkündete die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Petra Grimm-Benne (SPD). Demzufolge sollen die Beschäftigten in den betroffenen Einrichtungen innerhalb von 14 Tagen einen Impfnachweis vorlegen. Alle diejenigen, die sich noch impfen lassen wollen oder erst eine Impfung haben, sollen weiterarbeiten dürfen. Sie müssten dann unter Fristsetzung die anderen Impfungen vornehmen lassen. Unterschiede soll es auch zwischen Beschäftigten geben, die direkt mit Patienten arbeiten und denjenigen, die weniger Kontakt mit Patienten haben. „Das sind alles Einzelfallentscheidungen. Wir sind der Auffassung, es gehört ein geordnetes Anhörungsverfahren dazu“, betonte Grimm-Benne. Und das brauche Zeit. Dabei soll der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelten. Seitens der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) wurde indes vor den möglicherweise gravierenden Folgen für die zahnärztliche Versorgung durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht gewarnt. In einem gemeinsamen Brief wandten sich der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer und der BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) (siehe Artikel S. 16). BMG AKTUALISIERT „HANDREICHUNG“ Unterdessen hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die „Handreichung zur Impfprävention in Bezug auf einrichtungsbezogene Tätigkeiten“ aktualisiert. Dabei handelt es sich um die Fortführung der seit Dezember bestehenden FAQs des Foto: AdobeStock_Wolfilser Wenige Wochen vor Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist die Lage nach wie vor unübersichtlich. Dass sie wirklich kommen wird, scheint aber sicher. Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag, der die Impfpflicht stoppen sollte, am 11. Februar abgelehnt. Länder wie Bayern, die die Impfpflicht aussetzen wollten, sind inzwischen wieder zurückgerudert. Offen ist immer noch, wie die Regelungen durch die Gesundheitsämter nachgehalten werden. 12 | POLITIK

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zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (384) BMG. Auf 23 Seiten sind alle Einrichtungen aufgeführt, die unter die einrichtungsbezogene Impfpflicht fallen. Nach Infektionsschutzgesetz (§ 20a Absatz 1, Satz 1, Nummer 1 IfSG) gehören dazu: Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Tageskliniken, Entbindungseinrichtungen, Hospizdienste, die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV), Blutspendeeinrichtungen, Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Betriebsärzte, Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe, Rettungsdienste, sozialpädiatrische Zentren nach § 119 SGB V sowie medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen. Daneben ist eine Reihe von humanmedizinische Heilberufen aufgeführt, die unter die Impfpflicht fallen. VERFASSUNGSGERICHT LEHNT EILANTRAG AB Nicht betroffen sind nach dieser Aufstellung Mitarbeiter von Apotheken und Medizinischen Laboren, auch wenn in Apotheken Impfungen durchgeführt werden. Sollten jedoch Apotheker Impfungen in einer anderen Einrichtung oder in einem Unternehmen vornehmen, das unter die Regelung des § 20a IfSG fällt, fallen sie unter die Impfpflicht. In der Handreichung werden die konkreten Schritte für Arbeitgeber erklärt, wenn die Beschäftigten nicht ausreichend geimpft sind. Arbeitsrechtliche Fragen, etwa zu Lohnzahlungen oder zur Frage von Kündigungen, bleiben allerdings unbeantwortet. Bundesgesundheitsminister Lauterbach sagte aber zu, dass weitere Ergänzungen und Aktualisierungen der „Handreichung“ folgen sollen. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 11. Februar in einem Eilverfahren einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, womit der Vollzug der einrichtungsbezogenen Impfpflicht vorläufig ausgesetzt werden sollte. Damit kann das Gesetz, das im Dezember beschlossen wurde, wie vorgesehen am 15. März in Kraft treten. Bei diesem Beschluss ging es um eine Regelung für die Zwischenzeit. Das Hauptverfahren, in dem das Gesetz umfassend geprüft wird, steht noch aus. Das Gericht nahm dabei eine Folgenabwägung vor. Die Richter prüften, welche Konsequenzen schlimmer wären: das Gesetz zunächst nicht zu stoppen, obwohl die Klagen berechtigt wären – oder die Impfpflicht vorübergehend auszusetzen, selbst wenn sich diese dann später als verfassungsgemäß herausstellt. Die Verfassungsrichter entschieden, dass die Nachteile, die den überwiegend im Gesundheitswesen tätigen Beschwerdeführern durch eine Impfpflicht drohten, weniger schwer wiegen als die Nachteile, die bei einem vorläufigen Außerkraftsetzen der Regelung für vulnerable Menschen zu befürchten seien. Beim BVerfG waren 74 Verfassungsbeschwerden von rund 300 Klägerinnen und Klägern in Karlsruhe eingegangen. Geklagt hatten überwiegend ungeimpfte Beschäftigte sowie Leiter von Einrichtungen, die weiter ungeimpftes Personal beschäftigen wollen. BAYERN PRESCHT VOR UND RUDERT ZURÜCK Wenige Tage zuvor hatte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Bayern aussetzen zu wollen. Nach einer Videokonferenz des CSU-Vorstands in München hatte er erklärt, es solle in Bayern „großzügigste Übergangsregelungen“ geben. Das laufe „de facto“ zunächst einmal „auf ein Aussetzen des Vollzugs hinaus“, fügte er hinzu. Die dortigen zahnärztlichen Körperschaften begrüßten diesen Vorstoß daraufhin als richtige Entscheidung. Die Personalsituation in den bayerischen Zahnarztpraxen sei bereits sehr angespannt, betonte Christian Berger, Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer und Vorsitzender des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns. „Jede Zahnmedizinische Fachangestellte, die wegen der Impfpflicht den Beruf aufgibt, ist eine zu viel. Zudem haben wir bewiesen, dass unsere Schutz- und Hygienemaßnahmen auch unter Pandemiebedingungen greifen“, betonte Berger. Heftige Kritik aus Berlin – unter anderem von Lauterbach – am Vorpreschen Bayerns ließ nicht lange auf sich warten. Söder wurde vorgeworfen, er wolle sich nicht an Gesetze halten, die er selbst mitbeschlossen habe. Ziemlich schnell gab es daraufhin mildere Töne aus München. Bayern stehe zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht, hieß es am 15. Februar in einem Beschluss der bayerischen Staatsregierung. „Wir bleiben natürlich rechtstreu“, verkündete der bayerische Ministerpräsident. BZÄK INFORMIERT AUF IHRER WEBSITE Zum Thema Impfpflicht hat die BZÄK für die Zahnärzteschaft umfangreiche Informationen auf ihrer Webseite zusammengestellt, die permanent aktualisiert werden. Daher ist es sinnvoll, sich dort tagesaktuell über die einrichtungsbezogene Impfpflicht und deren Umsetzung zu informieren. sr Beschluss des Bundesverfassungsgerichts: AZ: 1 BvR 2649/21 Link zur Website der BZÄK Link zur Handreichung des BMG zur Impfpflicht 14 | POLITIK

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zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (386) EINRICHTUNGSBEZOGENE IMPFPFLICHT KZBV und BZÄK warnen vor Versorgungsengpässen Die einrichtungsbezogene Impfnachweispflicht ab dem 15. März könnte den ohnehin schon drohenden Fachkräftemangel in den Zahnarztpraxen verstärken, befürchten KZBV und BZÄK. In einem Brief an Bundesgesundheitsminister Lauterbach warnen sie eindringlich vor deutlichen Auswirkungen auf die Versorgung. Zwar stoße die Immunitätsnachweispflicht in den Zahnarztpraxen ganz überwiegend auf Zustimmung – und das Praxispersonal sei