ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN | WWW.ZM-ONLINE.DE Zuckergehalt in Softdrinks Mehr Zucker bedeutet eine höhere Karieslast. Doch die freiwillige Reduktion durch die Industrie funktioniert nicht. SEITE 30 Neue Akzente, aber kein Neustart Dr. Doris Seiz, die neue Präsidentin der Landeszahnärztekammer Hessen, stellt ihre berufspolitische Agenda vor. SEITE 34 Goldstandard Chlorhexidin Nach der CHX-Anwendung treten oft Zahnverfärbungen auf. Welchen Einfluss hat der Konsum bestimmter Getränke? SEITE 24 Pharmakotherapie in der Schwangerschaft AUSGABE 06 | 2023 zm 16.03.2023, Nr. 06
VOCO GmbH · Anton-Flettner-Straße 1-3 · 27472 Cuxhaven · Deutschland · Freecall 00 800 44 444 555 · www.voco.dental Macht das Beste noch einfacher! Admira® Fusion5 WÜRFEL DEIN GLÜCK GEWINNSPIEL Auf der IDS 2023 in Köln: Halle 10.2, Stand N-10/0-19 Besuchen Sie uns in Köln! 14.−18.03.2023 Halle 10.2: Stand N10/O19 + N20/O29 Halle 5.2: Stand C40
EDITORIAL | 3 Von alten und neuen Rechten zinisch sinnvoll ist“. Wie ernst er es damit meint, wird das angekündigte MVZ-Gesetz aber erst zeigen müssen. Es gilt also wachsam zu bleiben. Themenwechsel: Gesetzgeberischen Handlungsbedarf gibt es auch an anderer Stelle. Die freiwillige Verpflichtung der Industrie, den Zuckergehalt in Softdrinks zu reduzieren, ist bisher gnadenlos gescheitert. Wie Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) kürzlich mit einer Studie herausgefunden hat, hat sich der durchschnittliche Zuckergehalt in Softdrinks von 2015 bis 2021 lediglich um zwei Prozent reduziert. Es zeigt sich vielmehr, dass die Industrie jeden, aber auch wirklich jeden Trick nutzt, um die Verbraucher zu täuschen. Der von der ehemaligen Bundesernährungsministerin und Weinkönigin Julia Klöckner eingeschlagene Kuschelkurs mit der Industrie muss endlich ein Ende haben. Eine Zuckerabgabe muss her. Anders wird es kaum zu einer erkennbaren Zuckerreduktion kommen. Viel Spaß bei der Lektüre Sascha Rudat Chefredakteur Das Patientenrechtegesetz feiert in diesen Tagen sein zehnjähriges Bestehen. Das Gesetz hatte im Jahr 2013 unter anderem die Unterstützung bei vermuteten Behandlungsfehlern sowie die Rechte zur Einsicht in Patientenunterlagen neu geregelt. In der Folge war die Zahl der gemeldeten vermuteten Behandlungsfehler stark gestiegen. Vielen Patientinnen und Patienten nutzten die Möglichkeiten, die das neue Gesetz bot. Inzwischen haben sich die Zahlen der Behandlungsfehlervorwürfe auf einem relativ festen Niveau stabilisiert, ebenso wie die Quote der anerkannten Behandlungsfehler, die bei rund einem Drittel liegt – mal etwas mehr, mal etwas weniger. In absoluten Zahlen liegen die Behandlungsfehler in Relation zu den Behandlungszahlen in Deutschland auf einem erfreulich niedrigen Niveau – natürlich gibt es auch hier eine vermutete große Dunkelziffer, über deren Höhe gerne mal spekuliert wird. Aber das haben Dunkelziffern so an sich. Das Recht, prüfen zu lassen, ob eine Behandlung, die nicht wunschgemäß verlaufen ist, wirklich fehlerhaft war, ist ein hohes Gut. Aber im medizinischen Bereich ist bekanntermaßen nicht jeder unerwünschte Verlauf ein Fehler. Menschen sind schließlich keine Autos. Behandlungsverläufe sind vielmehr immer individuell. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat nun kürzlich angekündigt, das Patientenrechtegesetz „fortzuschreiben“. Zuvor hatte auch der Patientenrechtebeauftragte der Bundesregierung eine weitere Stärkung der Patientenrechte gefordert. Was zunächst einmal gut klingt, lässt mit Blick auf die bisherige Gesetzgebung unter der Ägide des SPDPolitikers aufhorchen. Denn ein Patientenrechtegesetz muss auch immer die Rechte der Zahnärzteschaft und der Ärzteschaft im Blick haben. Rechte und Pflichten müssen ausgewogen verteilt sein. Die Erfahrungen zeigen aber, dass sich Lauterbach bisher herzlich wenig um die Belange der „Leistungserbringer“ geschert hat – seien sie auch noch so berechtigt gewesen. Konkrete Pläne für das Gesetz sind noch nicht bekannt. Allerdings deutete Lauterbach bereits an, neben der Überarbeitung des Gesetzes auch die Rechte der Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) stärken zu wollen –ein Veto-Recht bei einigen Entscheidungen ist wohl im Gespräch. Es steht zu befürchten, dass die Arbeit in diesem Gremium, das wirklich gut funktioniert, konterkariert wird. Der Minister sollte vielmehr seinen Blick dorthin lenken, wo Patientenrechte systematisch und strukturell verletzt werden. Das ist in den Kliniken und in den versorgungsfremden MVZ sehr oft der Fall. Denn wenn die Ökonomie im Vordergrund steht, bleiben die Belange der Patientinnen und Patienten gerne mal auf der Strecke. Oder anders gesagt: Wenn ich einen Hammer habe, sieht alles aus wie ein Nagel. Nun scheint das Lauterbach auch durchaus erkannt zu haben, wenn er sagt, dass sich „Patienten darauf verlassen können sollen, dass nur das getan wird, was mediFoto: Lopata/axentis
4 | INHALT 12 Meine Praxis geht in die Ukraine Manche PraxisabgeberInnen überlassen Technik und Mobiliar ausgebombten KollegInnen im ehemaligen Kriegsgebiet. 16 Investoren-betriebene MVZ Wie will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den Einstieg „der Heuschrecken in Arztpraxen“ unterbinden? MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel 8 Leserforum POLITIK 16 Diskussion um Medizinische Versorgungszentren Was tun gegen Heuschrecken und Profitgier? 34 Interview mit Dr. Doris Seiz, Präsidentin der Landeszahnärztekammer Hessen „Neue Akzente, aber kein völliger Neustart“ ZAHNMEDIZIN 24 Interview mit Dr.-Ing. Sandra Sarembe zu Zahnverfärbungen durch Chlorhexidin Die Milch macht's 48 Der besondere Fall mit CME Orbitaler und periorbitaler Tumor: Das sphenoorbitale Meningeom 54 Aus der Wissenschaft Kann die Rezessionsdeckung von Wurzeloberflächen Dentinhypersensitivität beseitigen? 56 Leitlinien-Update „Dentale Digitale Volumentomografie“ Die DVT ist keine Routinediagnostik 66 MKG-Chirurgie Vaskuläre Anomalie des Os frontale TITELSTORY 36 Antibiotika, Analgetika, Lokalanästhetika Zahnärztliche Pharmakotherapie in der Schwangerschaft PRAXIS 22 Bundesgerichtshof Wie viel Bedenkzeit benötigt der Behandlungsentschluss? 27 IT-Sicherheit Schützen Sie sich gegen Cyberangriffe! 52 Einstellungsmanagement Auch Sie bewerben sich bei den Neuen! Inhalt zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (402)
INHALT | 5 54 Parodontalchirurgie Kann die Rezessionsdeckung von Wurzeloberflächen Dentinhypersensitivität beseitigen? TITELSTORY 36 Zahnärztliche Pharmakotherapie in der Schwangerschaft Fast alle Medikamente, die in der Schwangerschaft eingenommen werden, erreichen über die Plazenta auch den Embyo. Welche Arzneimittel empfohlen werden können. 73 Drei Fragen an Dr. Karsten Heegewaldt Neuer Kongress: „Es geht um die Anwendung in der Praxis am Montag danach“ GESELLSCHAFT 12 ZahnärztInnen spenden für die Ukraine Die letzte Reise der C2 führt nach Kiew 30 Analyse der Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) Die freiwillige Zuckerreduktion funktioniert nicht 44 Bundesregierung will umstrittene Chemikaliengruppe in der EU verbieten Nützlich – aber auch toxisch? 62 Bundesweite Umfrage unter angestellten und angehenden Medizinerinnen Schwangerschaft behindert Ärztinnen in ihrer Karriere 70 HDZ-Spenden an die Erdbebenopfer Medizin, Essen und Wärme ZM-STARTER 75 Interview mit MHB-Präsident Prof. Hans-Uwe Simon „Bei uns gibt es keine überfüllten Hörsäle“ 78 Existenzgründung im Winzergebiet Eine Praxis wie ein Jahrgangswein MARKT 81 Neuheiten RUBRIKEN 33, 47 Nachrichten 57 Formular 60 Termine 72 Impressum 80 Bekanntmachungen 98 Zu guter Letzt zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (403) Titelfoto: Andrey Popov – stock.adobe.com
Lang erwartet und vorbereitet, ist sie jetzt endlich losgegangen: die IDS 2023. Die erste Internationale DentalSchau nach der Corona-Pandemie und noch dazu ein runder Geburtstag. 100 Jahre IDS – das heißt seit einem Jahrhundert: die neuesten zahnmedizinischen und zahntechnischen Innovationen kennenlernen, sich mit Kolleginnen und Kollegen austauschen und einen Marktplatz für Dentalindustrie, Zahnmedizin und Zahntechnik erleben. Wir, die Bundeszahnärztekammer als langjähriger Partner der IDS, gratulieren zu diesem außergewöhnlichen Jubiläum sehr herzlich. Wir freuen uns, auch bei der 40. Auflage der Messe wieder dabei zu sein und uns in diesem weltoffenen und dynamischen Umfeld vorzustellen. Die IDS als größte und wichtigste Dentalschau der Welt gestattet alle zwei Jahre ihren Besucherinnen und Besuchern einen Blick in die Zukunft der Branche. Sie bildet den globalen State of the Art von Zahnmedizin und Zahntechnik ab und ist dabei immer am Puls der Zeit – hier werden Trends und Innovationen vorgestellt, die übermorgen schon in vielen Zahnarztpraxen zum Einsatz kommen. Dabei sind die Zahlen der Leitmesse höchst beeindruckend: Über 1.600 Aussteller aus 60 Ländern werden erwartet. Auch das Angebot, das in den Hallen der Koelnmesse präsentiert wird, ist in Tiefe und Breite imposant: neben dem zahnärztlichen und dem zahntechnischen Bereich, gibt es Aussteller zu Infektionsschutz und Wartung, aber auch zu Dienstleistungen, Informations-, Kommunikations- und Organisationsmitteln. Mit dieser Vielfalt an Produkten und Dienstleistungen ist die IDS einmalig auf der Welt. Der Verband der Deutschen DentalIndustrie (VDDI), die Gesellschaft zur Förderung der Dental-Industrie (GFDI) und die Koelnmesse haben die IDS auch in schwierigen Zeiten gemeinsam auf Kurs gehalten – zuletzt in den herausfordernden Zeiten der Corona-Pandemie, als der Termin 2021 vom Frühjahr in den Herbst verschoben und ein ausgeklügeltes Hygienekonzept ausgearbeitet werden musste, das den Besucherinnen und Besuchern sowie Ausstellenden eine sichere Messe ermöglicht hat. Eine neue Bedrohung – für Zahnärzteschaft und Dentalindustrie gleichermaßen – braute sich in der jüngsten Zeit zusammen: der neue EURechtsrahmen für Medizinprodukte (MDR). Laut diesem sollten eigentlich bis spätestens Mai 2024 alle auf dem Markt befindlichen Medizinprodukte nach den neuen MDR-Vorgaben rezertifiziert werden. Ohne Rezertifizierung dürften diese danach nicht mehr in Verkehr gebracht werden – dies beträfe auch viele Dentalprodukte. Gleichzeitig gibt es aber noch immer nicht genügend Benannte Stellen, die die Rezertifizierung fristgerecht durchführen könnten. Die Bundeszahnärztekammer hatte frühzeitig und wiederholt darauf hingewiesen, dass diese Fristen nicht zu erfüllen seien. Am 16. Februar hat das Europäische Parlament in Straßburg beschlossen, die Fristen zur Neuzertifizierung vorhandener Medizinprodukte um bis zu vier Jahre zu verlängern. Damit stimmten die Parlamentarier einem Vorschlag der EU-Kommission vom Januar zu. Diese Verschiebung ist nicht nur ein Erfolg der Warnungen der BZÄK, sondern auch eine gute Nachricht für Zahnärzteschaft und Dentalindustrie und ein schönes „Geburtstagsgeschenk“ zum 100-jährigen Jubiläum. Allerdings wird die Verlängerung allein nicht ausreichen, um das vielfältige Angebot an Medizinprodukten zu erhalten. Die Zertifizierungen seien weiterhin zu aufwendig, zu teuer und trotz Verlängerung der Fristen kaum im vorgegeben Zeitrahmen zu leisten, warnt weiterhin die BZÄK. Im Rahmen der IDS werden auch wieder die zahnärztlichen Hilfsorganisationen tagen. Die Konferenz Hilfsorganisationen findet am 17. März statt und steht in diesem Jahr unter den Themen Klimakrise, Klimaschutz und Gesundheit mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit / Planetary Health. Insbesondere welchen Folgen und Herausforderungen sich die Hilfsorganisationen stellen müssen, soll erörtert werden. Seit 2009 findet die Konferenz im zweijährlichen Turnus statt, seit 2011 im Rahmen der IDS. Die IDS bietet ein gutes Umfeld für die Organisationen, um Kontakte zu Industrie und Medien auf- und auszubauen. Wir freuen uns, Sie auf der IDS begrüßen zu dürfen. Die Bundeszahnärztekammer präsentiert sich zusammen mit ihren Partnern in Halle 11.2, Gang O/P, Stand 50/69. Kommen Sie vorbei! Prof. Dr. Christoph Benz Präsident der Bundeszahnärztekammer IDS – 100 Jahre und noch immer jung 6 | LEITARTIKEL Foto: Georg Johannes Lopata/axentis.de