größtenteils geimpft oder geboostert –, dennoch befürchten die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) – mit Blick auf die bevorstehende einrichtungsbezogene Impfpflicht – Engpässe in der zahnärztlichen Versorgung. „Uns erreichen Stimmen besorgter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, schrieben Eßer und Benz, „die um ihre berufliche Perspektive fürchten, weil der oder die Praxisinhaber den erforderlichen Nachweis nicht erbringen können. Offenbar ziehen es große Teile der betroffenen Personen gegenüber einer Impfung vor, den erlernten Beruf zu verlassen.” In der Folge könne der Praxisbetrieb mangels Personal eingestellt oder zumindest deutlich reduziert werden müssen. Ferner drohten vorzeitige Praxisaufgaben von älteren Praxisinhabern. Das könne schlimmstenfalls in geringer versorgten – vor allem ländlichen – Regionen zu einer Verschlechterung der zahnärztlichen Versorgungssituation führen. Daher komme, so Eßer und Benz, der Ermessensentscheidung der Gesundheitsämter über konkrete Tätigkeitsoder Betretungsverbote für nichtimmunisiertes Praxispersonal eine besondere Bedeutung zu. Mit Nachdruck schlossen sich beide der Forderung der Gesundheitsministerkonferenz an, nicht nur bisher offene Anwendungsfragen zu klären, sondern vor allem einheitliche Kriterien für die Ermessensausübung aufzustellen. WAS DIE GESUNDHEITSÄMTER BERÜCKSICHTIGEN MÜSSEN Vier Aspekte sollten nach Auffassung von KZBV und BZÄK bei der Umsetzung der Nachweispflicht beziehungsweise bei den Ermessensentscheidungen der Gesundheitsämter vor allem berücksichtigt werden: 1. Die Personalsituation in der jeweils betroffenen Praxis: Vor allem in kleineren Praxen wirke ein Personalausfall besonders schwer, überlaste das übrige Personal und führe zu Einschränkungen bei der Versorgung. Patienten würden in der Regel nur sehr selten zu einem anderen Zahnarzt ausweichen, da das Zahnarzt-Patienten-Verhältnis durch eine besondere Vertrauensbeziehung gekennzeichnet sei. 2. Die Versorgungssituation in der betreffenden Region: Je geringer die Dichte an Zahnarztpraxen in einer Region sei, desto schwerer wiegen würden Praxisausfälle oder die Reduzierung der Versorgungskapazitäten einzelner Praxen. 3. Das in Zahnarztpraxen sehr geringe Infektionsrisiko: In Zahnarztpraxen herrschen laut KZBV und BZÄK sehr hohe Hygienestandards. Bisher seien praktisch keine Fälle von in Zahnarztpraxen erworbenen Corona-Infektionen bekannt geworden. 4. Der Anteil der als besonders vulnerabel geltenden Patienten: Der Anteil vulnerabler Gruppen sei – anders als in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder Arztpraxen bestimmter Fachrichtungen – in Zahnarztpraxen nicht signifikant höher als in Einrichtungen des täglichen Lebens wie etwa in Ladengeschäften, Behörden oder Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Wenn einzelne behördliche Tätigkeitsverbote ausgesprochen werden, dann sollte dies nach Meinung von KZBV und BZÄK unter der Bedingung geschehen, dass – wenn eine Impfung nachgeholt wird – das Verbot auch automatisch endet. So könnten zeitintensive Verwaltungsverfahren vermieden werden. Ferner plädierten die zahnärztlichen Spitzenvertreter dafür, eine Vollzugsaussetzung oder Fristverlängerung bis zur flächendeckenden Verfügbarkeit des Novavax-Impfstoffs ins Auge zu fassen. Angesichts der verbreiteten Bedenken gegen speziell die mRNA-Impfstoffe werde sich die Impfbereitschaft von bisher nicht impfbereitem medizinischem Personal dadurch voraussichtlich deutlich erhöhen. pr Foto: AdobeStock_Wolfilser 16 | POLITIK

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zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (388) AUS DER WISSENSCHAFT: SCHALL- VERSUS HANDZAHNBÜRSTE Schall reinigte nicht besser Elmar Hellwig Klinische Studien zur Effektivität von Schallzahnbürsten kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Ein Grund dafür ist die fehlende Supervision des adäquaten Einsatzes der Zahnbürsten. Wissenschaftler aus Freiburg, Greifswald, Basel und Gießen untersuchten nun in einem Video-kontrollierten Design, ob eine aktive Schallzahnbürste tatsächlich besser Plaque entfernt als eine nicht aktivierte Bürste, die wie eine Handzahnbürste verwendet wurde. Obwohl zahlreiche Patienten versichern, dass sie für ihre Dentalhygiene einen erheblichen Zeitaufwand betreiben, ist die Plaqueentfernung oft wenig erfolgreich. Um die komplizierten Bewegungsabläufe für eine gute Zahnreinigung einfacher zu gestalten, wurden unterschiedliche elektrische Zahnbürsten entwickelt. Für Schallzahnbürsten wird propagiert, dass sie die Plaquemikroorganismen nicht nur über den Kontakt der Borsten mit der Zahnoberfläche entfernen, sondern über einen Energietransfer gewissermaßen indirekt von der Zahnoberfläche ablösen. Diese Theorie wurde in mehreren In-vitro-Studien verifiziert. In klinischen Studien sind die Ergebnisse zum Vergleich von Handzahnbürsten und elektrischen Zahnbürsten uneinheitlich. Häufig wurde darin nicht beschrieben, ob die Teilnehmer adäquat instruiert wurden und ob sie die Zahnbürsten korrekt verwendeten. Es fiel auf, dass Patienten die Zähne meist unsystematisch reinigen, wobei sie häufig zwischen den unterschiedlichen Bereichen im Zahnbogen hin- und herwechseln, den oralen Flächen wenig Aufmerksamkeit schenken und zudem die Zähne teilweise mit unkoordinierten Bewegungen versuchen zu reinigen. Gleichzeitig zeigte sich in Studien mit Videoüberwachung, dass Probanden elektrische Zahnbürsten und übliche Handzahnbürsten in gleicher Art und Weise verwendeten. Dies deutet auf ein festgelegtes Putzmuster hin, das nicht auf den Zahnbürstentyp ausgerichtet ist. Ziel der hier beschriebenen Studie war es zu untersuchen, ob die Verwendung einer Schallzahnbürste Plaque effektiver entfernt als eine Handzahnbürste und welche Rolle der korrekte Gebrauch einer solchen Zahnbürste bezüglich der Effektivität spielt. MATERIAL UND METHODE Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Nadine Schlüter (Freiburg) ging diesen Fragestellungen in einer prospektiven, explorativen, nicht-randomisierten Interventionsstudie nach, an der primär 32 gesunde Probanden mit vollständiger Bezahnung im Oberkiefer teilnahmen. Bei den Rechtshändern wurde der linke Oberkieferquadrant, bei den Linkshändern der rechte Oberkieferquadrant für die Untersuchung ausgewählt. Zu Beginn wurde bei allen Probanden eine professionelle Zahnreinigung durchgeführt und sie erhielten eine standardisierte Fluoridzahnpasta ohne Additive, die die Plaquebildungsrate beeinflussen können. Vor jedem Untersuchungszeitpunkt durften die Probanden für vier Tage ihre Zähne im entsprechenden Studienquadranten nicht reinigen. Zu Beginn jedes Untersuchungszeitpunkts wurde die Plaque mit einem Revelator angefärbt und die Plaquemenge mit dem Rustogi-modifizierten Navy-Plaque-Index (RMNPI) auf den bukkalen Oberflächen der ersten Molaren und Prämolaren bestimmt. Anschließend wurde mit standardisierten Fotografien eine planimetrische Bestimmung der Plaque vorgenommen. Die Probanden putzten die Zähne wie folgt: 1. Termin: Verwendung der Schallzahnbürste wie eine Handzahnbürste (nicht eingeschaltet), ohne weitere Instruktion 2. Termin: Schallzahnbürste eingeschaltet, ohne weitere Instruktion Foto: AdobeStock/Sergey Ryzhov 18 | ZAHNMEDIZIN