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zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (406) Leserforum Vielen Dank für den Titel „Stillen und Mundgesundheit“ – ein Thema das mich seit zehn Jahren intensiv in meiner Kinderzahnarztpraxis beschäftigt. Den Inhalten der beiden Artikel kann ich in weiten Teilen zustimmen. Ernährungsanamnese und -aufklärung haben seit jeher einen hohen Stellenwert im Praxisalltag. Für mich ist allerdings die wichtigste Aussage, dass sich „hier die Diskrepanz von Forschung und Erfahrung in der täglichen Arbeit als Kinderzahnarzt“ zeigt. Wir behandeln jährlich mehrere tausend Patienten, der Anteil der Kinder mit klassischer frühkindlicher Karies (ECC), die so weit fortgeschritten ist, dass sie in ITN saniert werden müssen, ist in den letzten zehn Jahren dramatisch (!) angestiegen, bei sinkendem Alter der Kinder. Der überragende Anteil wurde sehr lange (deutlich über zwölf Monate, im Durchschnitt zwei bis drei Jahre) gestillt. Der sozioökonomische Status verschleift sich mittlerweile und unterscheidet sich eigentlich nur noch darin, dass bei einem niedrigen sozialen Status die Befunde noch dramatischer sind, weil häufig die Ernährung der Kinder extrem schlecht ist und von den Eltern kaum reflektiert wird. Kinder aus besser situierten Familien werden meist ad libitum gestillt, häufig gepaart mit einem „bedürfnisorientierten“ Erziehungsstil, was zum Beispiel ein konsequentes Zähneputzen oftmals ausschließt. Die Ernährung dieser Kinder ist etwas besser, aber auch hier nicht wirklich gut (gerne auch Quetschies, Hauptsache es steht „Bio“ drauf…). Fluoridhaltige Zahnpasta wird meistens benutzt. Da aber unsere Praxis geografisch von Wala und Weleda „eingekesselt“ ist, nimmt der Anteil der Eltern, die aus Überzeugung fluoridfrei putzen, stetig zu. Eine sachliche Aufklärung ist bei dieser anthroposophisch geleiteten Klientel kaum bis gar nicht möglich. Wir erleben leider die komplette Bandbreite an Absurditäten im täglichen Praxisalltag. Sogar eine Vierjährige wurde – nach sehr aufwendiger Sanierung der ECC in ITN und trotz ausführlicher Ernährungsaufklärung – im Aufwachraum gestillt (!). Andere Mütter sind der Meinung, dass Stillen beziehungsweise der Saugreflex ja bis zum 7. Lebensjahr anhalten würde und man natürlich bis in dieses Alter, gerne vor und nach dem Kindergarten (Schule auch?) und natürlich in der Nacht, gestillt werden sollte. Dies sind sicherlich Extrembeispiele, dennoch machen sie einen Teil der Patientenklientel aus, und dieser steigt stetig an. KINDERZAHNMEDIZIN Komplette Bandbreite an Absurditäten im Praxisalltag Zum Titelthema „Stillen und Mundgesundheit“ in der zm 3/2023, S. 12–17. Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an leserbriefe@zm-online.de oder an die Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Chausseestr. 13, 10115 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht. Foto: ©Federico Rostagno - stock.adobe.com
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zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (408) 10 | LESERFORUM Glückwunsch den Autoren zu diesem Artikel! Schade nur, dass lediglich Bilder sechs Monate post-OP gezeigt wurden. Wir können die Erfolgsneigung in praxi bestätigen – sogar mit einem Follow-up über deutlich mehr als zehn Jahre. Die 1990 bei unserer Patientin im Alter von 20 Jahren durchgeführte Transplantation 18 > 16 war indiziert wegen Caries profunda am Zahn 16. Damals erfolgte eine Schienung in Infraokklusion, da der transplantierte Zahn kleiner war als die Lücke zum Zeitpunkt der Transplantation. Mehrere Okklusionskorrekturen waren nötig im Verlauf der physiologischen Eruption. Sonst verlief die Transplantation ohne Besonderheiten. Die Patientin stellte sich letztmals 2022 vor. Der Zahn ist unverändert in situ, Lockerungsgrad 0, Sondierungstiefen maximal 2 mm. Einziger Schönheitsfehler: Eine (eventuell mal nötige, glücklicherweise unwahrscheinliche) endodontische Therapie wird wohl zumindest schwierig, wenn nicht unmöglich sein (siehe Abbildung). Aber die Patientenbindung hat bis jetzt (über deutlich mehr als 100 km Entfernung) funktioniert – und eben diese Patientenbindung wird heute ja nicht selten thematisiert. Ergänzung (wir haben es im Studium noch gelernt): Die Lappenlänge sollte höchstens das Doppelte der Lappenbreite betragen – kann man das eventuell auf die Pulpa übertragen und deshalb zum Kriterium einer Transplantation machen? Die Autoren thematisieren dies ja so ähnlich auf Seite 45 sowie in ihrem Fazit auf Seite 47 (Erfolgsquote). Bei Beachtung dieser Kriterien kann es sogar zu einem Wurzelwachstum kommen. Leider haben zumindest wir die Indikation einer Autotransplantation schon lange nicht mehr gestellt. Liegt es vielleicht an der Prophylaxe? Dres. Regine und Wolfgang Carl St. Ingbert KINDERZAHNMEDIZIN Erfolgsversprechender Ansatz Zum Titelthema „Autotransplantation: 8er wird 6er“ in der zm 4/2023, S. 42–47. Autotransplantation Weisheitszahn Foto: Dres. Regine und Wolfgang Carl Wie oben beschrieben gestaltet sich eine sachliche Aufklärung der Mütter beziehungsweise Eltern extrem schwierig, da in der Regel die Hebammen schon sehr früh deutlich Einfluss genommen haben. Die Kinderärzte in der Umgebung empfehlen ein sechs- bis neunmonatiges, maximal zwölfmonatiges Stillen. Viele Informationen werden aus irgendwelchen Mama-Blogs in Social Media geholt und das Wissen von Fachleuten dann in Frage gestellt, weil es ja nicht in das eigene Weltbild passt. Dies ist aber sicherlich ein generelles Problem. Lakonische Antworten wie ich als behandelnde Zahnärztin würde ja „die aktuellen Studien nicht kennen“ im Verbund mit täglichen, nicht nur verbalen Attacken runden das Bild bei diesem aufgeheizten Thema ab. Aber auch dies spiegelt einfach nur den Zustand unserer Gesellschaft wider. Leidtragende sind aber immer die Kinder. Kein zwei-, drei- oder vierjähriges Kind sollte in ITN behandelt werden müssen, weil es einem fehlgeleiteten Ernährungs- und Mundhygienekonzept ausgesetzt ist. Bei 99 Prozent aller Kinder, die bei mir invasiv saniert werden müssen, hätte der Eingriff vermieden werden können. Es ist also ein hausgemachtes wie auch sehr komplexes Problem, das enorme Kosten verursacht und nicht zuletzt immer zu Lasten der Kinder geht. Aber wir bleiben dran, denn es geht um nicht weniger als die (mund-)gesunde Entwicklung dieser Kinder! Dr. Heike Tome Göppingen
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12 | GESELLSCHAFT zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (410) ZAHNÄRZTINNEN SPENDEN FÜR DIE UKRAINE Die letzte Reise der C2 führt nach Kiew Auch gut ein Jahr nach dem gemeinsamen Spendenaufruf von Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte (HDZ) ist die Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung ungebrochen. Mehr als 600.000 Euro und zahlreiche Sachspendenangebote gingen beim HDZ ein – und überall in Deutschland überlassen PraxisabgeberInnen Technik und Mobiliar ausgebombten KollegInnen im ehemaligen Kriegsgebiet. Es war an einem Sonntagvormittag, als Zahnarzt Otto Müller aus Speyer in einer Radiosendung vom Schicksal seines Kiewer Kollegen Andrij Daniltschuk erfuhr, dessen Praxis von russischen Geschossen verwüstet wurde. Sofort sei ihm klar gewesen, dass er helfen wollte, erinnert sich der 79-Jährige. Wichtig war ihm nur, dass seine letzte Behandlungseinheit samt Röntgen, Steri, Kleingeräten und Instrumenten in die richtigen Hände kam. Also recherchierte er und fand mit der Ukrainehilfe Pfalz eine Organisation, die sowohl über Techniker für den Abbau, über einen Logistikpartner und seit mehr als 30 Jahren über Kontakte zu inländischen Hilfswerken verfügte. Otto Müller hatte ein gutes Gefühl und so traten seine Siemens C2 und die übrige Praxisausstattung – mit der er seit der Praxisaufgabe 2013 noch einige seiner PrivatpatientInnen versorgt hatte – die Reise nach Kiew an. Johannes Müller, Ehrenamtler bei der Ukrainehilfe Pfalz ist froh über die große Spendenbereitschaft. „Jede Woche rufen bei uns Zahnärztinnen und Zahnärzte an, die sofort oder aber Ende des Jahres ihre komplette Praxis abgeben wollen“, sagt er. Aktuell prüfe die Organisation mithilfe von ehrenamtlich tätigen Dentaltechnikern die Substanz verschiedener Angebote. „Kriegen die unsere Einheiten überhaupt zum Laufen?“ Auch beim HDZ gehen regelmäßig Sachspendenangebote von Kleingeräten bis zu ganzen Praxen ein, erklärt Zahnarzt Otto Müller überwacht den Abbau seiner letzten Behandlungseinheit durch einen Techniker. Foto: Carsten Hofsäß Fotos: Carsten Hofsäß
GESELLSCHAFT | 13 zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (411) Stiftungsvorsteher Dr. Klaus-Achim Sürmann. „Der Aufwand für Abbau, Abholung und Transport muss natürlich in einem wirtschaftlich vernünftigem Verhältnis stehen, sonst hat das keinen Sinn“, sagt er und bedauert, das sei nicht immer der Fall. Um die Wirtschaft der gebeutelten Ukraine zu unterstützen und dort geläufige Technik zu spenden, sei das HDZ darum bestrebt, vor Ort Geräte für ausgebombte KollegInnen zu kaufen. Ansonsten sei es immer eine Abwägung im Einzelfall, wie alt und in welchem Wartungszustand die angebotenen Sachspenden seien. Auch der Zahnarzt Dr. Heinz-Jörg Kost aus Attendorn haderte zunächst, seine Praxisausstattung abzugeben – ebenfalls aus der Sorge heraus, dass diese den KollegInnen in der Ukraine womöglich gar keine große Hilfe sein würden. „Wir haben meine Zweifel, ob die Kollegen dort die Einheiten überhaupt zum Laufen kriegen, im Freundeskreis ausführlich diskutiert“, erklärt der 68-Jährige. Am Ende überzeugten ihn die Ehrenamtler der Organisation „Viele Hände für die Hoffnung“ aber, dass er sich auf das ukrainische Improvisationstalent verlassen kann. Viele Hände – die von sieben Helfern aus der Ukraine und sieben Ortsansässigen – demontierten nach der Entscheidung innerhalb von nur zehn Stunden die komplette Praxis und packten drei Behandlungseinheiten samt Ersatzteilen, Röntgen, Mobiliar, Kleingeräten und Instrumenten in den Hilfs-Lkw. Der brachte die wertvolle Fracht schließlich zu einer Kinderklinik in Charkiw, wo sie eine neue Verwendung finden werden. Wichtig ist allen die sinnvolle Verwendung Für Kost ist klar: Die Spende war die sinnvollste Verwendung für seine Praxis. Trotzdem bleibt ein bisschen Wehmut, da er den Zeitpunkt für die Praxisaufgabe nicht vollständig selbst bestimmen konnte. Bereits Ende 2021 hatte ihn ein Personalengpass gezwungen, die Sprechstundenzeiten zu reduzieren, berichtet er. Und da sich anschließend weder neue Mitarbeiter noch ein Übernehmer oder eine Nachfolgerin fanden, machte er im Juni 2022 Schluss. Das Team des Vereins „Viele Hände für die Hoffnung“ mit Spender Dr. Heinz-Jörg Kost (links neben dem Zahn) Die Attendorner Praxisräume vor der Demontage Chirurg Konstantyn Pashchenko nimmt von Spediteur Michael Bockelkamp und seinem Mitfahrer Thomas Ellinger (v.l.) die Spende für die Charkiwer Kinderklinik entgegen. Fotos: Lennestadt hilft
14 | GESELLSCHAFT zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (412) Zeitgleich mit Kost beendete auch die Plauer Zahnärztin Liselotte Martius nach 44 Jahren ihren Praxisbetrieb. Zuvor hatte sie monatelang vergeblich nach einem Nachfolger für ihre Praxis mit zwei Behandlungsräumen gesucht. Bei der Suche nach einer sinnvollen Verwendung ihrer Praxisausstattung kam sie dann in Kontakt mit Detlef Rutloff, der sich stark in der Ukrainehilfe engagiert. Mit mehreren Helfern, darunter vier Ukrainern, die in Brandenburg an der Havel leben und arbeiten, wurde schließlich alles demontiert und verladen. Mit der Spende soll ein Behandlungszimmer in der kleinen Stadt Jassinja im Südwesten des Landes entstehen. Dort suchen aktuell Tausende Flüchtlinge Schutz vor den Kriegshandlungen und müssen medizinisch versorgt werden, erklärt Rutloff. Für die zweite Einheit müsse er nun, während der Lkw noch unterwegs ist, nach einer sicheren Verwendungsmöglichkeit suchen. Ursprünglich sollte sie in der Region Bachmut zum Einsatz kommen, die mittlerweile aber schwer umkämpft ist. „Da ändert sich die Situation ja beinahe stündlich. Das können wir vergessen.“ mg Mit Martius' Spende soll ein Behandlungszimmer in der kleinen Stadt Jassinja im Südwesten der Ukraine entstehen. Für die zweite Behandlungseinheit such Organisator Detleff Rutloff (hinten) noch einen sicheren Verwendungsort. Zahnärztin Lieselotte Martius und ihre Helfer Fotos: Rüdiger Böhme / Meetingpoint Brandenburg
• Bietet Rundumschutz bei Dentinhypersensibilität • Tiefe und gezielte Reparatur* innerhalb der Dentintubuli von schmerzempfindlichen Zähnen2,3 • Reduziert nachweislich die Schmerzempfindlichkeit*,4 Sensodyne Repair* & Protect – die Zahnpasta mit Zinnfluorid * Eine Schutzschicht wird auf den schmerzempfindlichen Bereichen der Zähne gebildet und reicht in eine Tiefe von rund 17 µm (in Labortests). Regelmäßige Anwendung, 2 × täglich, liefert anhaltenden Schutz vor Schmerzempfindlichkeit. 1. Nielsen, MarketTrack, Zahnpasta, Sensitiv, Gesamtmarkt Deutschland, Österreich, Absatz in Packungen, MAT KW43/2022. 2. Earl J Langford RM. Am J Dent 2013; 26: 19A–24A. 3. GSK Data on File. In vitro Report G7322/014, 2020. 4. Parkinson C et al. Am J Dent 2015; 28(4): 190–196. © 2023 Haleon oder Lizenzgeber. Marken sind Eigentum der Haleon Unternehmensgruppe oder an diese lizenziert. GlaxoSmithKline Consumer Healthcare GmbH & Co. KG ist Teil der Haleon Unternehmensgruppe. PM-DE-SENO-22-00055-20221222 PATIENTEN MIT SCHMERZEMPFINDLICHEN ZÄHNEN? EMPFEHLEN SIE DIE NR. 1 MARKE1 Jetzt kostenfreie Muster sichern!
zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (414) 16 | POLITIK DISKUSSION UM MEDIZINISCHE VERSORGUNGSZENTREN Was tun gegen Heuschrecken und Profitgier? Im Dezember 2022 hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen Gesetzesentwurf zu (Investorenbetriebenen) MVZ angekündigt. Damit will er verhindern, dass Investoren mit „absoluter Profitgier“ Arztpraxen aufkaufen. Wie steht es damit? Er wolle einen Riegel davorschieben, dass „Investoren mit absoluter Profitgier“ Arztpraxen aufkaufen, hatte Lauterbach zu Weihnachten in der „Bild am Sonntag“ angekündigt. Sein Plan: im ersten Quartal 2023 einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der den Einstieg „dieser Heuschrecken in Arztpraxen“ unterbindet. Seine Kritik galt auch großen Praxisketten, deren „absurde Gewinnkonzepte“ geändert werden müssten. Bisher gibt es aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) dazu allerdings nichts Konkretes. Nur so viel wurde bekannt: Das Ministerium hat zwei Versorgungsgesetze in der Pipeline. Im ersten, das nach jetzigem Stand für das erste Quartal 2023 vorgesehen ist, soll es um „Kommunale MVZ“ gehen. Im zweiten soll dann die Weiterentwicklung von Investoren-betriebenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) im Fokus stehen. Schon lange sehen die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) hier Handlungsbedarf. Vor allem ländliche Bereiche seien unterversorgt, da die iMVZ vornehmlich in städtischen Ballungsräumen zu finden seien. Zudem werde teilweise ein erheblicher Druck zur Profitsteigerung auf die in iMVZ tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzte ausgeübt. Ausdrücklich begrüßten KZBV und BZÄK deshalb AnDie Zahnärzte sind nicht allein: Auch die Bundesärztekammer (BÄK), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) und der Virchowbund wenden sich gegen den Heuschreckenkapitalismus im Gesundheitswesen. Foto: oleg - stock.adobe.com
Mehr erfahren ® elmex® gelée. Zusammensetzung: 100 g elmex® gelée enthalten: Aminfluoride Dectaflur 0,287 g, Olaflur 3,032 g, Natriumfluorid 2,210 g (Fluoridgehalt 1,25%), gereinigtes Wasser, Propylenglycol, Hyetellose, Saccharin, Apfel-Aroma, Pfefferminz-Aroma, Krauseminzöl, Menthon-Aroma. Anwendungsgebiete: Zur Kariesprophylaxe; therapeutische Anwendung zur Unterstützung der Behandlung der Initialkaries und zur Behandlung überempfindlicher Zahnhälse. Gegenanzeigen: Nicht anwenden bei Überempfindlichkeit gegen einen der Inhaltsstoffe, Abschilferungen der Mundschleimhaut und fehlende Kontrolle über den Schluckreflex, Kinder unter 3 Jahren. Nebenwirkungen: sehr selten: Exfoliation der Mundschleimhaut, Gingivitis, Stomatitis, Rötung, Brennen oder Pruritus im Mund, Gefühllosigkeit, Geschmacksstörungen, Mundtrockenheit, Schwellung, Ödem, oberflächliche Erosion an der Mundschleimhaut (Ulkus, Blasen), Übelkeit oder Erbrechen, Überempfindlichkeitsreaktionen. Bei entsprechend sensibilisierten Patienten können durch Pfefferminzaroma und Krauseminzöl Überempfindlichkeitsreaktionen (einschließlich Atemnot) ausgelöst werden. Die Gesamtzeit der Anwendung (Putz- und Einwirkzeit) darf 5 Minuten nicht überschreiten. CP GABA GmbH, 20097 Hamburg. Packungsgrößen: 25 g Dentalgel (apothekenpflichtig); 38 g Dentalgel (verschreibungspflichtig); 215 g Klinikpackung (verschreibungspflichtig). Stand: Februar 2022 1Durchschnittlicher jährlicher Abverkauf in Packungen von elmex® gelée 38g in deutschen Apotheken (IQVIA Eigenanalyse, Juli 2018 bis Aug 2021) vs. Anzahl der in Deutschland lebenden Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 6 und 17 Jahren (Statista 2020). *Bitte „Individualprophylaxe nach § 22 SGB V“ auf Kassenrezept notieren. Bisher profitierennur ca.10 % der Kinder von elmex® gelée1 – Sie können das ändern Neue Geschmacksnote – Sie können das ändern Bei Ausstellung einer Verschreibung bis zum 18. Lebensjahr zu 100% erstattungsfähig*
zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (416) 18 | POLITIK fang Januar Lauterbachs Pläne. „Gerade in der zahnärztlichen Versorgung besteht durch die sehr dynamische Ausbreitung von iMVZ und den damit einhergehenden Gefahren für die Patientenversorgung die Notwendigkeit, jetzt zielgenaue Maßnahmen zu ergreifen“, betonten die Vorstände von KZBV und BZÄK in einem Brief an den Minister. Mit ihrem Schreiben übermittelten KZBV und BZÄK auch konkrete Vorschläge, um die wirtschaftlichen Strukturen von MVZ transparent zu machen und der fortschreitenden Vergewerblichung zulasten einer freiberuflichen Versorgung in der Zahnmedizin Einhalt zu gebieten. Mit ihren Vorschlägen stützen sich die Organisationen vor allem auf ein Rechtsgutachten von Prof. Helge Sodan, Freie Universität Berlin, und ein versorgungspolitisches Gutachten des IGES-Instituts – beide von der KZBV in Auftrag gegebenen Gutachten wurden 2020 veröffentlicht. Das schlägt die Zahnärzteschaft vor: Für den zahnärztlichen Bereich sollte dringend eine räumliche und fachliche Beschränkung der Gründungsbefugnis von Krankenhäusern eingeführt werden. Nur Krankenhäuser, die über einen zahnmedizinischen Fachbezug verfügen, sollten künftig zahnärztliche MVZ gründen dürfen. Räumlich muss das MVZ in demselben Planungsbereich wie das Krankenhaus liegen. Es sollte eine Rechtsgrundlage für die Einrichtung von MVZ-Registern auf Landes- und Bundesebene geschaffen werden, um Transparenz über die häufig stark verschachtelten, intransparenten Inhaber- und Beteiligungsstrukturen von MVZ und insbesondere iMVZ zu erhalten. Die Eignung insbesondere von iMVZ zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung sollte geprüft und gewährleistet sein. Außerdem werden weitergehende Begrenzungen für iMVZ-Gründungen speziell in städtischen und großstädtischen Regionen vorgeschlagen. Einen Beitrag zur Sicherung der Versorgung in ländlichen oder strukturschwachen Regionen leisten diese MVZ durch ihre Konzentration auf Ballungsräume nämlich so gut wie gar nicht. Wichtig ist aus Sicht der Zahnärzteschaft auch mehr Transparenz für die Patienten. Zahnärztliche MVZ sollten verpflichtet werden, auf ihrem Praxisschild und auf ihrer Homepage Angaben über ihren Träger und die Inhaberstruktur zu machen. Durch eine