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (389) 3. Termin: angewendet wie eine Handzahnbürste, nicht eingeschaltet, mit entsprechender Instruktion in die modifizierte BASS-Technik 4. Termin: Schallzahnbürste eingeschaltet, mit entsprechender Instruktion Die Putzmuster wurden per Video festgehalten. Sowohl vor als auch nach dem Zähneputzen wurden der Plaqueindex erhoben und die Planimetrie durchgeführt. ERGEBNISSE Von den 32 primär rekrutierten Probanden beendeten 30 (23 Frauen, 7 Männer) die Studie. Das Durchschnittsalter betrug 22,9 Jahre. 29 Probanden waren Rechtshänder, ein Proband war Linkshänder. Wurde die Schallzahnbürste als Handzahnbürste (nicht eingeschaltet) verwendet, putzten die Probanden ihre Zähne hauptsächlich über kreisende Bewegungen, die häufig von horizontalen und vertikalen Bewegungen begleitet waren. Nach einer Instruktion in die modifizierte BASS-Technik konnten fast alle Probanden diese Technik anwenden. Wurde die Schallzahnbürste eingeschaltet verwendet, begannen die Probanden zunächst mit einer passiven Anwendung, gefolgt von kreisenden Bewegungen. Auch hier wurde die Instruktion zur speziellen Putztechnik mit Schallzahnbürsten befolgt. Zu Beginn der Studie zeigten alle Probanden in der planimetrischen Auswertung ähnliche Ergebnisse (kein statistisch signifikanter Unterschied). Alle Zahnputzübungen führten zu einer klaren Reduktion der Plaque von 59 bis 80 Prozent. Es gab keine signifikanten Unterschiede nach dem Putzen mit der Schallzahnbürste im An- oder im Aus-Modus. Sogar nach der Instruktion führte die Anwendung der Schallzahnbürste im angeschalteten Zustand nicht zu einer besseren Plaquereduktion als die Verwendung der Schallzahnbürste im reinen Handmodus. Das Zähneputzen nach Instruktion in der modifizierten BASS-Technik führte nicht zu einer Verbesserung der Plaquereduktion im Vergleich zum Putzen ohne Instruktion, diese Technik schnitt vielmehr am schlechtesten ab. DISKUSSION In der vorliegenden Studie wurde unter hoch-standardisierten Bedingungen untersucht, ob der Schalleffekt einer Zahnbürste beziehungsweise eine spezielle Putztechnik die Plaqueentfernung verbessert. Speziell die Videokontrolle der jeweiligen Putztechnik konnte sicherstellen, dass diese auch tatsächlich durchgeführt wurde. Die beiden Messverfahren zur Plaqueentfernung ergänzen sich idealerweise, so konnte die Reduktion der Plaque durch die unterschiedlichen Putztechniken sehr genau bestimmt werden. Üblicherweise werden elektrische Zahnbürsten gegen Handzahnbürsten getestet, allerdings wird der zu untersuchende Effekt (elektrisch versus manuell) hier zusätzlich durch Unterschiede wie die Form der Bürstenköpfe oder die Härte der Borsten beeinflusst. In der vorliegenden Studie wurde die Schallzahnbürste in abgeschalteter Form wie eine Handzahnbürste verwendet, so dass ein direkter Vergleich tatsächlich möglich war, ohne dass diese störenden Faktoren eine Rolle spielten. Die Studie konnte zeigen, dass auch Schallzahnbürsten, ähnlich wie Handzahnbürsten, in einer individuellen Art und Weise verwendet werden und nicht in der empfohlenen, mehr passiven Form. Zu Beginn jedes Untersuchungszeitpunkts wies der zu putzende Quadrant erhebliche Plaqueablagerungen auf, wobei je nach Teilnehmer die Plaquebedeckungsraten beziehungsweise die Plaquemengen unterschiedlich waren. Der Schalleffekt hatte keine über die übliche Zahnputztechnik hinausgehende Plaque-reduzierende Wirkung. Die Mundhygiene mit der BASS-Technik zeigte das schlechteste Ergebnis aller Gruppen. Eine vorhergehende Studie hatte bereits gezeigt, dass die modifizierte BASS-Technik im Vergleich zu einer habituellen Putztechnik zu schlechteren Ergebnissen führt, sogar dann, wenn die Probanden sich nach entsprechenden Übungen zu Hause an diese Technik adaptiert hatten. Eine Schwäche der Studie ist, dass die Probanden nur eine einzige Instruktion erhalten hatten. Weitere Studien sollten prüfen, ob diese Ergebnisse sich bestätigen lassen, wenn es eine längere Übungszeit mit einer besseren Gewöhnung an die entsprechenden Funktionen gibt. Auch ein direkter Vergleich mit anderen elektrischen Zahnbürsten beziehungsweise anderen Schallzahnbürsten wäre interessant. BEDEUTUNG FÜR DIE PRAXIS Patienten putzen nach eigenen, individuell eingeübten Mustern, die man zwar durch entsprechende Instruktionen kurzfristig ändern kann, wobei allerdings ungeklärt bleibt, ob das zu einem dauerhaft veränderten Putzmuster führt. Für die Praxis bedeutet das, dass nur über ein Anfärben der Plaque und über beobachtetes Zähneputzen in der Zahnarztpraxis herausgearbeitet werden kann, wie die einzelnen Probanden ihre Zähne reinigen und wie bei entsprechender Plaquebedeckung dieses Verhalten durch Training geändert werden kann. Die Effektivität der Plaqueentfernung beim Zähneputzen wird durch eine Schallaktivierung nicht verbessert, selbst dann nicht, wenn die Schallzahnbürste korrekt nach den Instruktionen des Herstellers verwendet wird. \ Schlueter N, Fiedler S, Mueller M, Walter C, Difloe-Geisert JC, Vach K, Ganss C: Efficacy of a sonic toothbrush on plaque removal – A video-controlled explorative clinical trial. PLoS One 16: e0261496, 2021 PROF. DR. ELMAR HELLWIG Universitätsklinikum Freiburg Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie Hugstetterstr. 55, 79106 Freiburg Foto: privat ZAHNMEDIZIN | 19

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (390) DATENSCHUTZ IN DER PRAXIS Was Sie bei einer Datenpanne tun sollten Rebecca Richter Durch die Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb, die Reputation und letztlich die Finanzen können Datenpannen im schlimmsten Fall die Existenz einer Praxis gefährden. Sie treten potenziell jederzeit und unerwartet auf und müssen individuell bewältigt werden. Betroffene klagen in Fällen von Datenpannen über den Verlust der Kontrolle über ihre persönlichen Daten und über den Verlust der Vertraulichkeit – und damit ihres Sicherheitsgefühls. Schlimmstenfalls kommt es zu finanziellen Einbußen, Diskriminierung und Rufschädigung bei den Betroffenen. Dieser sensible Bereich sollte durch eine entsprechende Implementierung des Datenschutzrechts in Ihre Praxisabläufe geschützt werden. Auch das Risikomanagement und die schnellstmögliche Meldung einer Datenpanne gehören dazu. WAS IST EINE DATENPANNE UND WIE KOMMT ES DAZU? Eine Datenpanne ist juristisch ausgedrückt „die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten“. Wir gehen davon aus, dass jede Offenlegung an Unbefugte sowie jede Vernichtung oder Veränderung von Daten eine Datenpanne bedeutet. Auch kann es dazu kommen, dass Daten verloren gehen, weil sie unbefugt gelöscht wurden. Sie fragen sich vielleicht, wie es dazu kommt, dass die Konsequenzen für alle so massiv werden können. Stellen Sie sich vor: Ein Patient befindet sich in Behandlung bei Ihnen und es werden intime Details besprochen, etwa der Zustand seines Gebisses oder wie viele Zahnfüllungen bereits stattgefunden haben. Auch ein Röntgenbild wird erstellt. Diese Daten sollen an einen weiteren Zahnarzt übermittelt werden, Sie oder Mitarbeitende übersenden die Daten jedoch versehentlich an einen anderen Arzt, der den Patienten privat kennt. Oder durch einen technischen Fehler am Router Ihrer Praxis sind über Wochen Patientendaten für jeden sichtbar. Das bedeutet Adressen, Gesundheitsdaten und so weiter sind für Unbefugte abrufbar. Weitere Beispiele: \ Einbruch in die Praxis und Diebstahl von Computern \ Andere Patientinnen und Patienten hören im Wartezimmer mit Foto: AdobeStock_Klaus Eppele Eine an den falschen Adressaten versendete E-Mail mit sensiblen Gesundheitsdaten oder das Gespräch mit einer Patientin im vollen Wartebereich der Praxis, all das lässt sich schon als Datenpanne einordnen. 24 Prozent der Datenpannen werden laut einer Kaspersky-Studie durch Unachtsamkeit der Mitarbeitenden selbst verursacht. Es müssen also keine Hacker oder Softwarefehler am Werk sein. Wie Sie sich juristisch vor den Konsequenzen schützen können, erklärt die Rechtsanwältin Rebecca Richter. 20 | PRAXIS