Änderung im Zahnheilkundegesetz sollten außerdem weitere Einbruchstellen für Fremdinvestoren in den ambulanten zahnärztlichen Versorgungsmarkt geschlossen werden. Besonders sei sicherzustellen, dass juristische Personen, deren Unternehmensgegenstand die Ausübung der Zahnheilkunde ist, ausschließlich von Zahnärzten – gegebenenfalls zusammen mit anderen Heilberufsangehörigen – gegründet, betrieben, geführt und kontrolliert werden. Wie Finanzinvestoren Einfluss auf die Versorgung gewinnen, wurde von vielen Medien aufgegriffen. So stellte das ARD-Magazin Panorama das Beispiel einer Waiblinger Klinik in BadenWürttemberg mit gerade einmal 15 Betten vor – eine chirurgische Belegarztklinik ohne zahnmedizinischen Versorgungsauftrag –, die ein zahnärztliches MVZ am Starnberger See in Bayern gründete. Auch die Ärzte sind alarmiert. So forderte die Bundesärztekammer (BÄK) Anfang des Jahres in einem Positionspapier ebenfalls den verpflichtenden örtlichen und fachlichen Bezug des Gründungskrankenhauses zu seinem MVZ. Es habe sich gezeigt, dass der mit der Kommerzialisierung von MVZ einhergehende (Rendite-)Druck so groß sein kann, dass ihm nicht allein mit der berufsrechtlichen Verpflichtung von Ärzten begegnet werden kann, die Behandlung allein am Wohl der Patienten auszurichten. Auch die BÄK fordert eine Anpassung der Rahmenbedingungen für die Zulassung und die ärztliche Tätigkeit inMVZ. Auch das BMG steht einer ausgeprägten Renditeorientierung der Investoren kritisch gegenüber, wie aus einer Antwort der Bundesregierung Mitte Januar auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSUBundestagsfraktion zu den Auswirkungen Investoren-getragener MVZ auf das Gesundheitswesen hervorgeht. Man wolle die Transparenz über die Organisationsstrukturen von MVZ herstellen. In der Anfrage hatte Initiator Stephan Pilsinger, MdB CSU, auf vermehrte Hinweise verwiesen, dass iMVZ eine Gefahr für Patienten darstellen können – insbesondere wegen deren Tendenz zur Über- und Fehlversorgung und zum Aufbau von MVZ-Kettenstrukturen. Die Bundesregierung verwies in ihrer Antwort auf die bereits eingesetzte Länderarbeitsgruppe unter der Leitung Bayerns. Dort werde derzeit – unabhängig von Entscheidungen auf Bundesebene – ein iMVZ-Regulierungsgesetz für eine Initiative des Bundesrats vorbereitet. Die Regierung ging auch auf einen Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) vom Juni letzten Jahres ein. Die Länderminister hatten dafür plädiert, auch im Bereich des Berufsrechts Regelungen zu treffen, mit denen Fremdinvestoren mit ausschließlichen Kapitalinteressen von Foto: Andrey Semenov – stock.adobe.com
Magnesiummangel könnte Bruxismus verstärken • Magnesiummangel führt zu neuromuskulärer Übererregbarkeit mit Folgen wie Hyperreflexie, Muskelverspannungen und -krämpfen, Muskelzuckungen, Schlafstörungen, Kopfschmerzen1. • Magnesiummangel erhöht die Stressempfindlichkeit1. Bruxismus wird kausal mit gesteigerter Stressbelastung und schlechter Stressbewältigung in Verbindung gebracht. Optimierung der Magnesiumversorgung • Bei Bruxismus erscheint es daher sinnvoll, auf eine optimale Magnesiumversorgung zu achten bzw. einen Mangel unbedingt zu behandeln. • Weiterhin ist Magnesium als wesentlicher Bestandteil der Zahnsubstanz an deren Stabilisierung beteiligt. • Zur Therapie von Magnesiummangel und zur Unterstützung der Versorgung empfiehlt sich die Supplementierung mit hochwertigen Magnesiumpräparaten aus der Apotheke, z. B. von Verla-Pharm. ANZEIGE Verla-Pharm Arzneimittel, 82324 Tutzing, www.verla.de Bruxismus kann weitreichende Folgen haben und die Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt. Der Ausgleich eines Magnesiummangels ist eine sinnvolle Begleitmaßnahme bei Bruxismus. Bei Bruxismus – an Magnesiummangel denken! Magnesium Verla® NDragées Wirkstoffe: Magnesiumcitrat, Magnesiumbis(hydrogen-L-glutamat). Sonst. Bestandteile: Glycerol 85 %, Povidon (K25), Saccharose Macrogol 6000 u. 35000, Methylacrylsäure-Ethylacrylat-Copolymer (1:1) (Ph.Eur.), Dimeticon (350 cSt), Triethylcitrat, Talkum, Calciumcarbonat, Kaliumdihydrogenphosphat, Vanillin, Glucose-Sirup, Montanglycolwachs, Titandioxid. Anwendungsgebiete: Behandlung von therapiebedürftigen Magnesiummangelzuständen, die keiner parenteralen Substitution bedürfen. Nachgewiesener Magnesiummangel, wenn er Ursache für Störungen der Muskeltätigkeit (neuromuskuläre Störungen, Wadenkrämpfe) ist. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen einen der Bestandteile. Schwere Nierenfunktionsstörungen (glomeruläre Filtrationsrate < 30 ml/min), Exsikkose. Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Warnhinweise: enthalten Saccharose (Zucker) und Glucose. Nebenwirkungen: Gelegentlich weiche Stühle oder Durchfälle. Literatur: (1) Micke O et al. Magnesium: Bedeutung für die hausärztliche Praxis – Positionspapier der Gesellschaft für Magnesium-Forschung e.V. Dtsch Med Wochenschr 2020; 145: 1628-1634 Unser Klassiker bedarfsgerecht dosierbar! Magnesium Verla® gibt es in vielen Darreichungsformen. Für jeden Bedarf das Richtige! Foto: AdobeStock/Yakobchuk Olena Magnesium Verla® – die meistgekaufte Magnesium-Marke aus der Apotheke (IH 01/2023)
zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (418) 20 | POLITIK der Gründung und dem Betrieb ärztlicher und zahnärztlicher MVZ ausgeschlossen werden. Aus Sicht des BMG bestehen erhebliche Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für solche Regelungen, heißt es in der Antwort der Regierung. BMG: „Zu Alarmismus besteht kein Anlass" Mittlerweile liegt aus dem BMG eine Expertenauswertung aller relevanten Studien zur Rolle von iMVZ vor: Zu Alarmismus bestehe kein Anlass. Plädiert wird zunächst für eine gründliche Abwägung weiterer gesetzlicher Eingriffe in den Markt der MVZ. In der Auswertung befinden sich auch Vorschläge für weitere Gründungseinschränkungen. Sofern vereinzelt aus der Beteiligung von Investoren an der zahnärztlichen Versorgung eine Gefahr für die Versorgung abgeleitet wird, werde vorgeschlagen, die Regelung der Versorgungshöchstquoten für zahnmedizinische Krankenhaus-MVZ zu verschärfen. Die Regelung lasse insbesondere in Ballungsgebieten noch immer erheblichen