\ Zugriff auf alle Patientendaten wird unverschlüsselt durch einen Konfigurationsfehler am Router für Unbefugte möglich gemacht \ Versendung einer E-Mail mit sensiblen Daten an eine falsche E-Mail-Adresse \ Virenbefall durch Trojaner \ Die Mitarbeitenden haben Zugriff auf die Personaldaten der jeweils anderen Mitarbeitenden \ Nutzung der Patientendaten durch den Praxisnachfolger WAS SIND DIE MÖGLICHEN KONSEQUENZEN? Auch wenn die Datenschutzbehörden oftmals kulant sind, können die Konsequenzen, wenn Sie Ihre Pflichten nicht ernst nehmen, höher als erwartet ausfallen. Die DS-GVO (Datenschutzgrundverordnung) stellt die Nichterfüllung Ihrer Meldepflicht gemäß Art. 83 Absatz 4a DS-GVO unter Strafe. Es sind Bußgelder in immenser Höhe von bis zu zehn Millionen Euro möglich oder von bis zu zwei Prozent des weltweiten Umsatzes des vorherigen Geschäftsjahrs. Es gibt Fälle, in denen die Datenschutzbehörden diese Sanktionen ausschöpfen und die Strafen bei Verletzung der Meldepflicht auch tatsächlich durchsetzen. So wurden schon bei Falschversand eines Befunds und der verspäteten Meldung bei der Datenschutzbehörde 500 Euro als Bußgeld festgelegt. Die volle Ausschöpfung – orientiert am Jahresumsatz – zeigt sich durch Vorfälle der jüngeren Vergangenheit. Einem Krankenhaus wurde vor Kurzem ein Bußgeld von 50.000 Euro auferlegt, weil eine Mitarbeiterin Gesundheitsdaten dem Ehemann einer Patientin am Telefon offenlegte. Darüber hinaus ist die Geltendmachung von Schadenersatz aus Art. 82 DS-GVO durch die betroffenen Patientinnen und Patienten oder Mitarbeitenden denkbar. Es haftet nämlich jeder an einer Verarbeitung beteiligte Verantwortliche für den Schaden, der durch eine nicht dieser Verordnung entsprechende Verarbeitung verursacht wurde. Hier sind Klageverfahren auf Zahlung eines Schadenersatzes gegen die Inhaberinnen und Inhaber einer Praxis als Verantwortliche möglich, deren Zahlen zuletzt immer mehr gestiegen sind. So kann beispielsweise eine Mitarbeitende Ihrer Praxis gegen Sie einen Schadenersatz in Höhe von mehreren hundert bis tausend Euro geltend machen, wenn beispielsweise Daten über deren Herkunft und religiöse Zugehörigkeit aus der Personalakte an Unbefugte offengelegt wurden. WIE SIE IM FALL EINER DATENPANNE KONKRET VORGEHEN MÜSSEN Vorranging sollten Sie, wenn Ihnen ein Fall wie in den Beispielen bekannt wird, als Praxisinhaberin oder -inhaber die Panne pflichtgemäß aufgrund der Risiken für die Betroffenen beurteilen. Denn Sie sind bei allen Datenpannen handlungs-, jedoch nicht immer meldepflichtig. Das Gesetz besagt hierzu Folgendes (Art. 33 DS-GVO): „Im Falle einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten meldet der Verantwortliche unverzüglich und zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (391) aera-online.de ... UND DAS IST ERST DER ANFANG! IHRE PREISVERGLEICHS- UND BESTELLPLATTFORM FÜR DENTALPRODUKTE NEUES DESIGN PRAXIS | 21

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (392) möglichst binnen 72 Stunden, nachdem ihm die Verletzung bekannt wurde, diese der gemäß Artikel 55 zuständigen Aufsichtsbehörde, es sei denn, dass die Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten voraussichtlich nicht zu einem Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen führt.“ Eine Meldepflicht besteht damit erst, wenn im Wege einer Risikobewertung Gefahren und Einbußen für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen gesehen werden. Diese Bewertung können Sie selbst vornehmen, sie sollte aber im Zweifel durch Datenschutzbeauftragte Ihrer Praxis oder durch externe Experten, Anwälte oder Anwältinnen erfolgen. Die Meldung muss dann innerhalb von spätestens 72 Stunden bei der zuständigen Datenschutzbehörde Ihres Bundeslandes geschehen. Hier gibt es entsprechende Online-Formulare, die alles Wichtige abfragen. Folgende Schritte sollten Sie demnach im Fall einer Datenpanne durchlaufen: 1. Bereiten Sie den Sachverhalt der Datenpanne gewissenhaft und selbstkritisch auf Prüfen Sie, wer betroffen ist und erstellen Sie eine Liste der Datensätze, die offengelegt wurden. Stellen Sie fest, wo der Fehler lag. 2. Stellen Sie eine erste eigene Risikoabschätzung an Der Maßstab ist immer, ob ein Risiko für Rechte und Freiheiten der Betroffenen besteht. Das ist der Fall, wenn die Datenpanne etwa zu einer Rufschädigung, zu Identitätsdiebstahl oder zu einem Verlust der Vertraulichkeit des ärztlichen Berufsgeheimnisses führt oder führen kann. Wenn zum Beispiel ein PDF per Mail an einen falschen Adressaten versendet wurde, hier aber noch ein Passwort notwendig wäre, um dieses zu öffnen, dann kann Ihre Risikoabschätzung zu dem Ergebnis kommen, dass keine Gefahr für Rechte und Freiheiten der betroffenen Person besteht – und damit auch keine Meldepflicht. 3. Holen Sie bei der Risikoabschätzung gegebenenfalls Expertinnen oder Experten hinzu 4. Melden Sie die Datenpanne gegebenenfalls bei der zuständigen Datenschutzbehörde Hierfür stehen Online-Formulare auf den entsprechenden Webseiten der für Ihr Bundesland zuständigen Datenschutzbehörde bereit. Zu Beweiszwecken sollten Sie die Meldung ausreichend dokumentieren. Folgendes sollte -jede Meldung beinhalten: \ Art der Datenpanne: Was genau ist passiert? \ Die ungefähre Anzahl der Datensätze \ Welcher Personenkreis ist betroffen? (Mitarbeitende oder Patientinnen/Patienten? Wie viele Personen?) \ Eine Beschreibung der bereits ergriffenen Maßnahmen 5. Teilen Sie gegebenenfalls den Betroffenen die relevanten Informationen zur Datenpanne mit Dies wird eher selten erforderlich. Die Mitteilung an Betroffene muss oft nur nach Aufforderung der zuständigen Datenschutzbehörde erfolgen oder wenn ein erhöhtes Risiko für die Freiheit und die Rechte der Betroffenen besteht. Ein „erhöhtes Risiko“ für die Betroffenen liegt vor, wenn ein Schaden besonders schwer wiegt und wahrscheinlich eintreten wird. Hier kann auch die Datenschutzbehörde helfen bei der Einordnung, wenn Sie die Panne dort melden. 6. Lernen Sie für die Zukunft Klären Sie Ihre Mitarbeitenden auf und beseitigen Sie die Umstände, die zur Datenpanne geführt haben. FAZIT Im Zweifel sollten Sie jede Datenpanne an die entsprechende Aufsichtsbehörde melden. Denn es macht für Sie im Fall eines unerkannt eklatanten Verstoßes einen Unterschied, ob Sie einen Verstoß selbst gemeldet haben oder dies durch die Betroffenen erfolgt ist. Dies ist vor allem wichtig, da Sie es im Berufsalltag mit Gesundheitsdaten, die besonders sensibel sind, zu tun haben und diese gesetzlich besonders geschützt sind. Damit können die Konsequenzen grundsätzlich härter ausfallen. Im Rahmen einer durchdachten Praxisorganisation muss also auch immer die Beschäftigung mit den erforderlichen Handlungen bei Datenpannen erfolgen. \ REBECCA RICHTER DUNKEL RICHTER Rechtsanwältinnen Mühsamstr. 34, 10249 Berlin richter@dunkelrichter.de Foto: Arik Bauriedl Foto: AdobeStock_rdnzl 22 | PRAXIS

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