Spielraum für die Gründung zahnärztlicher Krankenhaus-MVZ, heißt es in dem Papier weiter. Außerdem beziehe sich die Begrenzung der Versorgungsanteile allein auf das einzelne Krankenhaus und verhindere damit nicht, dass ein Investor den Versorgungsanteil seiner zahnärztlichen Krankenhaus-MVZ durch Erwerb mehrerer Krankenhäuser vervielfacht. Darüber hinaus schlagen die Experten vor, zahnärztliche Krankenhaus-MVZ nur dann zur Versorgung zuzulassen, wenn zwischen dem gründenden Krankenhaus und den zahnärztlichen MVZ ein räumlicher und fachlicher Bezug besteht. Zahnärztliche Krankenhaus-MVZ sollten nur dann zur Versorgung zugelassen werden, wenn die Sitze des Gründungskrankenhauses und des MVZ im selben Planungsbereich liegen, und wenn das Krankenhaus an der zahnmedizinischen Versorgung teilnimmt. Memorandum: „Keine Evidenz für Verschlechterung" Parallel dazu bringen sich jetzt der Bundesverband der Betreiber Medizinischer Versorgungszentren (BBMV) und der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) in Stellung. In einem kürzlich vorgestellten Memorandum unterstreichen sie, dass es in den bisherigen Studien keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass unterschiedliche Kapitalgeberstrukturen die ambulante Versorgung verschlechtern oder verteuern. Es gebe keine Evidenz dafür, dass Kapitalinteressen ärztliche Entscheidungen beeinflussen oder eine Zunahme von MVZ der Versorgung von Patienten schadet. Mit Blick auf die drängenden strukturellen Herausforderungen in der medizinischen Versorgung sei ein qualitätsorientierter Wettbewerb mit einer größtmöglichen Vielzahl an Versorgungsformen, Trägern und Kapitalgebern notwendig, betonten BBMV und ALM. Das schließe MVZ mit nichtärztlichen, privaten Kapitalgebern ausdrücklich mit ein. pr FREMDINVESTOREN IM BEREICH DER ZAHNÄRZTLICHEN IMVZ – KENNZAHLEN UND ENTWICKLUNGEN Mitte Mai 2019 sind die durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführten Begrenzungen zur Gründungsbefugnis von Krankenhäusern für zahnärztliche MVZ in Kraft getreten. Betrachtet man die Anzahl der MVZ, die mehrheitlich in Investorenhand sind, so lässt sich auch nach Inkrafttreten des TSVG eine hohe Wachstumsdynamik feststellen. Hierzu ist allerdings nach Angaben der KZBV eine detaillierte und tiefergehende Analyse notwendig. Entwicklung: Zum Stichtag 30. September 2022 konnten 415 MVZ identifiziert werden, die versorgungsfremden Investoren zuzuordnen waren. Dabei sind allein im dritten Quartal 2022 die Investoren-gehaltenen zahnärztlichen MVZ (iMVZ) um weitere neun Prozent angestiegen. Der Anteil der iMVZ am gesamten MVZ-Markt steigt ebenfalls kontinuierlich an. Er beläuft sich zum Ende des dritten Quartals 2022 auf gut 29 Prozent. Bis zum Ende des Jahres 2022 kann von einer weiteren Zunahme der MVZ mit Investorenbeteiligung auf etwa 435 MVZ ausgegangen werden. Regionale Verteilung: Der Großteil der Investoren-MVZ verteilt sich auf die einwohner- und wirtschaftlich starken Bundesländer Bayern, BadenWürttemberg und Nordrhein-Westfalen, in denen sich rund 61 Prozent aller iMVZ angesiedelt haben. Investoren-MVZ befinden sich nach wie vor fast ausschließlich in den alten Bundesländern (inklusive Berlin). In den neuen Bundesländern sind gerade einmal elf iMVZ, davon allein sechs in den Großstädten Leipzig, Dresden, Chemnitz und Magdeburg, beheimatet. Die 415 iMVZ, die sich derzeit in der Hand von Groß- und Finanzinvestoren befinden, verteilen sich fast ausschließlich auf Großstädte und Ballungsräume. So finden sich 80 Prozent der Investoren-MVZ im städtischen Bereich. 80,5 Prozent aller Investoren-MVZ sind in Regionen zu finden, die ein im Bundesvergleich überdurchschnittliches Medianeinkommen der Bevölkerung aufweisen. Trägerschaft: Von den insgesamt 437 MVZ in Krankenhausträgerschaft sind alleine 415 MVZ Finanzinvestoren zuzurechnen, dies entspricht einem Anteil von 95 Prozent an allen MVZ in Krankenhausträgerschaft. Auffällig ist hierbei, dass kein einziger Krankenhausträger, der von Finanzinvestoren zur MVZ-Gründung genutzt wird, eine Abteilung mit zahnärztlichem Bezug, zum Beispiel eine Abteilung für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, aufweist. (Aktuelle Angaben der KZBV – Stand: 30.9.2022) Foto: Reena – stock.adobe.com
POLITIK | 21 WORLD SENSATION: Unique lecture in Denmark with Dr. Frank Spear Plandent A/S offers you a once in a lifetime experience with the highly recognized Dr. Frank Spear who will be lecturing in Copenhagen, Denmark, in June 2023. The core of this brand-new lecture is failures under treatments and how to avoid ending up in these situations. Once a treatment goes wrong, it is often due to real “clinical failures” such as wrong diagnosis, evaluations, materials, or techniques – or even the expectations of the patients that have not been met. The last thing is often the hardest to predict and rectify. Outcome of the Lecture During this lecture, Dr. Frank Spear will walk you through a variety of measures which will help you to: • Avoid clinical failures and ensure that the patients’ expectations are met. • Identify possible “problem patients” through conversations with and examination of the patients. Predicting, preventing managing clinical failures **Will be used for confirmation, practical information and invoice. *The price includes a 2-day course and course materials, meals both days incl. drinks (breakfast, lunch, fruit and snacks) and parking both days in Tivoli Hotel’s car park. How to register: For registration scan the QR-code andfill in the form or send the following information toclaus.krolak@plandent.dk • Full name of participant(s) • Name of clinic • Company address • Phone number • Mail address** Date, time and location: Friday and Saturday, June16th-17th 2023 9.00 am-4.00 pm both days. Tivoli Hotel and Congress Center Price per person 1.600€* ATTENTION! The invoice must be paid before the seminar takes place. Invoice will be sent around 60 days prior to the seminar Wanna know more? Scan the QR-code and read the full seminar description As always, Dr. Frank Spear makes it easy for you to understand even complex measures and implement them in your own clinical everyday life!
zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (420) 22 | PRAXIS BUNDESGERICHTSHOF Wie viel Bedenkzeit benötigt der Behandlungsentschluss? Bernd Halbe Ist eine starre Aufklärungsfrist vor einer Behandlung nötig oder kann davon abgewichen werden, wenn der Patient einwilligt? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu jetzt Stellung bezogen. Streitgegenstand war die Aufklärung eines Patienten im Vorfeld einer Nasenoperation, bei der es zu Komplikationen kam. Der Patient machte daraufhin einen Schadenersatzanspruch geltend und berief sich auf einen ärztlichen Behandlungsfehler. Einen solchen sah der Patient in einer unzureichenden Bedenkzeit nach der erfolgten Aufklärung. Die Frage, wie viel Bedenkzeit zwischen der Aufklärung an sich, der Unterschrift des Aufklärungsbogens und dem Beginn der Behandlung liegen muss, ist gerade im zahnärztlichen Bereich von durchaus hoher Bedeutung. Nicht zuletzt bedeutet das Einhalten bestimmter Zeiten auch einen beachtlichen organisatorischen Aufwand. Eine reflektierte Entscheidung muss gewährleistet sein Aus den Patientenrechten des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ergibt sich die Verpflichtung der behandelnden Person, im Vorfeld einer medizinischen Maßnahme oder eines Eingriffs die Einwilligung des Patienten einzuholen (§ 630 d BGB). Eine solche Aufklärung muss unter anderem so rechtzeitig erfolgen, dass jeder Patient die Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann (§ 630 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB). Über eben diese Erfordernis wurde in Karlsruhe gestritten. Den meisten behandelnden Personen dürfte folgende Faustformel bekannt sein: Eine Aufklärung hat vor Operationen am Vortag des Eingriffs zu erfolgen. Eine solche starre „Sperrfrist“, die einen bestimmten Zeitraum festlegt, hält der BGH hingegen für nicht erforderlich und weist auf die Intention des Gesetzgebers hin: Demnach solle vor allem eine reflektierte Entscheidung der Patienten gewährleistet sein. Es solle genügend Zeit verbleiben, dass eine „hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe“ stattfinden kann, so der BGH. Die Patienten sollen keine passiven Objekte sein. Sie sollen vielmehr dazu ermutigt werden, ihre Selbstbestimmungsrechte aktiv zu nutzen. Als Schlussfolgerung daraus kann entnommen werden, dass es zu einer guten und richtigen Aufklärung vielmehr gehört, den Patienten zu ermutigen, dass er aktiv an einer Behandlungsentscheidung mitwirkt. Es geht weniger darum, sich an starre Fristen zu halten und dabei davon auszugehen, dass dies genüge, um eine ausreichende Aufklärung zu gewährleisten. Der Patient muss selbst sagen, wenn er mehr Zeit braucht Die vom BGH vertretene Auffassung im Hinblick auf eine ausreichende Aufklärung, bei der die Richter immer wieder auf die gesetzgeberische Intention verweisen, nimmt jedoch auch die Patienten in die Pflicht. Von ihnen sei grundsätzlich zu verlangen, sich zu äußern, wenn ihnen der Zeitraum für eine besonnene Entscheidung nicht ausreicht. Diese Auffassung unterstreicht die aktive Rolle der Patienten. Dabei sind Ärzte weiterhin in der Pflicht, auf die Signale der Patienten zu achten und gegebenenfalls von selbst zu merken, dass weitere Überlegungszeit benötigt wird, auch wenn eine solche nicht aktiv erbeten wird. In der Praxis bedeutet dies, dass starre Fristen zwar nicht eingehalten werden müssen, jedoch weiterhin eine gewisse Form der Sicherheit mit sich bringen. Liegen zwischen der ordnungsgemäßen Aufklärung, der Unterschrift unter die Der BGH hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil über die Pflichten bei der Untersuchungsaufklärung geurteilt. Foto: BGH
zm113 Nr. 06, 16.03.2023, (421) PRAXIS | 23 Aufklärung und der Behandlung jeweils bestimmte Zeitfenster, kann im Zweifel von einer ausreichenden Überlegungszeit für die Patienten ausgegangen werden. Allerdings ist es durchaus möglich, die Zeiten zu verkürzen. Wichtig ist dabei, dass die Patienten aktive Teilnehmer des Gesprächs sind. Es darf kein Gefühl der „Überrumpelung“ entstehen. Ferner sollte sich niemand unter Druck gesetzt fühlen, weil er oder sie nun doch mehr Zeit zum Überlegen benötigt. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass durch längeres Nachdenken Abläufe des Betriebs gestört und die Arbeit der behandelnden Person erschwert werden. Sofern nach einer Aufklärung alle Fragen geklärt sind und die Entscheidung über eine Einwilligung in die Behandlung wohlüberlegt stattgefunden hat, ist es wichtig, dass dies im Rahmen der Aufklärung festgehalten wird. Sollten nach einer Behandlung etwaige Probleme auftreten, wie in dem vom BGH entschiedenen Fall, sollte auf ärztlicher Seite eine Absicherung für den Zweifelsfall gegeben sein. Eine solche ist gegeben, wenn starre Fristen eingehalten worden sind. Eine „doppelte“ Unterschrift zur Absicherung Für den Fall einer Aufklärung ohne starre Fristen erscheint es sinnvoll, ein zusätzliches Feld im Aufklärungsbogen einzufügen. Es könnte folgenden Inhalt haben: „Ich bestätige hiermit, dass meine Entscheidung über die Einwilligung zu der Behandlung wohlüberlegt ist und ich genügend Zeit hatte, die für und gegen die Behandlung sprechenden Gründe abzuwägen. Die Möglichkeit einer weiteren Bedenkzeit im Vorfeld der Untersuchung habe ich registriert, wird von mir aber nicht benötigt.“ Ein solches Feld darf jedoch keinesfalls zu einem Standard werden, das einfach abgehakt wird. Denn dann steht schnell der Verdacht der „Überrumpelung“ im Raum. Beispielsweise könnte ein solches Feld vom restlichen Aufklärungsbogen abgetrennt sein und extra unterschrieben werden. Durch eine „doppelte“ Unterschrift wird den Patienten die Relevanz des Feldes verdeutlicht. Zusätzlich sind selbstverständlich die weiteren Anforderungen an die Untersuchungsaufklärung zu erfüllen, die das Gesetz aufstellt. Bundesgerichtshof Az.: VI ZR 375/21 Urteil vom 20. Dezember 2022 Prof. Dr. Bernd Halbe, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht Rechtsanwälte Prof. Dr. Halbe & Partner mbB Foto: privat NEU! QR-CODE SCANNEN UM MEHR ZU ERFAHREN de.ultradent.blog ULTRADENTPRODUCTS.COM © 2023 Ultradent Products, Inc. All rights reserved. DIE NEUE ÄRA DER LICHTPOLYMERISATION EINFACHERE BEDIENUNG GRÖSSERE LINSE MIT 12,5 MM DURCHMESSER DIAGNOSEMODI MIT WEISS- UND SCHWARZLICHT NEUE FUNKTION: BESCHLEUNIGUNGSSENSOR
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